Ehrenvorsitzender der GfdS feiert 80. Geburtstag

Rudolf Hoberg im Gespräch mit Andrea-Eva Ewels

Prof. Dr. Rudolf Hoberg

Er hat Geschichte für die GfdS geschrieben, war und ist eines der prominentesten Gesichter in der deutschen Sprachforschung: Professor Rudolf Hoberg. Seit 1980 Mitglied der GfdS, war er von 1999 bis 2011 ihr Vorsitzender und hat sie maßgeblich mitgestaltet und gelenkt. Heute ist der weltweit anerkannte Germanist Ehrenvorsitzender der Gesellschaft und immer noch eng mit ihr verbunden. Nun wird der Wahl-Berliner stolze 80 Jahre alt. Ein Mann mit Geschichte. Die Geschäftsführerin der GfdS, Dr. Andrea-Eva Ewels, sprach mit ihm:

Andrea Eva-Ewels: Erinnern Sie sich noch an Ihre Anfänge in der GfdS?

Rudolf Hoberg: Ja, ich glaube, noch sehr gut. In den ersten Jahren meines Lebens als germanistischer Sprachwissenschaftler habe ich mich hauptsächlich theoretischen, vor allem semantischen Fragen gewidmet, dann immer mehr sprachpraktischen Problemen, besonders Aufgaben der sprachlichen Bildung. Hierzu führten verschiedene Anstöße, nicht zuletzt Gespräche mit Mitgliedern der GfdS (aus Darmstadt und Wiesbaden), die schließlich dazu führten, dass ich der GfdS beitrat.

Was war und ist Ihre Motivation, sich für die deutsche Sprache zu engagieren?

In der ersten Zeit meines Germanistikstudiums habe ich mich hauptsächlich mit Literaturwissenschaft beschäftigt. Mein Interesse an Sprache generell und besonders der deutschen Sprache kam fast ausschließlich über die Philosophie, besonders die großartigen Überlegungen Wilhelm von Humboldts und die daran anknüpfenden Untersuchungen Leo Weisgerbers. Bis heute bin ich der Auffassung, dass die Beschäftigung mit Sprache und Sprachen ein wichtiger Weg zur Erkenntnis des Menschen, des Menschseins ist.

Ganze 12 Jahre waren Sie Vorsitzender der GfdS. Was würden Sie zu den Höhepunkten dieser Zeit zählen?

Vielleicht liegt es an meiner Alterssicht, dass ich die Zeit, in der ich für die GfdS gearbeitet habe – und ich habe ja auch viele Jahre vor meiner Wahl zum Vorsitzenden im Hauptvorstand und anderen Gremien mitgewirkt – in sehr guter Erinnerung habe. Ich weiß nicht, ob es Höhepunkte gab, aber ich bin sicher, dass wir in dieser Zeit die GfdS aus einer Nische herausgeführt und zu einer viel beachteten Sprachinstitution im In- und Ausland gemacht haben. Und wenn ich »wir« sage, so meine ich vor allem Karin Eichhoff-Cyrus, die frühere Geschäftsführerin, und mich. Wir hatten das Glück, hervorragend zusammenarbeiten zu können: Mal gingen Initiativen von ihr, mal von mir, meist von uns beiden aus. Wir haben die Sprachberatung einzelner Personen und zahlreicher Institutionen erheblich ausgeweitet. Wir haben die Zahl der Zweige und damit auch der Zweigveranstaltungen mehr als verdoppelt und vor allem auch viele Zweige im Ausland gegründet. Wir haben Großveranstaltungen – mehrfach in Berlin, Brüssel, New York, Rom und Shanghai – und zahlreiche Symposien in der ganzen Welt initiiert. Wir haben die Beschäftigung mit der Rechts- und Verwaltungssprache, besonders über unsere Redaktionsstäbe in Berlin und in Zusammenarbeit mit politischen Stellen, vor allem dem Deutschen Bundestag und dem Justizministerium, gefördert. Wir haben intensiv mit anderen Sprach- und Kulturinstitutionen kooperiert – etwa dem Goethe-Institut, dem Institut für Deutsche Sprache, dem DAAD – und den Deutschen Sprachrat mitbegründet. Insgesamt haben wir uns mit Erfolg bemüht, die Sprachbildung der Bevölkerung auf einer wissenschaftlichen Grundlage zu fördern und zu vertiefen.

Gab es auch Niederlagen?

Es ging sicher manchmal nicht alles so glatt, wie wir es gewünscht hatten.

Wie blicken Sie auf die Zeit als Vorsitzender zurück? Kommt da auch Wehmut auf?

Aus dem Selbstlob in meiner Antwort auf die dritte Frage ergibt sich, dass ich zufrieden zurückblicke. Ich habe die Arbeit sehr gerne gemacht, aber als ich 75 wurde, war es auch Zeit aufzuhören.

Wie wichtig ist es, dass der Vorsitzende der GfdS ein Germanist ist? In Ihrer Rede anlässlich Ihres 70. Geburtstages sagten Sie ja: »Wir sind kein Germanistenverein.« Ist demnach jeder, der eine Affinität für die deutsche Sprache hat, für das Amt geeignet?

Die GfdS darf auf keinen Fall ein Germanistenverein sein, sondern sie muss offen für alle sein, die sich für die deutsche Sprache interessieren. Da sie aber ihre Arbeit auf einer rationalen, wissenschaftlichen Grundlage tun muss, sollten die »Führungspersonen« Sprachwissenschaftler oder Personen sein, die sich in sprachwissenschaftliche Fragen einarbeiten. Es sollten aber immer auch Personen sein, die in der Lage sind, ihre Kenntnisse an »Laien« zu vermitteln. Hüten muss man sich vor Menschen, die ihre Entscheidungen lediglich »aus dem Bauch heraus« treffen.

Wie schwer ist es, Menschen näherzubringen, dass das Deutsche keinem Verfall ausgesetzt ist, sondern die stetigen Veränderungen einen Sprachwandel, jedoch keinen Sprachverfall darstellen? Und wie steht es mit den vielen Anglizismen in der deutschen Sprache?

Seit Jahren befasse ich mich mit dem »Sprachverfall« und weiß daher, dass die meisten Menschen, auch die klügeren, davon überzeugt sind, die Sprache »verfalle«, früher sei alles viel besser gewesen. Auch die Anglizismen werden meist als Zeichen des »Verfalls« angesehen. Es muss eine der Hauptaufgaben der GfdS sein, immer wieder darauf hinzuweisen, dass sich Sprachen zu allen Zeiten verändern, dass man diese Veränderungen selbstverständlich kritisch, aber nicht notwendig negativ bewerten soll. Und was das Englische angeht: Man sollte weniger die Anglizismen, sondern vor allem die Tatsache sehen, dass die Dominanz des Englischen heute und in Zukunft alle anderen Sprachen bedrängt. Hier liegt ein sehr ernstes Problem, auf das ich an dieser Stelle nicht näher eingehen kann.

Sie vertreten die GfdS immer noch als Ehrenvorsitzender, wie etwa bei AsKI e. V. Hat man dafür als 4-facher Großvater überhaupt noch genug Zeit?

Ja, ich mache diese Arbeiten gern weiter, so wie ich auch weiter schreibe und Vorträge halte.

Bringen Sie als Großvater Ihren Enkeln die deutsche Sprache auf einem besonderen Weg näher und wie wichtig ist Sprachförderung bei Kindern?

Sprachförderung der Kinder gehört natürlich zu den wichtigsten Aufgaben der Eltern, der Schulen und zahlreicher anderer Institutionen. Auf die Sprache meiner Enkel habe ich kaum Einfluss, denn die einen wohnen in Bern – und lernen hoffentlich auch gut Schweizerdeutsch – und die anderen wohnen in New York – und lernen hoffentlich neben Englisch auch gut Deutsch.

Die GfdS wünscht Prof. Rudolf Hoberg weiterhin viel Freude und Gesundheit. Er möge der GfdS noch lange erhalten bleiben.