Wahrheit, Klarheit und Bullshit

Prof. Dr. Jörg Meibauer, Mainz


Seit Harry G. Frankfurt den Begriff Bullshit auch im Deutschen populär gemacht hat, erscheinen regelmäßig populärwissenschaftliche Bücher zu Bullshit und verwandten Themen.

Sie heißen etwa „Schluss mit dem Bullshit! Auf der Suche nach dem verlorenen Verstand“ (2014) oder „Bullshit-Resistenz“ (2018) und bringen Bullshit in Zusammenhang mit dem besonders von Donald Trump verbreiteten Begriff Fake News („Die Wahrheit schafft sich ab. Wie Fake News Politik machen“, 2018).

Die rhetorische Bekämpfung von Bullshit reiht sich ein in die bekannten sprachkritischen Traditionen der Bekämpfung von Unwörtern („Sprachlügen. Unworte und Neusprech von Atomruine bis zeitnah“, 2012).

Obgleich das sprachmoralische Anliegen, Bullshit zu reduzieren – für Frankfurt ist das Bullshitten ein größerer Feind der Wahrheit als das Lügen – , durchaus ehrenwert ist, leidet die Debatte doch daran, dass verschiedene Täuschungsphänomene undifferenziert behandelt werden.

Hier ist die linguistische Pragmatik gefragt, die Vorschläge zur Präzisierung des Bullshit-Begriffs machen kann.

In diesem Vortrag geht es, vor dem Hintergrund der Theorie der konversationellen Implikaturen von Paul Grice, um den Bezug des Bullshittens zu den sprachlichen Konzepten der Wahrheit und der Klarheit.

Gezeigt wird, dass die Manipulation dieser beiden Parameter im sprachlichen Handeln durchaus den sozialen Interessen der Akteure entspricht und dass das Bullshitten – wie auch das Lügen – nicht immer schlecht ist.

Und vielleicht ist ja, wie Frankfurt lakonisch feststellte, strikte Aufrichtigkeit selbst Bullshit. Das getäuschte Publikum tut allerdings gut daran, vor Bullshit auf der Hut zu sein.

 

Zweigvorsitzender: Prof. Dr. Jörg Meibauer
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