Ausgabe: Der Sprachdienst 1-2/2021

Dialektwörter: Berliner, Kräppel, Krapfen etc.

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[F] In der Faschingszeit – auch über diesen Ausdruck kann man ja schon streiten – essen wir gern Kreppel. Unsere Freunde aus dem Norden essen lieber Berliner, meinen aber wohl das Gleiche. Jedes Mal entspannt sich dann eine Diskussion darüber: Wie heißt das zuckrige, fettige Gebäck mit der Marmeladenfüllung nun richtig?

[A] Wie so oft, wenn es für eine Sache oder eine Tätigkeit regional unterschiedliche Bezeichnungen gibt, ist es unmöglich zu sagen, welcher Ausdruck der »richtige« ist. Letztlich sind sie alle in der Region richtig, in der sie gebraucht werden. Das Wichtigste ist dabei wohl, dass wir verstanden werden.

Sie haben Recht: Schon bei den Ausdrücken Karneval, Fasching, Fastnacht etc. scheiden sich die Geister (lesen Sie hier mehr dazu) – und ebenso bei dem Gebäck, das in dieser Zeit traditionell gegessen wird. Dazu hat Jürgen Eichhoff eine Umfrage in ganz Deutschland, in Österreich und der Schweiz durchgeführt und eine Dialektkarte in seinem »Wortatlas der deutschen Umgangssprache« abgedruckt (Bd. 2, München 1978): Er hat 10 hauptsächlich verwendete unterschiedliche Ausdrücke gefunden, darüber hinaus noch 18 weitere, seltenere Varianten: sage und schreibe 28 Wörter, die das gefüllte Gebäck bezeichnen. Hier ein kurzer Überblick:

  • Im Großteil der westlichen Republik – in Niedersachsen, im westlichen Nordrhein-Westfalen, in Rheinlandpfalz-, im Saarland und in Baden-Württemberg – und in der Schweiz wird das Gebäck als Berliner bezeichnet, eine Kurzform für Berliner Pfannkuchen.
  • In Berlin selbst und in den anderen ostdeutschen Bundesländern heißt es hingegen kurz Pfannkuchen. (Was im Rest Deutschland als Pfannkuchen bekannt ist, kennt man in Ostdeutschland als Eierkuchen. Plinsen, Palatschinken und sogar Omelett sind andere Wörter, die in DACHL dafür kursieren.)
  • Tatsächlich Berliner Pfannkuchen heißt es nur in einigen Gegenden ganz im Norden, in Schleswig-Holstein und in Mecklenburg-Vorpommern, sowie im Süden, an der Schweizer Grenze und in der Schweiz.  
  • Im Ruhrgebiet hört man (Berliner) Ballen oder Berlinerball.
  • In Bayern und Österreich, in Liechtenstein und interessanterweise auch im südlichen Niedersachen heißt es Krapfen. Dieses Wort geht auf mittelhochdeutsch krāpfe für ein hakenförmiges Gebäck zurück; eigentlich bedeutete es ›Haken, Klammer‹. Das Wort ist verwandt mit Krampe (der u-förmig gebogene Nagel) und auch Krampf.
  • Kräppel (auch, aber eigentlich falsch: Kreppel) ist eine Verkleinerung von Krapfen (daher findet sich auch der Kräpfel gelegentlich) ist weit verbreitet in Mitteldeutschland.
  • Die Faschingszeit kommt ins Spiel beim Faschingskrapfen, wie es in einigen Gebieten in Österreich und Südbayern heißt.
  • Das Fastnachtsküchelchen findet sich in einigen Gegenden in Rheinland-Pfalz und im Saarland.
  • Vom Fastnachtsküchele spricht man in Baden-Württemberg.

Weitere Wörter, die hier und da verwendet werden, sind Schmalzkuchen, Ölkappen, Prilleken, Hefeküsseli, Schmalzküchle, Glaskrapfen und Chräpfli. Orte, in denen mehrere Bezeichnungen gebräuchlich sind, und »Wortwanderungen« kann es natürlich auch immer geben.

Was wir hieraus nicht ablesen können: welche Rolle es für die Bezeichnung spielt, ob das Gebäck gefüllt ist oder nicht, welche Füllung es hat und worin es gewälzt bzw. womit es überzogen wurde. So wurde das Teigstück kürzlich in einer Wiesbadener Bäckerei ungefüllt als Kreppel (sic) verkauft; mit Marmeladenfüllung hingegen hieß es dann Berliner. Das kann natürlich zu Verwirrung führen, aber zur Not und zum Glück hilft es ja, einfach darauf zu zeigen – und wie auch immer es heißt, Hauptsache ist doch, dass es schmeckt.

Übrigens: Etwas weniger detailliert als die zitierte Eichhoff-Karte, dafür aktueller, ist die Karte des Projekts Atlas zur deutschen Alltagssprache, die die Verbreitung der Wörter Berliner, Krapfen, Kräppel, Faschingskrapfen und Pfannkuchen bildlich darstellt: http://www.atlas-alltagssprache.de/runde-4/f03/