Die deutsche Sprache und die Neuen Medien. Sprachverfall oder Textoptimierung?

Prof. Dr. Sandro M. Moraldo, Forlì
Datum
08.05.2017
18:30 Uhr
Veranstaltungsort
Deutsches Haus at NYU
Eine Veranstaltung von:


Das Deutsche Haus at NYU und die Gesellschaft für deutsche Sprache e.V. präsentieren einen Vortrag von Sandro M. Moraldo, derzeitiger Max-Kade-Distinguished Visiting Professor am Department of Classical and Modern Languages and Literatures at the University of Rhode Island (Kingston, RI), über 
»Die deutsche Sprache und die Neuen Medien. Sprachverfall oder Textoptimierung?«

Please note that this lecture will be held in German. 


Jugendsprache und Anglizismen werden seit jeher als Nachweis für einen allgemeinen Verfall der deutschen Sprache angeführt.

Mit den neumedialen Kommunikationsplattformen ist die deutsche Sprache – glaubt man laienlinguistischen Meinungen – sogar noch weiter unter Druck geraten. Morphologische Einsparungen, syntaktische Reduktionen, lexikalische Kurzformen und andere (grapho)stilistische Merkmale digitaler Schriftkommunikation sind Schuld an der fortschreitenden Verhunzung des Deutschen.

Der Vortrag hat eine mehr pragmatisch orientierte Sicht auf die Dinge. Am Beispiel der Plattform Twitter und den mit Hilfe dieser Plattform generierten Kurznachrichten, so genannten Tweets, soll an einem Beispieldialog u.a. der Frage nachgegangen werden, ob diese sprachstilistischen Eigenheiten tatsächlich ein Anzeichen von Sprachverfall sind oder nicht vielmehr einer technischen Vorgabe (Restriktion der Kurznachricht auf eine bestimmte Zeichenanzahl) geschuldet sind, die bestimmte Ausdrucks- und Schreibsparfunktionen implizieren und damit die Kurznachricht optimieren.

Nicht zuletzt kann man an bestimmten sprachlichen Phänomenen solcher Kurznachrichten gerade bei DaF-Lernern ein sprachkritisches Bewusstsein für morphologische, syntaktische und lexikalische Wandelprozesse schaffen.
Der Vortrag plädiert daher für mehr Sprachreflexion im DaF-Unterricht, denn die Auseinandersetzung mit dem Sprachwandel gibt den Lehrkräften die Möglichkeit, nicht nur den Bezug auf die Sprachnormen (etwa des DUDEN) zu relativieren, sondern auch die SchülerInnen für die Dynamik der deutschen Sprache zu begeistern.

Sandro M. Moraldo erhielt seinen M.A. und PhD in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft, Germanistik und Romanistik an der Universität Heidelberg. 1993 wurde er Außerplanmäßiger Professor für Germanistik an der Katholischen Universität in Mailand (Italien). Moraldo ist Associated Professor für Deutsche Sprache, Literatur und Kultur an der Universität Bologna. Gleichzeitig hat er eine Vertretungsprofessur für Komparatistik an der Katholischen Universität Mailand. Er erhielt zahlreiche Forschungsstipendien, war Visiting Scholar an der Brown University (2002 und 2005) und Visiting Professor in Casablanca (2013).

Seit einigen Jahren leitet er den Zweig der GfdS in Mailand.

Kontakt: Juliane Camfiled
E-Mail: juliane.camfield@nyu.edu