Ausgabe: Der Sprachdienst 1/2011

Warum heißt es eigentlich sponsern und nicht sponsorn?

[F] Warum schreibt man korrekterweise sponsern statt sponsorn? Letztere Form scheint doch näher liegend, wenn man davon ausgeht, dass das Verb vom Substantiv Sponsor abgeleitet wird.

© CC-Lizenz

© CC-Lizenz

[A] Bei der Übernahme von Fremdwörtern in die deutsche Sprache und ihrer Angleichung stellt sich oft die Frage, wie die Verbform eines Nomens gebildet wird. Im Falle des aus den Substantiven Sponsor oder Sponsoring gebildeten Verbs kann exemplarisch ein Problemfall veranschaulicht werden. Sollte es also sponsern oder sponsorn heißen?

Der Begriff Sponsoring geht zurück auf das lateinische spondere, was einerseits so viel heißt wie ›förmlich u. feierlich versprechen oder geloben, sich zu etwas verpflichten‹, ›Bürge sein, sich verbürgen‹, ›(eine Tochter) verloben‹ (dabei bezeichnet sponsus den Verlobten, sponsa die Verlobte, Braut) oder ›(weissagend) verheißen‹. Demnach lässt sich der Sponsor mit dem Bürgen gleichsetzen. Auf der anderen Seite bedeutet spondere ›versprechen = als gewiß erwarten lassen‹ (vgl. »Langenscheidts Handwörterbuch Lateinisch – Deutsch«, München 1971).

Claudia Rothe weist in ihrer Arbeit »Kultursponsoring und Image-Konstruktion« (Saarbrücken 2008) darauf hin, dass sich das Verb sponsern von lat. sponsio ableiten lässt und damit verstärkt den Vertragsgedanken betont. Sponsio bedeutet dabei ›Gelöbnis, feierliches Versprechen‹ bzw. ›(bei zwei Parteien) feierliche Verpflichtung‹.

Im Deutschen kann man den Bedeutungswandel des aus dem Lateinischen entlehnten Wortes gut anhand des Grimm’schen Wörterbuchs nachzeichnen. Hier wird erläutert, dass der Begriff spons (›Verlobter‹, ›Verlobte‹) zunächst in geistlichen Kreisen auf einen »himmlischen Bräutigam und die Himmelsbräute« bezogen und letztlich in der öfter gewählten Form gespons ab dem 16. Jahrhundert auch auf weltliche Sachverhalte angewendet wurde (Jacob u. Wilhelm Grimm, »Deutsches Wörterbuch«, 1905/1984, Bd. 16, Sp. 2674). Diese Bezeichnungen setzen sich bis ins 16. Jahrhundert fort, geraten aber im 17. Jahrhundert außer Gebrauch.

Im 18. Jahrhundert tritt der Begriff spons oder gespons erneut auf. Zunächst verwendet, um eine königliche künftige Gemahlin oder eine hohe Verlobte zu bezeichnen, wurde daraus später in der Mundart die oder der Geliebte (vgl. Rothe sowie Grimm). In diesem Kontext steht auch das noch heute in deutschen Wörterbüchern verzeichnete Verb sponsieren mit der Bedeutung ›einem Mädchen den Hof machen‹, das »sinnliche liebeswerben« (Grimm).

Hier zeichnet sich nun die Entwicklung des Vertrags- bzw. Bindungsaspekts ab. Denn was zunächst auf eine Lebensgemeinschaft zweier Menschen bezogen war, wird im heutigen Sprachgebrauch des Wortes sponsern »transformiert auf das Verhältnis zweier (Interessens-)Parteien und angereichert um den Aspekt eines Geldtransfers« (Rothe).

An diesem Punkt stellt sich nun die interessante Frage, warum dann der Ausdruck für die Verbbildung nicht übernommen wurde: Weshalb sponsiert nicht eine Firma etwas? Das ließe sich wohl dadurch erklären, dass das Verb sponsern in dieser Form mit der Endung -ern nicht auf das lateinische Lehnwort mit der oben besprochenen Bedeutung zurückgeht, sondern dass es vom Englischen to sponsor abzuleiten ist. So wurden in der Mitte des 20. Jahrhunderts sowohl der Begriff des Sponsors (engl. sponsor), welcher sich ebenfalls auf das lat. sponsor (›Bürge‹) zurückführen lässt, als auch das Verb sponsern (engl. to sponsor) entlehnt. Beides ist verknüpft mit dem Gedanken, dass ein Sponsor, in der modernen Lesart, als Förderer oder Geldgeber, aber auch als Person oder Gruppe Rundfunk- oder Fernsehsendungen (zu Werbezwecken) oder auch z. B. Vereine, Firmen, Veranstaltungen finanziert (vgl. (»Duden – Das Herkunftswörterbuch«, Mannheim 2001).

Im Wissen um den Verbbildungsprozess im Deutschen könnte man aber immer noch einwenden, dass die korrekte Verbform dennoch eigentlich sponsieren sein müsste, wie bei den Verben mit gleicher Endung. Beispiele wären die Paare Motor – motorisieren oder Rotor – rotieren. Dem widerspricht der bereits genannte Umstand, dass das Verb sponsern aus dem Englischen entlehnt wurde und im Deutschen angeglichen werden musste. Es mag sein, dass der wirtschaftliche Kontext und der ökonomische Aspekt, die hierbei eine gewichtige Rolle spielen, im Verb sponsieren nicht erfasst werden konnten und es mithin eines Terminus bedurfte, der den ökonomischen Aspekt semantisch aufgriff und sich dennoch an den ursprünglichen Vertragsgedanken anfügen ließ. So musste eine neue Form gebildet werden, und es blieb zu entscheiden zwischen sponsorn und sponsern.

Für die Wahl von sponsern gibt es u. E. drei Erklärungsansätze:

  1. In der Tat wird beim englischen Substantiv sponsor oder beim Verb to sponsor der zweite Vokal gar nicht als o, sondern lautsprachlich eher als sogenannter »Schwa-Laut«, als »mittlerer Zentralvokal« gebildet wird. Beispiele im Englischen sind das i in pencil oder das e in synthesis und im Deutschen das e in Dschungel oder das e in Mücke. So ist es möglich, dass sich dieser Laut bei der Übernahme des Begriffes in Deutsche in einen »fast offenen Zentralvokal« oder auch »Tiefschwa« wandelte, wie bei Messer oder bitter.
  2. Ferner könnte es sich bei sponsern um eine Wortbildung, um ein Produkt eines Wortbildungsprozesses innerhalb der deutschen Sprache selbst handeln. So sprechen Fleischer und Barz (»Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache«, Tübingen 1992) von »Substitution des schwachtonigen o-Vokals bei Basen auf -or«, wobei sie auf den in der Rede stehenden Wortbildungsprozess (Sponsorsponsern) beispielhaft verweisen, ebenso wie auf das umgangssprachliche doktern zu Doktor.
  3. Nicht zuletzt kommt als weiteres Argument für die Endung -ern in Frage, dass es im Deutschen keine (geläufigen) Vorbilder für die Verbgrundform –orn gibt, für die Endung –ern hingegen schon.

Alles in allem steht zu vermuten, dass dem Sachverhalt vornehmlich Aspekte der gesprochenen Sprache zugrunde liegen