Ausgabe: Der Sprachdienst 3–4/2009

Konjunktiv von kennen

[F] Gibt es eigentlich das Wort kennte als Konjunktivform von kennen? Als Beispiel, das mich irritiert, habe ich gefunden: »Wenn ich diesen Menschen kennte, müsste ich dich nicht um Hilfe bitten.«

[A] Es handelt sich durchaus um eine korrekte deutsche Verbform, die seit Jahrhunderten belegt ist. Die Stammformen von kennen lauten ja kennen – kannte – gekannt, der Konjunktiv II ist kennte. Hier nur drei traditionelle Beispiele: »ich wette wenn ich Sie wiedersehen sollte, ich kennte Sie nicht mehr« (Goethe, Brief an Anna Katharina Schönkopf, 1769); »Wer kennte Euch nicht, Herr, in den drei Landen?« (Schiller, Wilhelm Tell, 2. Aufzug); »Es ist daher, als ob er es ganz und gar nur von Hörensagen, nicht unmittelbar kennte« (Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Anhang). Ein aktueller Pressebeleg kann der Frankfurter Rundschau, 2005, entnommen werden: »Wer kennte nicht den Umriss der Akropolis oder der Venus von Milo?«

Allerdings kommt diese Form des Konjunktivs II selten vor, in der Regel wird mit kennen würde umschrieben. So wie kennen treten übrigens gegenwärtig auch die Verben brennen und rennen auf: brennen – brannte – gebrannt, Konjunktiv II: brennte; rennen – rannte – gerannt, Konjunktiv II: rennte.