Ausgabe: Der Sprachdienst 4–5/2015

Freifunk

© CC-Lizenz

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Was in vielen ausländischen und einigen deutschen Städten schon heute Realität ist, soll nun auch in Wiesbaden umgesetzt werden: Kostenloses und frei zugängliches öffentliches WLAN in der Innenstadt. Sogenannte Hotspots, also öffentliche und oftmals frei zugängliche WLAN-Punkte, gibt es bereits in vielen öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken, Krankenhäusern oder Bahnhöfen, aber auch in Cafés, Restaurants oder Hotels. Der Unterschied zum städtischen WLAN? Dieses wird von der Stadt bereitgestellt, die Hotspots von den jeweiligen Einrichtungen – und nicht selten lassen diese sich die Nutzung zahlen, z. B. als »Bonus« zum soeben gekauften Kaffee oder zum gebuchten Hotelzimmer. Zudem erfordert die Nutzung oftmals ein Passwort, das man nur als Krankenhauspatient oder als Bibliotheksbenutzer erhält. Nun also vollständig frei zugängliches Internet in der Stadt, wie schön – nur wird das aus rechtlichen Gründen wohl noch eine ganze Weile dauern, zunächst wird nur ein kleines »WLAN-Inselchen« rund um das Rathaus mit frei zugänglichem WLAN eingerichtet.

Hier betritt die Initiative Freifunk die Bühne. Sie will dafür sorgen, dass ein möglichst stadtweites frei zugängliches WLAN-Netz entsteht, und zwar durch das Mitwirken jedes Einzelnen: Indem Privatpersonen ihr eigenes Netzwerk zur Verfügung stellen, also öffentlich zugänglich machen, soll nach und nach ein lückenloses Netz entstehen.

Der Name Freifunk ist für diesen Zweck nicht schlecht gewählt. Wie bei allen deutschen Komposita liegt das Grundwort des Konstrukts rechts, das heißt, es handelt sich um einen »Funk«, der frei ist. Aber was heißt eigentlich »frei« in diesem Zusammenhang? Ein Freibier ist ein Bier, das frei ist, also kostenlos. Ein Freifahrschein ist ein Fahrschein, der frei ist, also kostenlos. Ein Freiflug ist ein Flug, der frei ist, also kostenlos. Ein Freibad ist jedoch mitnichten ein Bad, das frei, also kostenlos ist, vielmehr befindet sich das Bad im Freien, also draußen. Ein Freiberufler hingegen arbeitet weder umsonst noch – meistens – im Freien, sondern er ist in seinem Beruf nicht an einen einzigen Arbeitgeber gebunden und relativ unabhängig. Nur der Wochentag Freitag führt in die Irre; hier bedeutet frei weder ›kostenlos‹ noch ›draußen‹, ›ungebunden‹, ›unabhängig‹, ›unbesetzt‹ oder Ähnliches. Dieser Tag ist der germanischen Göttin Freia gewidmet, so wie auch die anderen Wochentage auf Gottheiten zurückgehen.

Das Wort frei hat also verschiedene (und neben den genannten noch weitere) Bedeutungen und modifiziert als Erstglied in einem Kompositum das Zweitglied sehr kontextabhängig. Im Falle des Neologismus Freifunk kann sogar jeder selbst entscheiden, welche Bedeutung für ihn überwiegt: Denn erstens handelt es sich bei Freifunk um einen »Funk«, der kostenlos zur Verfügung gestellt wird; zweitens kann dieser »Funk« im Freien genutzt werden; drittens ist er von festen Einrichtungen, Gebäuden oder Standorten relativ unabhängig.

Das Wort Funk selbst ist auch nicht uninteressant: Laut Duden bezeichnet es die ›drahtlose Übertragung von Sendungen durch elektromagnetische Wellen mittels besonderer Sende- und Empfangsgeräte‹ und ist auch als Kurzform von Funkgerät oder Rundfunk gebräuchlich. Es hat sich aus dem Verb funken entwickelt, das eigentlich so viel bedeutet wie ›durch Funken übermitteln‹. Das Verb gab es schon im Mittelhochdeutschen in der Form vunken ›Funken von sich geben‹, es stammt also aus dem 13. Jahrhundert, während es seine heutige Bedeutung – über den Umweg mit der Bedeutung ›drahtlos telegraphieren‹ – erst im 20. Jahrhundert (genauer: 1914) erhalten hat. Das Wort Funk stellt schließlich eine Kurzform des aus dem Verb gebildeten Substantivs Funken dar: Nachdem zu Beginn der drahtlosen Telegraphie, 1897, das Wort Funkentelegraphie aufkam, erwies sich dies in der Alltagskommunikation als zu lang, so dass bald nur noch das Erstglied des Kompositums verwendet wurde: Funk[en]wagen, Funk[en]telegramm. Offenbar war auch das noch zu lang, denn seit 1904 wurde das Erstglied gekürzt und es entstanden Wörter wie Funkspruch (statt Funkentelegraphie), Funkgerät und das Nomen Agentis Funker. (Vgl. Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. Aufl., Berlin 2011.)

Wenn man sich unter dem Ausdruck Funk gerade bei Verwendung in der recht anglisierten Technikwelt vielleicht nicht unbedingt sofort frei zugängliches Internet vorstellt, so basiert doch auch die Technik des WLAN, also der drahtlosen Internetverbindung, auf einer Übertragung per Funk. Die Initiative Freifunk stellt sich nun also der Aufgabe, die Bürger mit Freifunk zu versorgen: Wir wünschen viel Erfolg!

Frauke Rüdebusch