Scheiden tut weh
Was im wahren Leben für so manche Ehe gilt und auch im Volkslied festgehalten ist (im volkstümlichen fränkischen Original als »Schätzchen ade«, nach dem Text von Hoffmann von Fallersleben, dort als nicht besonders wehmütiger Abgesang auf den Winter), könnte man auch für die Silbentrennung im Deutschen anwenden. Diese ist in den meisten Fällen zwar ganz unproblematisch und auch nicht sehr schmerzhaft (etwa wenn nach Sprechsilben getrennt wird ge-ge-be-nen-falls oder bei Wortzusammensetzungen die einzelnen Bestandteile getrennt werden Tisch-bein), aber Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.
Es gibt nämlich hin und wieder Probleme, bei denen Trennungen, die nicht einmal regelwidrig sind, doch irgendwie »wehtun«. So kam mir unlängst das Wort Wahlkreischeck unter die Augen, das bereits ohne Silbentrennung ein ästhetisch etwas zweifelhaftes Vergnügen ist, um nicht zu sagen: gar keines. In jedem Fall aber ist es eine ganz reguläre Wortbildung. Der hintere Teil stammt zwar aus dem Englischen, macht das ganze Wort aber auch nicht regelwidrig. Schwierig kann es dann aber werden, wenn es an die Silbentrennung geht. Die ist aus dem Sprachgefühl heraus alles andere als komplex, die Sprechsilben decken sich eins zu eins mit den Wortbestandteilen, getrennt wird also (bei Bedarf) Wahl-kreis-check. Unter Umständen böte es sich sogar an, auch ohne notwendige Silbentrennung am Zeilenende einen Bindestrich einzufügen, um das Wort übersichtlicher zu gestalten, also Wahlkreis-Check zu schreiben. In der unübersichtlicheren Schreibweise ohne Bindestrich könnte man die Zusammensetzung allerdings sowohl anders lesen als auch anders trennen, nämlich Wahl-kreisch-eck.
Man könnte nun einwenden, dass diese Einteilung in Wahl, kreisch und eck drei Bestandteile aufweist bzw. aufwiese, die im Deutschen zwar zweifelsohne vorkommen, die jedoch zusammen keinen rechten Sinn ergeben. Aber: Mit dem Sinn ist das ja so eine Sache für sich, und vielleicht möchte sich manch politikverdrossener Mensch eher in ein Eck zurückziehen und kreischen, anstatt sich von einem politischen Magazin erläutern zu lassen, wie die Verhältnisse in sämtlichen deutschen Wahlkreisen zu einem bestimmten Zeitpunkt aussehen, in den letzten Legislaturperioden aussahen und nach der nächsten anstehenden Wahl möglicherweise aussehen werden. Hier soll nun nicht der um sich greifenden Wahlmüdigkeit das Wort geredet werden, aber Wahlkreischeck ist als Zusammensetzung doch einfach zu einladend, als es unbeachtet vorbeiziehen zu lassen.
Nicola Frank