Ausgabe: Der Sprachdienst 3–4/2010

Fugenelement: Aschwolke vs. Aschewolke

[F] Mit der Vulkanwolke aus Island kam für uns ein sprachliches Problem, weil wir nicht wissen, ob diese Aschwolke, Aschewolke oder Aschenwolke heißen muss. Was meinen Sie dazu, wie ist es richtig?

[A] Gern erläutern wir einiges zu dieser Frage, die nicht ganz einfach und auch nicht mit einer Variante zu beantworten ist.
Als Hinführung zur Problematik sollte bemerkt werden, dass uns in der Sprachberatung bei den Zusammensetzungen (Kompositionen) mit Fugenelement, wie der Wortbestandteil, um den es geht, bezeichnet wird, recht häufig Nachfragen erreichen. Dabei werden zwei, mitunter auch drei Varianten genannt und daraus Unsicherheiten oder auch strittige Fragen abgeleitet. Die angefragten Beispiele beziehen sich beispielsweise darauf, warum es Hofnarr (ohne Fugen-s), aber Friedhofsmauer (mit s) heißt, ob Mehrgenerationenhaus besser ist als Mehrgenerationshaus oder warum die offiziell so verkündete Abgeltungssteuer im Alltag meist zur Abgeltungsteuer wird.

Diese Varianten treten auf, weil es keine, wenngleich oft gewünschten, festen Regeln für die Verwendung der Fugenelemente gibt. Um eine grammatische Kategorie, so der oft vermutete Genitiv oder Plural, handelt es sich in vielen Fällen nicht, wie am Beispiel Schwanenteich deutlich wird.

Hier spielen vielmehr Gewohnheiten sowie Frequenzen in der Nutzung der Bestandteile, ihre Länge und Komplexität, formale Muster oder Aussprachebedingungen bzw. -erleichterungen eine Rolle. Diese können allgemein beschrieben und mit ihren Wirkungen vermutet, aber kaum exakt vorausgesagt werden.

Im konkreten Fall ist Asche als Kompositionsstammform nicht sehr häufig, es fallen einem wohl zuerst einige Analogiefälle mit -en ein: Aschenbecher, Aschenbrödel oder Aschenkasten; diese treten sicher häufig auf und könnten als Muster dienen. Der »Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache zum Gegenwartsdeutsch« (10 Bände, Mannheim 1999, S. 300) führt neben den genannten Formen auch Aschbecher, Ascheimer oder Ascheregen sowie Aschkasten auf. Hier wird wegen des fehlenden Buchstabens e von einer subtraktiven Fuge gesprochen. Auch ist als vereinzelte Form der Aschermittwoch mit einem wohl regional bedingten seltenen Fugenelement verzeichnet.

Ausschlaggebend für die Variante ohne Fugenelement Aschewolke kann auch die Analogie aufgrund des Zweitglieds Wolke sein, ähnliche Belege erscheinen auch in der nichtergänzten Form des Erstglieds: Regenwolke, Staubwolke, Nebelwolke.

Möglicherweise dialektal bedingte Varianten mit Asch/e/n sind übrigens gut belegbar, Beispiele finden sich im »Wortatlas der deutschen Umgangssprachen« von Jürgen Eichhoff (Berlin/Zürich, 2000: Karte 4−18), wo die Müllmänner/Müllleute Aschmänner, Aschemänner oder Aschenmänner heißen.

Laut Suchmaschinen im Internet wird eindeutig die unmarkierte Form Aschewolke am meisten verwendet, mit großem Abstand folgt Aschenwolke, die Aschwolke bringt es auf nochmals viel weniger Belege.

Derzeit hat sich mithin das Kompositum Aschewolke eingebürgert, es bleibt abzuwarten und spannend, ob das so bleibt oder ob sich im Laufe des Lexikalisierungsprozesses nicht die Form Aschenwolke durchsetzt – oder noch besser: das Wort ganz selten verwendet werden muss.