Sind Sie auch gut aufgestellt?

Möglicherweise ist es Ihnen auch schon einmal aufgefallen: Früher konnte man von einer Fußballmannschaft sagen, sie sei gut aufgestellt, wenn der Trainer unter den ihm zur Verfügung stehenden Spielern diejenigen ausgewählt hat, die besonders erfolgreich zusammen agieren. Auch von einem Regal konnte man behaupten, es sei gut aufgestellt, wenn es bei Berührung weder in sich zusammenfiel noch umkippte.

Behauptungen dieser Art sind gegenwärtig immer noch möglich. Wenn man aber die Wortfolge »gut aufgestellt« in eine Internetsuchmaschine eingibt und die Trefferanzahl beträchtlich über einer Million liegt, drängt sich der Verdacht auf, dass es sich (bei aller Beliebtheit der Sportart Fußball) hier nicht nur um Fußballmannschaften oder Möbel handeln kann. Hier nun eine kleine Auswahl aus den Treffern, wer oder was heutzutage alles gut aufgestellt ist: Die Kreisfeuerwehr Heilbronn ist »für den Notfall gut aufgestellt«, aber auch Deutschland insgesamt ist gut aufgestellt, desgleichen Indien. Gut aufgestellt sind weiterhin die CDU, die SPD, die FDP, die Linke sowie das Bundeskriminalamt und die Braunschweiger Innenstadt.

Nun ist es nicht so, dass diese Verwendung gänzlich neu wäre. So verzeichnet das Deutsche Wörterbuch von Wahrig (2006) »ein gut aufgestelltes Unternehmen« und erläutert die Bedeutung von aufgestellt mit ›eine bestimmte (wirtschaftliche) Position einnehmend‹. Jochen A. Bär widmete der Wendung »gut aufgestellt« mit der Bedeutung ›im Wettbewerb [gut] positioniert‹ bereits im Jahr 2004 einen Beitrag in der Zeitschrift Sprachspiegel. Der Schriftsteller Burkhard Spinnen legte 2008 einen »kleinen Phrasenführer durch die Wirtschaftssprache« vor – so der Untertitel. Der Titel lautet: Gut aufgestellt.

Wie die oben angeführten Beispiele jedoch zeigen, hat sich »gut aufgestellt« inzwischen weit über die Wirtschaftssprache hinaus verbreitet. Bei Parteien etwa ist die Übertragung noch gut nachvollziehbar, schließlich arbeiten dort wie in Wirtschaftsunternehmen oder Fußballmannschaften auch Menschen zusammen, die bestimmte Ziele verfolgen. Der Gebrauch wird aber auch auf wesentlich abstraktere Verwendungen ausgedehnt, wie etwa das Beispiel der Braunschweiger Innenstadt zeigt. In der Wirtschaftsrubrik von Focus Online behauptet gar eine einzelne Person über sich: »Ich denke, ich bin gut aufgestellt.« Dieser Mensch meinte damit, wie der Kontext verrät, allerdings lediglich, dass er seine persönlichen Finanzen gut geordnet habe. Durch diese inflationäre Verwendung wird die Bedeutung von gut aufgestellt nicht unbedingt klarer. Klar ist aber Folgendes: Wenn alle so gut aufgelegt wie nach eigenem Bekunden aufgestellt sind, muss man sich um die gute Stimmung nicht sorgen.

Nicola Frank