Heimlichkeiten

Das Wort heimlich ist im Grunde nicht besonders geheimnisvoll. Laut Duden bedeutet es ›(aus Scheu vor Bloßstellung od. weil man ein Verbot umgehen will) vor andern verborgen‹. Aber eigentlich braucht man gar kein Wörterbuch, um die Bedeutung nachzuschlagen, denn heimlich dürfte zum Grundwortschatz aller des Deutschen mächtigen Menschen gehören und ist recht harmlos. Könnte man meinen …

Im Boulevardjournalismus wird das Wort häufig verwendet, und das oft bei Lichte betrachtet in recht verstörenden Zusammenhängen. Zwei Beispiele dazu:

  • Bundespräsident Joachim Gauck wurde am 24. Januar 75 Jahre alt, und die Bildzeitung schrieb, er habe seinen Geburtstag heimlich gefeiert.
  • Im Jahr 2007 starb der Schauspieler Ulrich Mühe, und neben vielen würdigenden und würdigen Nachrufen war in mindestens einer Boulevardzeitung zu lesen, er sei heimlich beigesetzt worden.

In beiden Beispielen kann man die Verwendung von heimlich ja wohl nur so deuten, dass diese Ereignisse ganz sachlich betrachtet unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. Das wirklich Perfide ist aber nun, dass der Eindruck erweckt wird, die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf – sei es auch nur vermittelt durch mediale Berichterstattung –, an einer Geburtstagsfeier oder der Beerdigung einer Person teilzunehmen. Und dass es gewissermaßen verboten oder zumindest anrüchig sei, seinen 75. Geburtstag ohne Ankündigung an die Boulevardpresse zu feiern oder als Angehörige eine Beerdigung ausschließlich in Anwesenheit von Personen abzuhalten, die dem Verstorbenen persönlich nahestanden.

Vielleicht passt solch ein Gebrauch des Wortes heimlich ja auch ganz gut in die aktuelle Diskussion um die schwindende Privatsphäre. Das betrifft ja durchaus nicht nur prominente Personen, sondern alle Menschen, die sich auf sozialen Netzwerken im Internet tummeln. Aber was auch immer Personen freiwillig öffentlich machen – und das ist sehr viel –, sollte es dafür doch noch eine Grenze geben, die Einzelne für sich festlegen können. Wenn jemand einen Geburtstag in Anwesenheit der Boulevardpresse feiern will, soll er oder sie das tun. Wenn man das aber nicht will, ist die Wendung »feierte heimlich Geburtstag« völlig fehl am Platze. Sich eine Privatsphäre zu wahren ist nicht heimlich und schon gar nicht verboten, auch nicht für führende Politiker und prominente Schauspieler, nicht für einen Geburtstag, nicht für eine Beerdigung und nicht für eine Hochzeit, sondern das steht uns allen gleichermaßen zu, selbst wenn manche Menschen davon keinen Gebrauch machen wollen.

Nicola Frank