Nur …
Es gibt in der Sprache so manche Wörter, die vollkommen unauffällig sind, so unauffällig, dass sich niemand – oder allenfalls vereinzelte Sprachwissenschaftler und Philosophen – jemals über sie Gedanken macht. Dazu zählen etwa die Konjunktionen und und oder, aber auch das Wort nur. Dass man sich im alltäglichen Sprachgebrauch über Wörter dieser Art kaum einmal den Kopf zerbricht, bedarf wohl keines Beweises. Hin und wieder aber kommt es vor, dass in ganz profanen Zusammenhängen ein solches Wort auftaucht und dann doch Anlass zum Nachdenken gibt.
Ein Beispiel: Derzeit wird ein Joghurt in einem Fernsehspot vom Hersteller mit der Aussage beworben, er enthalte »nur drei natürliche Zutaten«. Diese Aussage ist in sprachlicher Hinsicht eindeutig zweideutig. Sie kann bedeuten: ›Der Joghurt enthält genau drei Zutaten, und alle diese Zutaten sind natürlich.‹ Bedeuten kann sie aber auch: ›Der Joghurt enthält eine nicht näher bezeichnete Anzahl an Zutaten, und von denen sind immerhin drei natürlich.‹ Zweiteres wäre unter werberischen Gesichtspunkten keine besonders vorteilhafte Aussage, weil die potentiellen Käuferinnen und Käufer daraus schließen müssten, dass das Produkt eine womöglich riesige Menge an künstlichen (die Lebensmittelindustrie nennt das ja gerne und legal naturidentischen) Zutaten enthält neben den dreien, die natürlich sind. Der gesunde Menschenverstand spricht nun sehr dafür, dass der Hersteller die erste Bedeutung der Aussage im Sinn hatte und nicht die zweite. Das ändert jedoch nichts daran, dass »nur drei natürliche Zutaten« in beiden Weisen verstanden werden kann.
Auf der Internetseite wird das Produkt übrigens angepriesen mit der Formulierung »Nur drei natürliche Zutaten – sonst nichts«, was die beabsichtigte Lesart (dass der Joghurt also salopp formuliert Natur pur ist) sehr befördert. Gleichwohl steht zu vermuten, dass mehr Menschen den recht missverständlich gehaltenen Fernsehspot kennen als die betreffende Internetseite, denn wer macht sich für den Kauf eines Milchprodukts schon die Mühe einer vorherigen Internetrecherche? Allenfalls kann der Hersteller hoffen, dass nicht alle Fernsehzuschauer so genau hinhören und Interpretationen der Werbeaussage abwägen, wie es in diesem Text geschieht. Da aber heutzutage die Verbraucher ohnehin furchtbar misstrauisch geworden sind, was Lebensmittel, deren Herstellung und Zusätze angeht, sollten sich die Herstellerfirmen vielleicht etwas besser in Acht nehmen, damit ihre Werbung nicht nach hinten losgeht. Und Werbetexter müssten einmal ganz genau hinschauen auf das, was sie da texten, bis hin zu einem unscheinbaren Wort wie nur.
Nicola Frank