Ausgabe: Der Sprachdienst 6/2021

Hybrid

Die Kreuzung von Hunden wird gern auch sprachlich entsprechend abgebildet: Ein Labradoodle etwa (im Bild) ist linguistisch wie biologisch eine Kreuzung aus Labrador und Pudel. Foto: litthouse (Pixabay)

Woran denken Sie bei diesem Wort als Erstes? An Autos, die sowohl von einem Elektro- als auch einem Verbrennungsmotor angetrieben werden? Oder hat sich in der Corona-Zeit auch die Verwendung des Wortes in Verbindung mit einer neuen Form von Veranstaltungen in ihrer Wahrnehmung durchgesetzt?

Beide sind nämlich in der heutigen Zeit die frequentesten Verwendungsweisen dieses Wortes: Als eigenständiges Substantiv stellt Hybrid eine Kurzform von Hybridmotor oder Hybridfahrzeug dar; in Komposita mit dem Erstglied Hybrid– wird es neuerdings besonders im Veranstaltungssektor häufig verwendet, um auf einen gleichzeitig digitalen wie analogen Charakter der Unternehmung aufmerksam zu machen: Hybridveranstaltung, Hybridvortrag, Hybridkurs etc.

Was dem Wort Hybrid, als Adjektiv hybrid, ursprünglich zugrunde liegt und in welcher Weise es sich aktuell weiterentwickelt, wird im Folgenden näher betrachtet.

Ein Hybrid, der oder das, ist laut Duden in der Fachsprache in der Tat eine »Mischung«, ein »Gebilde aus mehreren Bestandteilen«. Im Bereich der Fahrzeugtechnik existiert das Wort dabei nur mit maskulinem Genus: der Hybrid (z. B.: Die Familie fährt seit Neuestem einen Hybrid). Hier erschöpft sich seine Bedeutung als Substantiv auch schon. Tatsächlich geht es in diesem Text auch vielmehr um das Adjektiv hybrid, das ein größeres Bedeutungsspektrum eröffnet. Dieses ist zurückzuführen auf das Wort Hybride, die oder der: Hierbei handelt es sich um einen biologischen Fachausdruck mit der Bedeutung ›Bastard [Pflanze oder Tier] als Ergebnis von Kreuzungen‹. Das Wort Bastard ist hier übrigens keineswegs despektierlich zu verstehen, es handelt sich um einen Fachbegriff der Biologie, um wie bei Hybride einen Mischling – fachsprachlich ebenfalls durchaus unbedenklich – zu bezeichnen: Somit ist eine oder ein Hybride, ein Bastard bzw. ein Mischling eine ›aus Kreuzung verschiedener Arten hervorgegangene Pflanze‹ bzw. ein ›aus Kreuzung verschiedener Rassen hervorgegangenes Tier‹.

Zugrunde liegt das lateinische Wort hybrida mit ebendieser Bedeutung: ›Mischling‹ bzw. ›Bastard‹, genauer gesagt: ›von zweierlei Herkunft, gemischt, zwitterhaft‹. Eine hybride Bildung bezeichnet in der Sprachwissenschaft beispielsweise ein zusammengesetztes Wort, dessen Teile verschiedenen Sprachen angehören, z. B. Bürovorsteher, Pizzabäcker, Fitnessstudio oder auch Hybridveranstaltung. Seit dem 19. Jahrhundert wird das Adjektiv in der Biologie verwendet, um dort auf die Züchtung von Pflanzen und Tieren zu verweisen: Wenn zwei Arten miteinander gekreuzt werden, z. B. grüne und gelbe Erbsen oder verschiedene Hunderassen, entstehen hybride Formen.

Derlei Kreuzungen ergeben sich auch ohne Zutun des Menschen, die hieraus hervorgehenden Tiere werden in der Regel als Mischlinge bezeichnet. Wird jedoch eine Züchtung aus unterschiedlichen Rassen geplant vorgenommen (dies ist besonders in den USA beliebt), so spricht man relativ technisch von Hybridhunden, Hundehybriden oder Designerhunden; dabei entstehen als Nebenprodukt auch schöne Wortkreuzungen, etwa Labradoodle aus Labrador und Pudel, Schnoodle aus Schnauzer und Pudel, Cockapoo aus Cocker Spaniel und Pudel (der sich angesichts der Wortbestandshäufigkeiten wohl gut für derlei Kreuzungen eignet) oder Puggle aus Mops (engl. pug) und Beagle.

Zurück zum Adjektiv hybrid: Es ist durchaus denkbar, dass der Urheber seiner Verwendung in der Biologie Gregor Johann Mendel war, der mit seiner Vererbungslehre – den Mendel’schen Gesetzen – das Wort in der biologischen Fachsprache verankert hat: Mendel, ein Augustinermönch, hatte 1855 begonnen, im klostereigenen Garten Experimente mit Pflanzenkreuzungen durchzuführen, deren Ergebnisse er als hybrid bzw. Hybride bezeichnete.

Nun hat das Adjektiv hybrid jedoch noch eine weitere Bedeutung, nämlich ›hochmütig, überheblich, vermessen‹. In diesem Verständnis geht es zurück auf das aus dem Griechischen entlehnte Substantiv Hybris, das sich ursprünglich vor allem auf die Überheblichkeit und Selbstüberschätzung des Menschen bezog, der die von Gott gegebene Ordnung missachtete, sich also über Gott erhob. Sprachgeschichtlich wird zwar angenommen, dass das lateinische Wort hybrida, das ersterer Deutung zugrunde liegt, und das griechische Wort hybris denselben Ursprung haben, dies ist jedoch nicht zweifelsfrei geklärt. In einem Beitrag der FAZ vom 13.10.2021 stellt der Autor Christoph Türcke eine Verbindung zwischen den oben aufgeführten Bedeutungen des Adjektivs hybrid her. Seiner Argumentation nach hat Mendel das Wort hybrid – er hätt e die Pflanzenkreuzungen ja auch als gemischt bezeichnen können – implizit auf sich selbst bezogen, da er als Gottesmann sich an die gottgegebene Ordnung hätt e halten müssen, statt sich darüber hinwegzusetzen. So sei in der Bezeichnung hybrid schon von sich aus »widernatürlich« oder »artfremd« impliziert. Ob diese Behauptung sich tatsächlich verifizieren lässt, soll jedoch an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden.

Fakt ist: Das Wort hybrid existiert schon lange, hat aber im Laufe der Zeit unterschiedliche neue Bedeutungsspektren eröffnet, wenngleich seine Grundbedeutung ›gemischt, von zweierlei Herkunft‹ beibehalten wird. In seiner neuesten Verwendungsweise ist es zumeist als Adjektiv (hybride Veranstaltung, wir arbeiten hybrid, das Seminar findet hybrid statt) oder als Erstbestandteil in Komposita anzutreffen (Hybridveranstaltung, Hybridarbeitsplatz, analog zu schon vorher auftretenden Bildungen wie Hybridmotor, Hybridauto, Hybridantrieb); seine syntaktischen Nachbarn sind häufig Wörter oder Fügungen wie online, digital und in Präsenz.

Wir behalten das Wort und seine Verwendung im Blick, sind uns aber schon jetzt sicher, dass es uns auch im Kontext neuartiger Veranstaltungsformate nicht so schnell wieder verlassen wird.

Frauke Rüdebusch