Etymologie verständlich und unterhaltsam

Buchinfo
Wiard Raveling
Knetet die Lady das Brot? Interessante und überraschende Etymologien
kartoniert, 248 Seiten
ISBN: 978-3-95968-113-1
res publica
Hilft uns die Etymologie, die heutige Bedeutung von Wörtern genau zu verstehen? Warum übernehmen die Sprachen Wörter von anderen Sprachen, warum das Deutsche mehr vom Französischen als das Französische vom Deutschen? Welche Wörter verdanken ihren Ursprung einem Irrtum? Das vorliegende Buch gibt anhand zahlreicher Beispiele sowie durch die allgemein verständliche Erklärung wichtiger Fachbegriffe eine Einführung in die Etymologie. Es richtet sich besonders an interessierte Laien jeglicher Provenienz, aber auch linguistische Experten sind als Leser willkommen.
»Ich verstehe nur Bahnhof.« Das wird hoffentlich bei diesem Buch von Wiard Raveling nicht geschehen. Doch warum sagen wir so etwas? Woher kommen diese und weitere Redewendungen? Oftmals verwenden wir Wörter wie Glamour oder Marmelade sowie Redewendungen wie Kohldampf schieben in unseren Gesprächen, ohne zu wissen, wo ihr Ursprung liegt. Dem versucht Wiard Raveling nun mit seinem Buch Knetet die Lady das Brot? entgegenzutreten.
Raveling ist Autor von Radiosendungen und hat bereits etliche Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften sowie eigene Bücher verfasst. In seinem neuesten Buch geht er auf die Suche nach dem Ursprung und der Entwicklung einer Sammlung von Wörtern und sprichwörtlichen Redensarten. Hilft das Wissen um die ursprüngliche Bedeutung, um das Wort oder die Wendung heute zu verstehen? Das Buch ist eine Einführung in die Etymologie, von der durch Aufbau und Inhalt des Buches sowohl Laien als auch Experten profitieren können. Raveling sieht die Etymologie als Möglichkeit, den oftmals nicht mehr bekannten Ursprung von Wörtern wieder bewusst zu machen. Seine Intention ist die Entfachung eines Interesses für sprachliche Hintergründe, indem er über den Ursprung von Wörtern aufklärt, die für ihn von persönlichem Interesse sind. Aus diesem Grund ist dieses Buch kein rein wissenschaftliches, sondern es soll auch dem Vergnügen dienen.
Der Aufbau dieses Buchs ist sehr verständlich und Raveling leitet gut hindurch. Zunächst führt er in die Etymologie ein, indem er diese in der Sprachwissenschaft verordnet sowie ihre Wortbedeutung, ihren Zweck und die mit ihr zusammenhängenden Forschungsfragen ausführt. Dabei legt er dar, was die Etymologie aus seiner Sicht so interessant macht. In Kapitel 2 »Etymologische Beispiele« werden über 350 Wörter und Wendungen alphabetisch aufgelistet, die dann etymologisch analysiert werden: angefangen bei einem Allotria über das Croissant zum Schlaraffenland bis hin zur Zwetschge. Besonders hervorzuheben ist, dass Raveling auch die Herkunft einiger Redewendungen mit aufgenommen hat. So wird u. a. die Etymologie der Ausdrücke des Pudels Kern, bekannt aus Goethes Faust, oder unter die Haube bringen erklärt. Da die Etymologie sich auch auf andere Sprachen stützt, finden sich in diesem Kapitel nicht nur deutsche, sondern ebenfalls fremdsprachige Begriffe. Die Sprachen Französisch (z. B. Lavabo), Italienisch (Ciao), Englisch (Goodbye), Japanisch und sogar Suaheli werden explizit vor dem Wort oder der Wendung gekennzeichnet, was die Zuordnung erleichtert.
Im dritten Kapitel konzentriert sich Raveling auf Wörter mit besonderer Herkunft. Darin geht es auch um Namen und Bezeichnungen, deren Entstehung auf besondere Umstände zurückzuführen sind. So geht er auf deutsche Wörter ein, die aus dem Arabischen (Aprikose oder Karaffe) und Jiddischen (malochen oder pleite) übernommen wurden, aber auch auf deutsche Wörter, die beispielsweise in der russischen oder auch englischen Sprache zu finden sind. Für Doppelgänger und Weltanschauung i m E nglischen oder Matrose und Windstille im Russischen gibt es nämlich keine entsprechende Übersetzung. Im Französischen werden manchmal Gegenstände nach Tieren benannt wie blérau, dt. ›Dachs‹, für einen Rasierpinsel. Auch Eigennamen wie Nikotin oder Marionette werden beispielsweise als Gattungsnamen verwendet; diese werden dann als Eponyme bezeichnet. Des Weiteren werden auch einige abgeleitete Wörter von z. B. Ortsnamen geklärt wie Bourbon nach dem Bourbon County in Kentucky oder Sardine nach der Insel Sardinien. Raveling weist auch noch einmal auf sogenannte falsche Freunde beim Sprachenlernen hin, die auf den ersten Blick ein Pendant in einer bekannten Sprache haben, jedoch auf den zweiten Blick etwas anderes bedeuten. So wird bei dem französischen Wort blouse oftmals angenommen, dass es sich um eine Bluse handele, gemeint ist aber ein Arbeitskittel, und unter jalousie wird im Französischen die Emotion Eifersucht verstanden. Dieses Phänomen gibt es auch im Englischen mit chef, was dort mit dem Chefkoch gleichzusetzen ist, oder mit dem Wort pregnant, was nicht dem deutschen Adjektiv prägnant, sondern schwanger entspricht.
Obwohl sich das Buch hauptsächlich mit dem Ursprung und der Entwicklung von Wörtern und Redensarten beschäftigt, spricht Raveling auch kurz über die sich stetig weiterentwickelnde Grammatik und damit einhergehend Bedeutungsveränderungen von Wörtern. Thematisiert werden dabei auch Modalpartikel, auch Abtönungspartikel genannt, wie ja, doch und vielleicht. Abgerundet wird das Buch mit einem Lexikon zu wichtigen Fachbegriffen aus der Linguistik, u. a. finden sich dort Definitionen von Anglizismus, Euphemismus, Interjektion, Metonymie oder Substrat.
Raveling bietet mit diesem Buch einen gut erklärten und unterhaltsamen Überblick über den Ursprung einer großen Auswahl an Wörtern und Redensarten. Dadurch, dass er sich um eine Allgemeinverständlichkeit bemüht hat, richtet sich dieses Buch besonders an Sprachinteressierte oder Personen, die auf der Suche nach einer guten Einführung in das Thema Etymologie sind. Wer sich bereits damit auskennt und seine Kenntnisse vertiefen möchte, dem ist eher andere Literatur zu den etymologischen Hintergründen unserer Sprache zu empfehlen. In der recht großen Sammlung von Raveling sind mit Sicherheit trotzdem einige neue Beispiele zu finden. Durch seine Erklärungen linguistischer Termini oder der besonderen Herkunft einer Auswahl an Wörtern im letzten Drittel des Buches verschafft er der Leserschaft einen ersten Einblick in die sprachlichen Prozesse. Besonders hervorzuheben ist die Aufnahme von fremdsprachigen Wörtern in das Kapitel der etymologischen Beispiele. Der Einbezug anderer Sprachen ist sehr hilfreich, da diese ebenfalls zu der Entwicklung von Wörtern und Wendungen beitragen.
Bedia Vidua