Ausgabe: Der Sprachdienst 6/2003

Vorname Legolas

[F] Wir möchten unseren Sohn Legolas nennen und bitten Sie, diesen Vornamen für das Standesamt zu bestätigen. Wir kennen den Namen aus dem Film »Der Herr der Ringe« und meinen, dass man ihn doch als Vornamen anerkennen kann.

[A] Da auch literarische Namen als reguläre Vornamen betrachtet werden können, sehen wir keine grundsätzliche Schwierigkeit, dass Sie Ihren Sohn Legolas nennen dürfen; dieser Name geht auf den Roman von John R. R. Tolkien zurück. Für die letzten Jahre wären etwa Smilla (Mädchenname, zurückgehend auf einen Roman von Peter Høeg) oder Aragorn (Jungenname, ebenfalls auf Tolkien zurückgehend) als Beispiele bzw. Vorbilder anzuführen. Vanessa, gebildet von Jonathan Swift, ist ein älterer Beleg. Swift prägte ihn für sein autobiographisches Gedicht »Cadenus and Vanessa«, 1726, indem er auf Bestandteile der Namen seiner Verlobten Esther Vanhomrigh zurückgriff. In Deutschland wurde Vanessa Ende der 60er Jahre recht beliebt. Erinnert sei kurz an einige andere Vornamen, die in literarischen Werken zuerst auftauchten und später aufgegriffen und mitunter recht verbreitet wurden: Goldmund (Hermann Hesse, »Narziß und Goldmund«), Jessica (Shakespeare, »Der Kaufmann von Venedig«), Miranda (Shakespeare, »Der Sturm«), Philine (Goethe, »Wilhelm Meisters Lehrjahre«), Wendy (J. M. Barrie, »Peter Pan«). Viele andere Belege könnten genannt werden. Von den Vornamen biblischer Herkunft sei dabei abgesehen.

Die Namen, die Tolkien seinen Gestalten gibt, folgen altenglischen, walisischen oder gälischen Formen oder sind solchen nachempfunden, sodass sie wie traditionelle Vornamen wirken und entsprechend gedeutet werden können. Folgen wir darum der Erläuterung des Autors im Anhang seines Romans und verstehen wir Legolas als ›Grünblatt‹ (greenleaf). Im Roman ist Legolas, der Prinz der Elben des Düsterwaldes, ein Kämpfer und eine der Hautpersonen. Arwen, der Name einer weiblichen Figur bei Tolkien, ist wie Arwenna als weibliche Form zu Arwyn aufgeführt bei Heini Gruffudd, »Welsh Names for Children« (1980); als Bedeutung ist ›fair, fine‹ angegeben.

Aus unserer Sicht steht der Eintragung von Legolas für einen Jungen insofern nichts entgegen. Die uns bekannten Namenbücher verzeichnen diesen Vornamen noch nicht, mit einer Ausnahme: Seit der 2. Auflage von 2002 ist Legolas aufgrund der Ergebnisse der GfdS-Vornamenberatung im »Internationalen Handbuch der Vornamen« (Frankfurt am Main, Verlag für Standesamtswesen, zuerst 1986) verzeichnet.