Wohlschmeckend, appetitlich, deliziös

Die Reihung in der Überschrift ließe sich durch weitere Wörter mit ähnlicher Bedeutung fortsetzen, die alle zum Ausdruck bringen, dass eine Speise oder ein Trank ein angenehmes Geschmackserlebnis bietet. Allerdings gibt es ein Wort, das in einer aktuellen Hitliste mit Sicherheit ganz oben zu finden wäre, und das ist das Wort lecker. Schaut man sich zum Beispiel beliebige Folgen der direkt nacheinander ausgestrahlten TV-Formate Das perfekte Dinner und Unter Volldampf an, bei denen Privatpersonen um die Wette kochen und die Ergebnisse mit Punkten bewerten, dauert es nicht lange, bis das Wort zum ersten Mal fällt. In drei für diesen Text willkürlich ausgewählten Folgen fiel das Wort lecker zwanzig Mal, und das obwohl viele der zubereiteten Speisen sogar durchfielen und keinen Anlass für irgendeine positive Bewertung boten. Geht man von der Häufigkeit des Gebrauchs aus, muss man zu dem Schluss kommen, dass es sich bei lecker um ein ausgesprochen beliebtes Wort handelt. Andererseits stehen gerade häufig gebrauchte Wörter auch oft im Ruch, Modewörter zu sein, und werden als solche kritisch bewertet. In der Tat muss man im Falle von lecker nicht lange suchen, um auf Kritiker dieses Wortes zu stoßen. So wurde die Ausbreitung bereits 2002 in der Süddeutschen Zeitung und 2003 in der Frankfurter Rundschau bemerkt und negativ beurteilt. Ein Jahr später widmete sich in der taz der Berliner Schriftsteller Jochen Schmidt »aussterbenden Begriffen des Ostens«, zu denen er auch die Beurteilung eines Essens als gut zählte. Seit der Wende sei plötzlich alles lecker, beklagt er die Sprachmode. Ein geografisches Absetzungsbedürfnis demonstrierte auch der Schweizer Autor Adolf Muschg, ehemaliger Präsident der Akademie der Künste in Berlin, der in einer Talkshow behauptete, in der Schweiz fände niemand ein Essen lecker, sondern fein. Diese Behauptung rief auf der Internetseite blogwiese.ch seit Februar 2007 immerhin achtzig Diskutanten auf den Plan, die in der Mehrzahl Zustimmung äußerten. Wie viele Modewörter ist lecker also gleichzeitig sehr beliebt und sehr unbeliebt, was nur scheinbar ein Widerspruch ist. Den Gegnerinnen und Gegnern des Wortes ist jedenfalls nachdrücklich davon abzuraten, ihre Zelte im Ruhrgebiet aufzuschlagen. Je näher man der niederländischen Grenze kommt, desto verbreiteter ist lecker nämlich. Im Niederländischen selbst kann lekker ohnehin ganz allgemein im Sinne von ›gut‹ oder ›sehr‹ verwendet werden. So kann sich zum Beispiel eine Person wörtlich übersetzt »nicht so lecker« fühlen, wenn sie einen schlechten Tag hat. Und da Sprachgrenzen nun einmal recht fließend sind, kann im benachbarten Ruhrgebiet auch eine gut beheizte Wohnung »lecker warm« sein. Allen, denen das nicht schmeckt, seien die Wörter aus der Überschrift ans Herz gelegt, zumindest wenn es um Speisen geht.

Nicola Frank