Melange
Dieses französische Wort ist in Österreich geläufig, dort bezeichnet es eine Kaffeezubereitung. Ursprünglich hat es die ganz unspezifische Bedeutung ›Mischung‹, bezogen auf das Getränk eine Mischung von Kaffee und Milch. Mischen oder vermengen kann man nun aber vielerlei, seien es Lebensmittel, Spielkarten, chemische Substanzen oder eben auch sprachliche Bausteine.
Ein Beispiel für Letzteres fand sich kürzlich in einer renommierten deutschen Wochenzeitung. Dort war zu lesen, jemand habe etwas (wer und was tut an dieser Stelle nichts zur Sache) »aus freiwilligen Stücken« getan. Nun kann man im herkömmlichen Sprachgebrauch entweder etwas »aus freien Stücken« oder aber »freiwillig« tun. Die »freiwilligen Stücke« sind das Resultat einer Mischung aus beidem, eben eine Melange. Es handelt sich gewissermaßen um das Gegenteil des ebenfalls allseits bekannten Phänomens, dass jemandem ein Wort oder eine Wendung »auf der Zunge« liegt, etwas, das die Person dann jedoch vergeblich in ihrem sprachlichen Gedächtnis sucht. Bei der Melange dagegen fällt einer Person statt zu wenig (nämlich keinem Wort oder keiner Wendung) zu viel ein, also gleich mehrere, die sich schließlich mischen.
Manchmal ist nicht ganz klar abzugrenzen, ob eine Wendung tatsächlich eine Mischung aus mehreren anderen ist oder im Sprachgebrauch (zum Beispiel in bestimmten regionalen Varianten) nicht doch tatsächlich so existiert. Bundespräsident Horst Köhler äußerte anlässlich der Olympischen Sommerspiele 2004 mahnende Worte darüber, dass man keine überzogenen Ansprüche an die Athleten stellen sollte und nicht nur den Gewinn einer Medaille als Erfolg werten. Seine Formulierung: »Wir sollten die Sportler nicht zusätzlich unter Druck setzen. Ich glaube, wir sollten die Tassen im Schrank lassen.« Diese Äußerung wurde oft zitiert als eine Art Stilblüte, wohl aufgefasst als eine Vermengung von »die Kirche im Dorf lassen« und »nicht alle Tassen im Schrank haben«. Allerdings ist die Wendung »die Tassen im Schrank lassen« mit der Bedeutung ›besonnen bleiben‹ zum Beispiel in Küppers Lexikon der deutschen Umgangssprache verzeichnet, scheint aber vielen Sprecherinnen und Sprechern nicht geläufig zu sein, denen sie dann merkwürdig erscheint. Nun stehen die nächsten Olympischen Winterspiele an, und wenn es da die eine oder andere Medaille zu feiern gibt, kann man ja – um mit einem anderen Politiker zu sprechen – zur Feier des Ereignisses »ein Glas Sekt aufmachen«. Damit wäre der Bogen zurück zu den Getränken geschlagen, wenngleich hier keine Mischung von Kaffee und Milch stattfindet, sondern eine Vermengung der Flasche Sekt, die man öffnet, und dem Glas Sekt, das man gemeinhin ohne weitere handwerkliche Anstrengung leeren kann.
Nicola Frank