Ausgabe: Der Sprachdienst 6/2010

von in Familiennamen

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[F] In Deutschland gilt die Präposition von in Familiennamen als Zeichen für einen adligen Ursprung. Wie hat sich diese Gepflogenheit entwickelt und gilt das Gleiche für niederländische Familiennamen, die ein de oder van enthalten?

[A] Tatsächlich hat sich in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert das von in Familiennamen als Zeichen für einen Adelstitel vermehrt durchgesetzt, doch lässt sich nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass jeder mehrgliedrige Familienname somit einen adligen Ursprung hat. Gehen wir also noch ein wenig weiter zurück.

Als einige der ältesten in Deutschland bekannten Familiennamen gelten jene, die von Örtlichkeiten abgeleitet und mit der Präposition von dem Vornamen beigestellt wurden. Seit etwa dem 9. Jahrhundert kamen sie zunächst noch sehr vereinzelt vorwiegend im süddeutschen Raum vor, in der folgenden Zeit jedoch immer häufiger gerade bei Grundbesitzern und Rittern, die mit einer Ortschaft belehnt waren.

Bald benannten sich nicht mehr nur Personen ritterlichen Standes nach ihrem Wohn- oder Herkunftsort und führten aus diesem Grund ein von in ihrem Namen: Vor allem Familien, die aus einer anderen Stadt zugezogen waren, schrieben sich nach ihrem alten Wohnort, darunter Bürgerliche und auch Bauern (»Meyers Konversations-Lexikon«, 5. Aufl., Leipzig 1893). Als bekannte frühzeitliche Namen sind etwa Hartmann von Aue und Walther von der Vogelweide zu nennen, und auch in mittelalterliche Epen fanden diese Namen Eingang, so sind etwa aus dem Nibelungenlied Dietrich von Bern und Hagen von Tronje hervorgegangen (vgl. Max Gottschald: »Deutsche Namenkunde. Unsere Familiennamen nach ihrer Entstehung und Bedeutung«, Berlin 1954).

In den sogenannten Bürgerrollen (die etwa den heutigen Einwohnerregistern entsprechen) finden sich im 13. und 14. Jahrhundert viele solcher nach Örtlichkeiten benannten Personen mit dem Verhältniswort von oder de. Doch anfangs waren diese Familiennamen noch nicht verfestigt und änderten sich etwa bei einem Umzug oder, bei Personen mit Grundbesitz, bei einem Wechsel des Besitzes.

Erst mit der Zeit begannen sich Familien über ihren Namen zu identifizieren und so wurde dieser auch bei einem Umzug oder über einen Generationenwechsel hinaus beibehalten. Wie aus den Bürgerrollen des 14. und 15. Jahrhunderts hervorgeht, ging nach und nach das Verhältniswort in diesen den Wohnort oder die Herkunft bezeichnenden Namen verloren oder es wurde mit dem Hauptwort zusammengezogen. So entstanden Namen wie Vombach, Vondendriesch, Vonderau.

Ein weiterer Grund für den Wegfall der Präposition von vor allem im 14. und 15. Jahrhundert war deren Beanspruchung durch den Adel als sein »Kennzeichen und Sonderrecht« (Heintze/Cascorbi: »Die deutschen Familiennamen geschichtlich, geographisch, sprachlich«, Halle/Berlin 1993). Diese Übernahme gipfelte in der Entfremdung der eigentlichen Bedeutung der Präposition von. Wie »Meyers Konversations-Lexion« Auskunft gibt, war man im 16. Jahrhundert zunächst dazu übergegangen, Neugeadelten gegen eine entsprechende Gebühr einen fingierten Ortsnamen als Adelsprädikat zu verleihen, etwa von Falkenstein, von der Asselburg u. Ä. Um 1630 wurde es jedoch üblich, den Neugeadelten keinen völlig neuen Namen zuzuerkennen, sondern lediglich ein von vor den Familiennamen zu setzen, um sie als zum Adelsstand gehörig auszuweisen. Diesem Beispiel folgten auch ältere adlige Familien, die sich bisher nicht von einem Ortsnamen schrieben und daher keine Präposition im Namen führten. So entstanden »adlige« Namen wie von Hermann, von Schmidt und vermutlich auch von Goethe. Diese Erscheinung kritisieren Heintze/Cascorbi als »sprachlich entschiedene[n] Unsinn, und daß man in Hunderten von Fällen ein von so ganz äußerlich anheften konnte, ist ein unleugbarer Beweis von erloschenem Sprachgefühl« (S. 66).

Somit gilt die Präposition von in Deutschland tatsächlich bereits seit dem 17. Jahrhundert als Kennzeichen eines adligen Namens und nur wenige Adelsfamilien tragen heutzutage keine Präposition in ihrem Namen, wie etwa das Adelsgeschlecht der Knigges oder das der Pflugks.

Ganz anders sieht es hingegen aus bei den vorwiegend niederländischen und niederrheinischen Namen, denen ein van vorangestellt ist. In diesen Gebieten wurde ein solcher Namensbestandteil nicht wie in Deutschland zum Kennzeichen eines adligen Namens, sondern hat seine ursprüngliche Bedeutung der Bezeichnung eines Ortes oder einer Wohnstätte beibehalten. So trifft man vielfach auf Namen wie van Almelo, van Hülst, Vandenhoeck oder Vandamme, die keinen adligen Ursprung haben. Bei einem Zusammentreffen von van mit dem flektierten Artikel der entstand daraus ver. So wurde beispielsweise aus van der Meer Vermeer, aus van der Beek Verbeek und aus van der Kerk Verkerk. Das Namensglied de bezeichnet im Übrigen den Artikel, de Dobbeler etwa bedeutet ›der Spieler‹. Zwar gibt es auch in den Niederlanden einen Adelsstand, doch im Namen macht sich dieser nur durch eine explizite Benennung wie Jonkheer (›Junker‹), Baron (›Baron‹) oder Graaf (›Graf‹) bemerkbar (»Meyers Konversations-Lexikon«).

Zum Weiterlesen:

Unsere Frage & Antwort »Wo steht in einer alphabetischen Namensliste der Titel einer Person?«