3. März 2025
Kleines Lexikon Krieg und Sprache: Israel–Palästina

Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ist mit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 in ein weiteres Stadium der Auseinandersetzung eingetreten. An ihm zeigt sich, dass der Sprachraum Krieg weiter die weltweiten und öffentlichen Diskussionen mitbestimmt. Eine besondere Qualität erhält der Nahostkonflikt durch die Tatsache, dass nicht nur Kriegs- und Konfliktwörter auftauchen (Irregulärer Kämpfer), sondern auch Begriffe aus der Umgangssprache (Abi-Party) bzw. des alltäglichen politischen Diskurses (Fördergeld-Affäre) an diesen Sprachraum heranrücken. Die GfdS will in diesem Zusammenhang erneut einen konstruktiven Beitrag zur Dokumentation und Information in diesem Bereich leisten.
Auf dieser Seite werden wir wöchentlich weitere Wörter veröffentlichen. NEU am 18.03.2025: die Buchstaben F und G.
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Daten und Zahlen
1. April 2024, der:
1. Israel verübt einen Luftangriff auf das iranische Konsulat der syrischen Hauptstadt Damaskus. Unter den 16 getöteten Personen befand sich auch der hochranginge Offizier der iranischen Streitkräfte (sog. Islamische Revolutionsgarde) Mohammad Reza Zahedi.
2. Hintergrund des Angriffs ist die Verstärkung israelischer Attacken auf iranische Proxies seit dem Angriff der Hamas auf Israel am > 7. Oktober 2023. Dies gilt insbesondere auch für die in Syrien und im Libanon ansässige > Hisbollah.
7. Oktober 2023, der:
1. Tag des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel. Bei diesem vom > Gazastreifen aus verübten Überfall wurden die Sperranlagen zwischen Israel und Gaza überwunden, anschließend wurden zahlreiche Massaker in Kibbuzim und israelischen Städten verübt. Nach israelischen Angaben kamen insgesamt 1.139 Menschen ums Leben (Zivilistinnen und Zivilisten: 695, israelische Sicherheitskräfte: 373, ausländische Personen: 71), 5.400 wurden verletzt. Ferner wurden während des Angriffs 240 Menschen von der Hamas als > Geiseln nach Gaza verschleppt.
2. Am 17.07.2024 veröffentlichte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch[1] eine Analyse der für den Terrorangriff des 7. Oktober 2023 verantwortlichen Gruppen. Diese wurden sowohl anhand von Bekennerschreiben, Stirnbändern, Befragungen von Augenzeugen sowie Angehörigen von Opfern als auch anhand von zahlreichen Fotos und Videos identifiziert.

13. auf den 14. April 2024, der:
1. In dieser Nacht fand erstmals in der Geschichte ein direktes Bombardement auf Israel durch den Iran statt. Dabei wurden rund 30 Marschflugkörper, 120 ballistische Raketen sowie etwa 170 Kamikaze-Drohnen abgefeuert. In den Medien ist bzgl. der Anzahl von den > »300« die Rede. Die Luftverteidigung gelang a) durch den Iron Dome sowie b) durch eine internationale Allianz weiterer Staaten.
2. Der Angriff gilt als Reaktion des Irans auf das Bombardement Israels auf ein iranisches Konsulat in Syrien am > 1. April 2024.
3. Im Ergebnis konnten durch 1a) und b) rund 99 Prozent der Drohnen und Raketen abgefangen werden.
14. Mai 1948, der:
1. An diesem Tag um Mitternacht endete das britische Mandat über Palästina.
2. Ebenfalls an diesem Tag proklamierte der spätere erste Premierminister Israels David Ben-Gurion (gebürtig: David Josef Grün, 16.10.1886–01.12.1973) den heutigen Staat Israel. Da das Datum auf einen Freitag fiel und damit auf den Beginn des Sabbats, verkündete Ben-Gurion die Staatsgründung bereits um 16 Uhr. Der Sabbat ist laut den zehn Geboten ein Ruhetag, an dem keine Arbeit verrichtet werden darf, und beginnt jeweils mit dem Sonnenuntergang.
300 (Ziffer des Zahlwortes dreihundert):
1. Fiktionalisierte US-amerikanische Verfilmung (2006) des Kampfes der Spartaner gegen König Xerxes. Hierbei stellen sich 300 Spartiaten unter Führung von König Leonidas in der Landenge der Thermopylen heroisch der übermächtigen Streitmacht von Persiens Großkönig entgegen. Die an die Form des Comic angelehnte Inszenierung von Mut und Gewalt wurde international widersprüchlich aufgenommen.
2. Medial geformte numerische Größe, die in gerundeter Form die Anzahl der Drohnen und Raketen beziffert, welche vom > 13. auf den 14. April 2024 vom Iran auf Israel abgeschossen wurden.[2]
[1] https://www.hrw.org/report/2024/07/17/i-cant-erase-all-blood-my-mind/palestinian-armed-groups-october-7-assault-israel.
[2] Vgl. etwa: Münch, Peter (2024): »Todesgrüße aus Teheran«. In: Süddeutsche Zeitung 87 v. 15.04., S. 3. Koelb, Susanne, Christoph Reuter, Thore Schröder und Bernhard Zand (2024). »Die Logik der Eskalation«. In: Der Spiegel 17 v. 20.04., S. 8-13.
A
Abi-Party, die:
1. Im Anschluss an alle erfolgreich abgelegten Abiturprüfungen erfolgende Feier, die das Erlangen der bestandenen Allgemeinen Hochschulreife dokumentiert. Diese wird oftmals mit den Lehrkräften wie auch Familienmitgliedern – unter Begehung diverser Abi-Streiche – abgehalten.
2. Das Gymnasium Tiergarten in Berlin sagte die für den 05.07.2024 geplanten Abiturfeierlichkeiten ab. Grund hierfür: Etwa 50 Schülerinnen und Schüler hatten sich per WhatsApp zusammengeschlossen, um am Tag der Feier eine massive propalästinensische Protestaktion auszuführen, bei der auch Ausschreitungen »nicht ausgeschlossen« werden könnten.[1]

abrahamitische Religionen, die:
1. Bezeichnung für die drei monotheistischen Religionen, die sich in ihrer Genealogie auf Abraham (Judentum, Christentum) bzw. Ibrahim (Islam) als Stammvater berufen.
2. Vertreter aller drei abrahamitischen Religionen sind unter historischer Perspektive eine beteiligte Partei in dem Multikonflikt Mandatsunterteilung Palästinas) der Auseinandersetzung zwischen Israel und Palästina, die sich in dem widersprüchlichen Verhalten Großbritanniens nach dem Ersten Weltkrieg ausdrückt (> Balfour-Deklaration, Hussein-McMahon-Korrespondenz, Sykes-Picot-Abkommen).
3. Über die Frage nach der einen und wahren monotheistischen Religion ist in der Zeit- und Kulturgeschichte kontrovers gerungen worden. Eine mögliche Interpretation aus literarisch-philosophischer Perspektive bietet die Ringparabel des Dichters Gotthold Ephraim Lessing.

Adidas:
Sportartikelhersteller aus Deutschland mit internationaler Präsenz, der das Sneaker-Modell »SL 72« auf den Markt brachte, das von seinem Design an die Olympischen Sommerspiele von 1972 in München erinnern soll. Diese waren überschattet von einem Attentat der palästinensischen Terrororganisation »Schwarzer September« auf die israelische Mannschaft, von der elf Teilnehmer getötet wurden. Der Schuh wird zudem u. a. von dem Model Bella Hadid beworben. Die israelische Botschaft verweist in einem Post auf X auf Israel-kritische Aktivitäten Hadids und fragt nach einer diesbezüglichen Kommentierung durch den Sportartikelhersteller.

Advisory Opinion:
Das Gutachten eines Gerichts, wie etwa des Internationalen Gerichtshofes (IGH), welches juristische Rechtsfragen klären und kommentieren soll, um in der Folge Empfehlungen auszusprechen. Diese sind jedoch für keine Partei bindend. Im Falle der A. des IGH genießen diese allerdings eine hohe internationale Wertschätzung.
Affront, der:
1. Eine (willentlich und wissentlich) durch Worte oder Taten herbeigeführte öffentliche Beleidigung/Kränkung einer Person, einer Gruppe, eines Landes o. Ä.
2. Der israelische Minister für öffentliche Sicherheit des Regierungskabinetts VI von Benjamin Netanjahu, Itamar Ben-Gvir, hat am 18.07.2024 mit einem Gebet auf dem Tempelberg in Jerusalem für einen A. gesorgt. Dieser resultiert aus zwei Argumenten. Zunächst ist Ben-Gvir a) Vorsitzender der rechtsextremen und nationalistischen Partei Otzma Yehudit. In seiner Regierungsfunktion drohte Ben-Gvir mehrfach mit seinem Austritt, sofern Ministerpräsident Netanjahu einem Abkommen mit der Hamas zum Zweck der Geiselbefreiung zustimmen würde, die wiederum den Krieg beenden könnte. Ferner ist b) der Tempelberg sowohl für Muslime (al-Aqsā-Moschee, Felsendom) als auch für Juden (zwei ehem. Jerusalemer Tempel) ein heiliger Ort. Dabei gilt die Vereinbarung, dass Juden den Ort besuchen, nicht jedoch dort beten dürfen. Dies verstärkt die Brisanz des A. von Ben-Gvir, da dieser in einem auf X veröffentlichten Video für die Rückkehr der Geiseln bete, »ohne einen leichtsinnigen Deal, ohne Kapitulation«.[2]
3. Einen mutmaßlich versehentlichen A. beginnt die Firma > Adidas mit der Marketingkampagne eines Sneakers, der an die Olympischen Sommerspiele 1972 erinnern sollte.
Aid Worker Security Database (kurz: AWSD):
1. Internationale und forschungsbasierte Sammlungs- und Publikationsplattform (https://www.aidworkersecurity.org/) mit Informationen über gravierende Sicherheitsvorfälle in Krisen- und Kriegsgebieten, die durch vorsätzliche Gewalt gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen gekennzeichnet sind. Laut New York Times gilt die AWSD als globale Referenz für a) die Dokumentation quantitativer Nachweise zur Bewertung der Sicherheitslage in spezifischen Gebieten. Sie bietet b) die Grundlage der Beurteilung von Trends bei spezifischen Sicherheitsbedrohungen. Ihre Daten sind regelmäßig das argumentative Fundament in politischen Debatten und offiziellen Erklärungen (z. B. Vereinte Nationen).
2. So dokumentiert die A. seit dem > 7. Oktober 2023 für den Israel-Palästina-Konflikt: »338 Helfer seien Opfer der IDF-Angriffe geworden […]. 259 Helfer starben während der Arbeit – oft in Gebieten, die dem UN-Nothilfebüro OCHA zufolge nicht als Hochrisikogebiet gelten«.[3]
Amicus-Curiae-Brief, der:
1. (lat. Freund des Gerichts) Bezeichnung eines Schreibens, dass im Rahmen einer anhängigen juristischen Frage dem entscheidenden Gericht unverbindlich relevante Informationen oder Sachverhaltsinterpretationen zu dessen Entscheidungsfindung zur Verfügung stellt. A. (z. B. zu gerichtlich bestellten Gutachtern) sind nicht auf die zu verhandelnde Sache beschränkt und müssen nicht unparteiisch sein.
2. Am 26.07.2024 wurde nach übereinstimmenden Medienberichten bekannt, dass Deutschland ein Amicus-Curiae-Schreiben versandt hat. Dieses erging an den Internationalen Strafgerichtshof vor dem Hintergrund des gegen Benjamin Netanjahu beantragten Haftbefehls. Die Richterinnen und Richter in Den Haag haben darüber zu entscheiden, ob dieser Haftbefehl tatsächlich erlassen wird. Auch wenn der konkrete Inhalt des Briefes geheim ist, sickerte durch, dass nach Meinung der Bundesregierung der Internationale Strafgerichtshof juristisch gar nicht zuständig für Benjamin Netanjahu sei. Berlin argumentiert, »dass schon die innerstaatliche israelische Justiz so gut arbeite, dass für den Internationalen Strafgerichtshof gar keine Arbeit mehr übrig bleibe.«[4] Insgesamt haben 20 Staaten Amicus-Curiae-Briefe an den IStGH (= Internationalen Strafgerichtshof) in dieser Causa versendet; die letzte Frist für eine Einsendung endet am 06.08.2024.
Armageddon, das:
1. Biblischer Ort (Offenbarung des Johannes, 1,1) im Neuen Testament, an dem die alles entscheidende Schlacht zwischen Gut und Böse entschieden wird.
2. Umschreibung für die Gefahr, dass sich die Auseinandersetzung zwischen Israel und Palästina zu einem unkontrollierbaren, ggf. auch atomaren Krieg mit dem Iran und seinen Proxys ausweitet. Dabei wird befürchtet, dass im Gefolge einer solchen Auseinandersetzung eine unvermeidbare Sogwirkung (Russland und China als Partner Irans vs. die USA als Partner Israels) für eine Weltkrise (Gefährdung globaler Ölversorgung, Störung des Welthandels) entsteht, die schlimmstenfalls einen apokalyptischen Weltkrieg heraufbeschwört.

[1] https://www.spiegel.de/panorama/bildung/berlin-gymnasium-sagt-abitur-feier-ab-wegen-pro-palaestina-protests-a-036a9d25-ae0f-4c86-8962-1dd0c4527c50.
[2] https://www.spiegel.de/ausland/israel-polizeiminister-itamar-ben-gvir-empoert-erneut-mit-tempelberg-besuch-a-8c65828b-7f76-48a4-ab4c-b60ed6204b50.
[3] Heubl, Ben, Léonard Kahn und Dunja Ramadan (2024). »Helfer im Fadenkreuz«. In: Süddeutsche Zeitung 160 v. 13./14.07., S. 9.
[4] Steinke, Ronen (2024). »Ein gutes Wort für einen guten Freund«. In: Süddeutsche Zeitung 171 v. 26.07., S. 2.
B
Balfour-Deklaration, die:
Namensgeber der am 02.11.1917 abgegebenen Erklärung ist Arthur James Balfour (25.07.1848–19.03.1930), der von 1902 bis 1905 britischer Außenminister war. Darin sichert Großbritannien dem jüdischen Volk zu, der Gründung einer »nationale[n] Heimstätte« für sie aufgeschlossen gegenüberzustehen. Unklar blieb darin jedoch, wo diese geografisch verortet sein soll.
Bauernopfer, das:
1. Bestandteil einer metaphorischen, aus dem Schachspiel genährten Redensart, bei der i. d. R. eine strategisch minderwertigere Spielfigur zugunsten einer höherrangigen geopfert wird.
2. Am 16.06.2024 versetzte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger ihre Staatssekretärin Sabine Döring (hier: das Bauernopfer [Ministerin vs. Staatssekretärin]), weil diese in der sog. > Fördergeld-Affäre mutmaßlich die Prüfung des Entzugs öffentlicher Forschungsgelder initiiert haben soll.

Berlinale, die:
Die 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin (kurz: Berlinale) fanden vom 15.02.–25.02.2024 statt. Hier kam es zu Beginn und am Ende der Veranstaltung zu diversen Vorkommnissen, die im Zusammenhang mit dem aktuellen Israel-Palästina-Konflikt stehen. So trugen verschiedene Gäste zu Beginn der Veranstaltung auf dem Roten Teppich Kufiyas. Verschiedene Preisträger schlossen sich während der Preisverleihung in unterschiedlichen Formen einseitig der Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung an. Kritisiert wurde in der Folge, dass »eine der wichtigsten Kulturveranstaltungen in Deutschland für ideologische Hetze gegen Israel und Juden missbraucht«[5] werde. Die Kritik betraf dabei auch die mutmaßlich unkritische Berichterstattung der ARD sowie die Frage, »warum niemand den Rednern auf der Bühne widersprochen hat, als Begriffe wie ›Apartheid‹ und ›Genozid‹ fielen«[6] – insbesondere auch nicht die Hausherrin der Veranstaltung, Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Diese formulierte ihre Missbilligung der Einseitigkeit der Stellungnahmen erst nachträglich, obwohl sie selbst Teilnehmerin der Filmfestspiele war.

»Brennt Gaza, brennt Berlin«:
Ein in Berlin verwendeter Slogan der Gewaltandrohung in Form einer Wenn-dann-Logik. Dieser stand u. a. an der Schulwand des Gymnasiums Tiergarten in Berlin; jener Schule, welche ihre geplante > Abi-Party absagte, da Schülerinnen und Schüler eine propalästinensische Protestaktion ankündigten. Ebenso wurde der Slogan bereits im Mai 2024 »an der Fassade des Rathauses Tiergarten entdeckt; einen Monat später schrieben ihn bisher unbekannte Täter an eine Außenwand der Parteizentrale der SPD in Kreuzberg«.[7]
Büchsenspanner, der:
1. Alter Beruf; der B. reichte einem Jäger/Schützen eine schussbereite Waffe (Jagdgewehr), um dessen Schussfrequenz zu erhöhen. Der B. ging aus dem Beruf des Armbrustspanners hervor.
2. Häufig im politischen Kontext übertragene Bedeutung eines willfährigen (ggf. ideologisch verhärteten) Helfers/Handlangers.
3. Das Regierungskabinett des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gilt als das am meisten religiös geprägte und politisch rechtsstehende in der Geschichte Israels. Rechtsextreme und ultraorthodoxe Regierungsmitglieder versuchen wiederholt, oppositionelle Meinungen zu diskreditieren: »Netanjahu und seine Büchsenspanner werden Gantz mit dem Vorwurf jagen, Verrat begangen und mitten im Krieg das Land gespalten zu haben.«[8]
[5] Blazekovic, Aurelle von, Laura Hertreiter, Marlene Knobloch und Susan Vahabzadeh (2024). »Habt ihr gut geschlafen?« In: Süddeutsche Zeitung 48 v. 27.02., S. 9.
[6] Häntzschel, Jörg (2024). »Na, bravo«. In: Süddeutsche Zeitung 49 v. 28.02., S. 9.
[7] Heidtmann, Jan (2024). »Brennt Gaza, brennt die Schule«. In: Süddeutsche Zeitung 163 v. 17.07., S. 6.
[8] Münch, Peter (2024): »Ein Mann und sein Wort«. In: Süddeutsche Zeitung 131 v. 10.06., S. 4.
D
Diaspora, die:
(Griech. diasporá ›Zerstreuung‹). Existenz einer (religiösen, ethnischen o. ä.) Minderheit in einem nicht der historischen Herkunft entsprechenden Land. Für die Zerstreuung der Jüdinnen und Juden in aller Welt gilt diese Vorstellung in besonderem Maße, da sie als Gegenentwurf zur D. das Gelobte Land Israel als Bezugspunkt ihrer historisch-geografischen Identität verstehen.
Dilemma, das:
1. Beschreibt die Situation einer Lösungssuche, bei der zwei Möglichkeiten eines Lösungsansatzes entweder als gleichermaßen gut, meist jedoch schlecht und damit als unbefriedigend bzw. unzulänglich empfunden werden (auch: Zwickmühle, sprichwörtlich: Die Wahl zwischen Pest und Cholera). Drei mögliche Lösungswege gelten als Trilemma, mehr als drei als Polylemma.
2. Politische Lage des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu: Innenpolitisch muss dieser a) die ultrakonservativen Kräfte seiner Regierung bedienen, ohne die er sich nicht an der Macht halten könnte. Außenpolitisch ist er b) auf die militärische Unterstützung der US-Regierung angewiesen. Hierbei wiederum formulierte der ehemalige demokratische US-Präsident Joe Biden z. T. diametrale Forderungen (so etwa die Verweigerung von Waffenlieferungen vor dem Hintergrund der humanitären Lage der palästinensischen Bevölkerung in Gaza), die dessen (zur Wiederwahl dringend benötigten) Wählerklientel (z. B. junge Akademikerinnen und Akademiker) an Biden stellten.
3. Der am 20.04.2024 vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beantragte internationale Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bedeutet für Deutschland einen Interessenskonflikt. Einerseits zählt der besondere Schutz der Interessen Israels (und damit die Unterstützung der amtierenden Regierung) zur Staatsräson deutscher Außenpolitik. Andererseits unterstützt Deutschland auch uneingeschränkt die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs und müsste diesen im Fall eines Besuchs Netanjahus in Deutschland auch vollstrecken.
4. Politische Lage des ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden. Die Vereinigten Staaten sind ein traditioneller Unterstützer Israels und lassen dem Land vielfältige Hilfe in Form von Geheimdienstinformationen oder Waffen zukommen. Gleichzeitig hatte Biden die Präsidentschaftswahlen im November 2024 zu berücksichtigen. Hier sind es speziell die für ihn relevanten (und mit diametralen Interessen versehenen) Wählergruppen der jüdischen und muslimischen Menschen in Amerika, die er durch sein außenpolitisches Handeln für seine Wiederwahl zu gewinnen suchte.
Dreieck, das:
1. Geometrisches Figur (auch: Polygon) mit einfachsten, in der Ebene geschlossenen Linienzügen.
2. In verschiedensten Bereichen (Mathematik, Geografie, Verkehr, Politik, Religion u. v. a. m.) verwendetes Symbol mit unterschiedlichsten Bedeutungsinhalten.
3. a) Ein mit der Spitze nach unten gerichtetes rotes Dreieck wird als Symbol von der Terrororganisation Hamas verwendet, um Feinde und Mordopfer – insbesondere Jüdinnen und Juden – als Angriffsziele zu markieren. Dadurch wurde dieses spezifische D. zum Gegenstand der Diskussion, dass dessen Verwendung gemäß § 86 a StGB strafbar sein müsse. Dieses Anliegen gestaltet sich b) vor dem Hintergrund der Rechtsgüterabwägung (§ 86 a StGB vs. Art. 5 GG zur Meinungsfreiheit). Darüber hinaus ist c) zu bedenken, dass ein solches D. im Nationalsozialismus das Zeichen für politisch inhaftierte KZ-Häftlinge war. Die Überlebenden und Zeitzeugen verwenden dieses Symbol seit dem Ende des Krieges als Zeichen ihres Widerstands gegen politische Unterdrückung und Willkür sowie auch gegen Antisemitismus »und alles, wofür die Hamas stehe«.[11]
Drop-Zone, die:
1. Engl. für ›Abwurfzone/Abwurfbereich‹. Bezeichnet eng definierte Landmarken im Gazastreifen, um dort durch Flugzeuge wie einer Lockheed C-130 Hercules zielgenau Hilfsgüter für die notleidende palästinensische Bevölkerung abwerfen zu können.
2. Als D. fungieren möglichst wenige Gebiete bzw. unbesiedelte Gebiete wie Küstenabschnitte. Damit soll das Risiko minimiert werden, dass die gut eine Tonne schweren Hilfsgüterlieferungen im Falle eines Fallschirmversagens ungebremst auf dem Boden einschlagen und Menschen erschlagen: »Anfang März wurden durch einen Abwurf fünf Menschen getötet. […] Gerade erst sagten die USA einen Flug aus Sicherheitsgründen ab. Beim Überflug stellten die Piloten fest, dass ihre Abwurfzone – anders als auf den vorher studierten Satellitenbildern – keine Freifläche mehr war, sondern eine neu errichtete Zeltstadt für Flüchtlinge.«[12]
Dual-Use-Güter, die:
Engl. für Güter mit doppeltem Verwendungszweck:
1. Geräte, Waren und Technologien (einschl. Software), die sowohl für den zivilen als auch den militärischen Gebrauch einsetzbar sind.
2. Was zu den D. gehört, wird a) von internationalen Kontrollgremien in Aufstellungen zusammengefasst (z. B. Werkstoffe, Chemikalien, Telekommunikationsgeräte, Rechner, Elektronik) oder b) von einer Kriegspartei (z. T. willkürlich) festgelegt (wie etwa Sauerstoffflaschen, Krücken, Kinderspielzeug).
3. D. dürfen im Nahost-Konflikt nicht in den Gazastreifen eingeführt werden. Diese Richtlinie erfordert umfangreiche und zeitintensive Kontrollen an den Grenzübergängen. Findet sich beispielsweise auch nur ein Gegenstand auf der Ladung eines Lastwagens, wird i. d. R. die gesamte Lieferung abgewiesen.
[11] Steinke, Ronen (2024). »Dreieck mit Geschichte«. In: Süddeutsche Zeitung 160 v. 13./14.07., S. 1.
[12] Schweikle, Sina-Maria (2024). »Unterwegs zur Drop-Zone-28«. In: Süddeutsche Zeitung 72 v. 26.03., S. 3.
E
Erzfeind, der:
1. Durch das Anfügen der Vorsilbe (fachspr. Präfix) Erz- (altgr. ›Führung‹, ›an der Spitze stehend‹) an das Wort Feind erhält dieses eine bedeutungstechnische Steigerung/Verstärkung (fachspr. Augmentativbildung, wie auch bei Un- oder Maxi-). Diese Überhöhung i. S. v. ›der Erste/Höchste von‹ zeigt sich in Begriffen wie Erzengel, Erzbischof oder Erzherzog.
2. Die Beziehung zwischen Israel und dem Iran wird als Erzfeindschaft bezeichnet. Diese begann mit der Rückkehr von Ayatollah Khomeini (1902–03.06.1989) aus seinem französischen Exil nach Teheran am 01.02.1979 und der damit verbundenen Errichtung einer Islamischen Republik im Iran.
Eurovision Song Contest (ESC), der:
1. Seit 1956 jährlich stattfindender Musikwettbewerb, der einmal jährlich von der Europäischen Rundfunkunion (European Broadcasting Union, EBU) veranstaltet wird.
2. 2024 fand der 68. ESC vom 7. bis 11. Mai im schwedischen Malmö unter dem Motto »United by Music« (›Vereint durch Musik‹) statt.
3. Durch den Krieg zwischen Israel und Palästina wurden im Vorfeld des ESC 2024 Stimmen laut, welche die Teilnahme Israels unterbinden wollten. Am 9. Mai kam es in Malmö zu einer Demonstration mehrerer tausend Menschen, welche die Teilnahme Israels zu verhindern suchten. Darunter befand sich auch die Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg.
4. Während der ESC-Veranstaltung kam es zu direkten und indirekten Verurteilungen Israels durch Besucher/-innen, Künstler/-innen und Sendeanstalten.
5. Die Auftritte der israelischen Sängerin Eden Golan wurden neben besonders lautem Jubel auch von Buhrufen begleitet. Sie belegte im Finale mit 375 Gesamtpunkten den fünften Platz mit dem Lied »Hurricane« (›Hurrikan‹).
6. Der deutsche Sänger des ESC, Isaac, erklärte: »Mir wird vorgeworfen, wenn ich den ESC nicht boykottiere, sei ich Mittäter am Genozid in Gaza […]. Jetzt reißt euch mal zusammen, Leute […]. Wir sind einfach nur ein paar Dudes, die sich hier treffen und Musik machen. Der Titel der Veranstaltung ist ›United by Music‹.«[13]

[13] Rühle, Alex (2024). »Ein bisschen Frieden«. In: Süddeutsche Zeitung 108 v. 11./12.05., S. 3.
F
Falke, der; Falken, die:
1. Nahezu weltweit vorkommender Raubvogel.
2. In der Wortverbindung »Falken und Tauben« sind mit Falken die Vertreterinnen und Vertreter einer unnachgiebigen bis konfrontativen Handlungsalternative (sog. Hardliner) gemeint.
3. Während der Kubakrise im Oktober 1962 sprachen sich die Falken (Militärs im Verteidigungsministerium) für direkte Luftangriffe aus (mit dem hohen Risiko eines atomaren Weltkriegs), wohingegen die Tauben (Vertreter des Außenministeriums) für eine Seeblockade votierten.
4. In Israel gelten jene (im rechten Spektrum angesiedelten) Parteien als Falken, die das Prinzip »Frieden für Frieden« vertreten. Diese Formulierung verdeckt jedoch, dass diese Fraktion das Bestreben vorantreibt, viele bis nahezu alle besetzten Gebiete (> Gazastreifen, Westjordanland [vgl. auch Siedlungsbau]) langfristig vollständig zu annektieren.

Fatah, die:
Eine politische Partei, die formal für die palästinensischen Autonomiegebiete Gazastreifen und Westjordanland verantwortlich ist. Ihr Ziel ist die Errichtung eines demokratischen Staates Palästina. Politisch wird sie als säkulare, sozialdemokratische Kraft eingeordnet, die eine Zweistaatenlösung anstrebt.
Feigenblatt, das:
1. Blatt des Feigenbaums, der zu den ältesten domestizierten Pflanzen zählt.
2. Biblisches Symbol für die Erkenntnis von Nacktheit und Scham: Nach dem Sündenfall Adams und Evas bedeckten diese ihre Geschlechtsteile mit einem Feigenblatt (Gen 3,7).
3. Ein in der Kunst (oft auch nachträglich) genutztes Gestaltelement, um die Blöße von Figuren zu überdecken. So etwa in der Darstellung des »Jüngsten Gerichts« von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle (bei deren letzten Restaurierung weitestmöglich zurückgenommen).
4. Metaphorischer Ausdruck für eine Person oder einen Sachverhalt, die bzw. der eine (oft moralisch fragwürdige) Entscheidung verdecken soll (vgl. auch > Bauernopfer). Überwiegend handelt es sich dabei um abwertende (pejorative) Vorgänge oder Entscheidungen.
5. Bezeichnung für den israelischen Oppositionspolitiker Benny Gantz, der dem Kriegskabinett angehört. Dessen Berufung in dieses Gremium dient dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als lediglich vordergründige Möglichkeit einer breiteren Legitimation seiner Kriegsführung: »Was ein Rückzug von Gantz allerdings bringen würde, ist Klarheit – für die Israelis und für die Welt. Denn ohne Gantz als Feigenblatt ist deutlich zu erkennen, dass Netanjahu auf israelischer Seite allein verantwortlich ist für diesen Krieg, der seinen Sinn und sein Ziel verloren hat.«[14]
Fingernägel, die:
1. Farblose Keratinplatten am Ende der Oberseite aller zehn Finger (und Fußzehen). Sie unterstützen die Fingerfunktionen des Greifens und Haltens, indem sie durch Kratzen oder Kneifen/Abkneifen das mechanische Handlungsspektrum der Hand erweitern.
2. Mittel zur Verteidigung: Nachdem der ehemalige US-Präsident Joe Biden Anfang Mai 2024 Israel mit dem Stopp von Waffenlieferungen gedroht hat, falls Benjamin Netanjahu die Stadt Rafah in Gaza angreifen würde, ließ der israelische Ministerpräsident verlauten: »Wenn wir allein bestehen müssen, dann werden wir allein bestehen. Ich habe es bereits gesagt, dass wir notfalls mit unseren Fingernägeln kämpfen werden.«[15]

Flächenbrand, der:
1. Großflächiges Feuer (Steigerungsform eines lokalen Brandes), welches das Potenzial einer unkontrollierbaren Zerstörungskraft beinhaltet.
2. Metaphorische Bezeichnung eines Konflikts, der sich z. B. von einer Krise innerhalb eines Landes (oder einzelner Länder) zu einer internationalen Auseinandersetzung entwickelt.
3. Beschreibung der Gefahr, dass sich der Krieg zwischen Israel und Palästina durch eine offene und direkte Beteiligung des Irans und seiner Proxies zu einem F. ausdehnen könnte, der in einem > Armageddon endet: »Seit dem Hamas-Terrorüberfall am 7. Oktober liegt sein [ehemaliger US-Präsident Joe Biden, d. Verf.] Hauptaugenmerk darauf, die Ausweitung des Gaza-Kriegs zum regionalen Flächenbrand zu verhindern.«[16]

Fördergeld-Affäre, die:
Ausgangspunkt der F. war die Räumung von propalästinensische Protestcamps an der HU Berlin. In der Folge dieses Einschreitens haben hunderte Lehrende einen offenen Brief verfasst, in dem sie die Protest- und Meinungsfreiheit der Studierenden verteidigten. Dieses Schreiben wiederum veranlasste das Wissenschaftsministerium unter Leitung von Ministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), einen Prüfauftrag einzuleiten. Dieser sollte klären, ob die Unterzeichner strafrechtlich oder förderungsrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden können. Mutmaßlich sollte auch geklärt werden, ob die Fortführung laufender oder die Bewilligung zukünftiger Wissenschaftsanträge auf Forschungsförderungsmittel davon abhängig gemacht werden kann, ob sich die Forscherinnen und Forscher an dem offenen Brief beteiligten (ohne damit gleichzeitig inhaltlich mit den Forderungen der Protestierenden explizit übereinzustimmen). Damit wird jedoch unmittelbar der Aspekt der Wissenschaftsfreiheit berührt, auf den in einem weiteren Schreiben nahezu dreitausend Hochschullehrer/-innen hinwiesen – mit der gleichzeitig gestellten Forderung, die verantwortliche Ministerin Bettina Stark-Watzinger müsse zurücktreten. Die Rücktrittsforderung wies die Ministerin zurück und entließ (nach Meinung verschiedener Medien wie auch der Opposition als > Bauernopfer) ihre Staatssekretärin Sabine Döring.

Friedenskonferenz, die:
Meint hier die Pariser Friedenskonferenz vom 18.01.1919 bis 21.01.1920, welche zwischen den Siegern des Ersten Weltkriegs stattfand, um verschiedene territoriale, militärische oder reparatorische Bestimmungen (in den sog. Pariser Vorortverträgen; so auch mit Deutschland im Versailler Friedensvertrag) zu gestalten. Im Vertrag von Sèvres wurden die heute für Israel und Palästina relevanten Nachfolgereglungen für das Osmanische Reich geregelt. Palästina fiel damit unter die britische (Mandats-)Verwaltung.
Friedensplan, der:
1. Bezeichnet das Vorhaben, eine kriegerische Auseinandersetzung verfeindeter Parteien durch a) eine strukturierte Abfolge von Lösungsschritten sowie durch b) für die involvierten Staaten annehmbare Bedingungen (idealerweise) langfristig zu befrieden. Diese Bedingungen können
2. von a) den kriegsführenden Parteien ausgearbeitet werden. Möglich ist auch, dies durch b) unbeteiligte (neutrale) Vermittlerpersönlichkeiten oder -staaten zu bewerkstelligen.
3. Am 31.05.2024 stellte der ehemalige US-Präsident Joe Biden einen dreistufigen Friedensplan für den Israel-Palästina-Konflikt vor. Die erste Stufe ist demnach a) eine sechswöchige Waffenpause, die den vollständigen Abzug aller israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Israel Defense Forces, IDF) aus dem Gazastreifen beinhaltet. Ferner gibt die Hamas alle älteren, weiblichen und verletzten Gefangenen frei, während Israel inhaftierte Palästinenserinnen und Palästinenser aus der Geiselhaft entlässt. Die zweite Stufe beinhaltet b) die dauerhafte Einstellung aller Kämpfe sowie die Freilassung der verbliebenen israelischen > Geiseln, inklusive aller israelischer Soldaten. In der abschließenden dritten Stufe würde c) der Wiederaufbau des > Gazastreifens durch die USA, Europa sowie ausgewählte internationale Organisationen erfolgen. Vorgesehen ist hierfür ein Zeitfenster von drei bis fünf Jahren.
»From the River to the Sea«:
Die Vollform des Satzes lautet »From the River to the Sea, Palestine will be free« (›Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein‹).
1. Der Wahlspruch beinhaltet den Anspruch an ein freies Land Palästina, welches vom Fluss Jordan (»River«) bis zum Mittelmeer (»Sea«) reicht.
2. Ursprünglich wurde er von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den 1960er Jahren verwendet und beinhaltet die Forderung der Schaffung eines einzigen Staates Palästina ohne israelische Beteiligung.
3. Der Slogan wird von unterschiedlichsten palästinensischen Organisationen verwendet, so auch von der Terrororganisation Hamas.
4. Inhaltlich wird die Bedeutung des Spruches unterschiedlich ausgelegt. So enthält er z. B. a) die Vorstellung eines Staates Palästina ohne israelische Besatzung, aber auch b) eines einheitlichen Staates Palästina unter Beteiligung der palästinensischen und jüdischen Bevölkerung. Immer wieder wird er jedoch auch c) im Sinne einer konkreten und dezidierten Forderung nach der Vernichtung Israels formuliert.
5. Die schriftliche wie mündliche Verwendung des Ausspruches in Deutschland ist juristisch umstritten (§ 86 a Strafgesetzbuch). a) Die Generalstaatsanwaltschaft München entschied im November 2022, bei seiner öffentlichen Benutzung Ermittlungen wegen des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Vereinigungen aufzunehmen. b) Im März 2024 entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof dagegen, dass die Worte bei Demonstrationen erlaubt sein müssen.
Fruchtbarer Halbmond, der:
Region in Teilen des Nahen Ostens, welche als kulturhistorisches Ursprungsgebiet des Übergangs von der Jagd zu Ackerbau und Tierhaltung gilt (ca. 12.500–9.000 v. Chr.). Innerhalb seines Gebietes entwickelten sich früheste städtische Siedlungen (Eridu, Uruk), die ihrerseits die Kultur- und Sozialtechniken von Vorratshaltung, Arbeitsteilung und (zyklischer) Planung benötigten. Zudem wird innerhalb seines Ausdehnungsbereichs der biblische Garten Eden verortet.

Fußball-Europameisterschaft 2024, die:
1. Sportereignis, welches vom 14.06. bis 14.07.2024 in Deutschland (als Gastgeberland) ausgetragen wurde.
2. Der Verfassungsschutzbericht weist in seiner nationalen Einschätzung der Gefährdungslage darauf hin, dass bei Anschlägen durch islamistische Terroristen und deren Sympathisanten »auch mit komplexeren Anschlagsvorhaben zu rechnen«[17] sei. Der Bericht dokumentiert den islamistisch motivierten Fall, bei dem zwei schwedische Fußballfans am 16.10.2023 in Brüssel erschossen und ein weiterer Fan schwer verletzt wurden.
3. Die exponierte Stellung Deutschlands hinsichtlich seiner Staatsräson gegenüber Israel machte die Bundesrepublik zu einem mutmaßlich ausgesuchten Ziel antisemitischer und islamistischer Angriffe während des Sportereignisses.

[14] Münch, Peter (2024). »Ein Mann und sein Wort«. In: Süddeutsche Zeitung 131 v. 10.06., S. 4.
[15] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/biden-drohung-waffenlieferungen-reaktionen-netanjahu-trump-pistorius-100.html.
[16] Münch, Peter (2024). »Wut gegen Vernunft«.
[17] Bundesministerium des Inneren und für Heimat (2024). Verfassungsschutzbericht 2023, Berlin, S. 207.
G
Gast, der:
1. Person, die für einen vorübergehenden (meist willkommenen) Verbleib (z. B. Besuch, Urlaub) in einem fremden Haushalt, Hotel o. Ä. wohnt.
2. Im Arabischen lautet die transliterierte Bedeutung für G. Deif. Diese Bezeichnung trägt Mohammed Deif (eigentlich: Mohammed Diab Ibrahim al-Masri). Er ist Brigadechef der Qassam-Brigaden, gilt als einer der Hauptverantwortlichen des Angriffs auf Israel am > 7. Oktober 2023 und wird vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesucht. Seine Bezeichnung als Gast wird darauf zurückgeführt, dass er sich zum Eigenschutz nie lange an einem Ort aufhält. Die israelische Regierung bietet 100.000 Dollar für Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen. Am 13.07.2024 griff Israel ein Gebiet im Gazastreifen an, in dem sie Deif vermuteten, um diesen zu töten. »Khalil al-Hayya, einer der Führer der Hamas, sagte im Interview mit dem arabischen Sender Al Jazeera, Deif sei nicht getötet worden und mache sich über die Israelis lustig. Israels Premier Benjamin Netanjahu sagte am Samstag, es sei unklar, ob Deif getötet worden sei. […] Den Preis für den Angriff zahlen vor allem Zivilisten in der zur humanitären Zone erklärten Umgebung der Bonbardierung.«[18] Bei dem Angriff wurden nach palästinensischen Angaben rund 90 Menschen getötet, mehr als 300 verletzt.

Gazastreifen, der:
Zusammen mit dem Westjordanland eines der zwei Verwaltungsbezirke des Staates Palästina. Mit ca. 360 km2 und rund 2,1 Mio. Einwohnern der kleinere der beiden Palästina-Bestandteile (zum Vergleich: Westjordanland: ca. 5.800 km2 und ca. 3,2 Mio. Einwohner. München: 310 km2 und 1,5 Mio. Einwohner).
Geisel, die; Geiseln, die:
1. Person, die widerrechtlich (§ 239 StGB: »Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt«) gegen den eigenen Willen festgesetzt wird. Die Freiheitsberaubung geht meist einher mit Forderungen des Entführers/der Entführer – etwa Lösegeld oder politische Forderungen.
2. Der Frage, ob und wie eine Regierung bei politisch motivierten Geiselnahmen auf etwaige Forderungen der Geiselnehmer reagiert, hat in Deutschland Eingang in die Staatsräson gefunden.
3. Am Tag des Angriffs der Hamas auf Israel am > 7. Oktober 2023 wurden zahlreiche Menschen als G. in den Gazastreifen verschleppt. Dabei schwanken die Angaben über die Anzahl.[19] In allgemeinen Debatten wird von 240 Geiseln gesprochen.
4. Am 24.11.2024 trat eine durch Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas Feuerpause in Kraft, in deren Folge 105 Geiseln freikamen. Israel gab im Gegenzug 240 palästinensische Gefängnisinsassen frei. »Seither kämpfen die Angehörigen der verbliebenen Geiseln, unterstützt von einer riesigen Protestbewegung, vergeblich für ein neues Abkommen.«[20] Zu diesem Zeitpunkt werden noch ca. 130 Geiseln gefangen gehalten. Von diesen erklärte Israel 34 bereits als tot, wohingegen die Hamas die Zahl auf 70 Personen beziffert.
5. Am 08.06.2024 konnten weitere vier israelische Geiseln durch Vorbereitung der Spezialeinheit Mista’arvim befreit werden. Bei der Befreiungsaktion wurden zwischen 100 (Angaben Israels) und 270 Palästinenserinnen und Palästinenser (Angaben der Hamas) getötet.
Geolocation:
Zur Identifizierung und Rekonstruktion von Kriegshandlungen, insbesondere von Kriegsverbrechen, sollen Informationen aus Kriegsgebieten (z. B. exte aus Chats, Bilder, Videosgesammelt, analysiert und archiviert werden, damit sie evtl. in Strafverfahren als juristische Beweismittel Einsatz finden können. Dieses Verfahren wird bspw. von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Mnemonic angewendet, um zu prüfen, ob die IDF gezielte Strategien nutzt, um bspw. die Arbeit der Presse im Kriegsgebiet zu behindern oder gar zu unterbinden.

Global Positioning System: (kurz: GPS)
1. Weltweites System zur Positionsbestimmung zum Zweck der Navigation (z. B. bei der Zielort- und Routenbestimmung bei Bewegungen) bzw. Standortidentifikation (etwa in der Fotografie).
2. Das vom US-Verteidigungsministerium entwickelte Navigationssystem war ursprünglich zur Navigation und Standortbestimmung im militärischen Bereich vorgesehen. Diese ist in den gängigen Waffensystemen von Heer, Marine und Luftwaffe zu finden.
3. Die Störung des GPS-Signals ist Bestandteil der israelischen Kriegsführung. Zu Beginn des Krieges wurden GPS-Störungen schwerpunktmäßig im Norden und Süden des Landes vorgenommen, um z. B. Drohnenangriffe der Hisbollah und der Hamas zu verhindern. Im Laufe des Krieges wurden die Störungen immer mehr auch auf landesinnere Regionen ausgeweitet. Dadurch konnten Navigationssysteme in Autos oder von Kurierdiensten nicht mehr arbeiten.

[18] Dörries, Bernd (2024). »Ausgang ungewiss«. In: Süddeutsche Zeitung 161 v. 15.07., S. 6.
[19] Zum Vergleich: 239 Menschen bei: Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_Israel_und_Gaza_seit_2023); 253 Menschen bei: Münch, Peter (2024). »Militärischer Druck tötet die Geiseln«. In: Süddeutsche Zeitung 86 v. 13./14.04., S. 9.
[20] Münch, Peter (2024). »Militärischer Druck tötet die Geiseln«. In: Süddeutsche Zeitung 86 v. 13./14.04., S. 9.