Ernährungs-Arier

Um gleich alle Sorgen zu zerstreuen, die sich beim Lesen des Wortes Arier einstellen könnten, so viel vorweg: Die Rede soll hier sein von einem Trend aus jüngerer Zeit, dass alle möglichen Ernährungsweisen des Menschen kategorisiert und die jeweiligen Personen dann als X-arier bezeichnet werden. Nicht besonders neu sind die Vegetarier, die auf Fleisch verzichten. Je nachdem, ob diese Menschen auch den Verzehr von Eiern und/oder Milchprodukten ablehnen, spricht man auch genauer von Ovo-Lakto-Vegetariern oder Lakto-Vegetariern.

Etwas unbekannter, aber gleichwohl benannt sind die Pescetarier und Frutarier. Erstere essen zwar kein Fleisch von Säugetieren oder Geflügel, aber Fisch (daher die Bezeichnung von lateinisch pescis ›Fisch‹), Letztere ernähren sich nicht nur komplett fleisch-, fisch-, milch- und eierlos, sondern nur von dem, was die Natur »freiwillig« hergibt. Freiwillig bedeutet, dass man alles essen darf, was so vom Baum fällt, aber nichts pflücken oder ernten, weil dabei die Pflanze – so die Überzeugung der Frutarier – in ähnlicher Weise verletzt oder gar getötet wird wie ein Schlachttier.

Selbst diejenigen, die sich durchaus bewusst ernähren, aber auf kein herkömmliches Nahrungsmittel aus ideologischen, religiösen oder sonstigen Gründen verzichten, haben einen Namen bekommen: Sie sind Flexitarier. Man könnte also auch einfach sagen, es sind Menschen, die mal dies und mal das essen, aber Flexitarier klingt natürlich ungleich schicker.

Etwas aus der Reihe tanzen, rein von der Bezeichnung her, die Veganer, die man ja – nur mal angenommen und in Anlehnung an die anderen Wörter– auch Vegarier nennen könnte und die sich nur von nichttierischen Dingen ernähren, in der Regel auch Leder, Wolle und Seide für Kleidung, Taschen etc. ablehnen, anders als die Frutarier aber das Ernten von Pflanzen nicht für verwerflich halten.

Wie immer man zu den jeweiligen Ernährungskonzepten steht, muss man doch immerhin konstatieren, dass sie zumindest sprachlich eine Fülle von Bildungen hervorgebracht haben.

Die sprachliche Kreativität beschränkt sich übrigens nicht nur auf den Menschen. Für fleischfressende Haustiere gibt es die Ernährungsform BARF, eine Abkürzung, die im Deutschen und Englischen unterschiedlich aufgelöst wird, bei der es darum geht, nur rohes Fleisch oder Fleischbestandteile zu füttern, wenn man so will, das genaue Gegenteil zum Veganismus bei Menschen. Sprachlich ist man bei dieser Ernährung sogar noch einen Schritt weiter, es gibt nämlich sogar ein abgeleitetes Verb zu BARF: barfen. Eine Internetseite, die ein »Informationsportal rund um die gesunde, naturnahe Rohfütterung von Hunden, Katzen und Frettchen« ist, hat den Namen »du barfst«, sicher keine zufällige Erinnerung an eine viel beworbene Produktpalette (im Original heißt es darfst statt barfst) für abnehmwillige Menschen, die den Menschen indes als Allesfresser bedient.

Nicola Frank