super
Eine bekannte deutsche Supermarktkette hat jüngst einen kurzen Werbefilm produziert, der zwar nur im Internet veröffentlicht wurde, aber dennoch mittlerweile in aller Munde ist. In diesem Film tanzt und singt ein dicklicher, bärtiger, älterer Mann mit Sonnenbrille und Anzug, in seinem Lied kommt immer wieder das Adjektiv super in Verbindung mit weiteren Wörtern vor:
»Superheftig, superdeftig, superlässig – supergeil! […]
Superfreunde, superspritzig, Superparty – supergeil!«
Ist das unterhaltsam? Ist das abgeschmackt? Das muss wohl jeder für sich entscheiden. Für uns zumindest bietet der Film Anlass, das Wort super und seine heutigen Verwendungsweisen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Super geht zurück auf das Lateinische und trägt die ursprüngliche Bedeutung ›oben, (dar)über, über … hinaus‹; wir kennen es heute vor allem umgangssprachlich als ›sehr gut, großartig, hervorragend‹: »die Party war super«, »das neue Auto fährt super«.Tritt super- adverbial in Verbindung mit Adjektiven auf, wirkt es hingegen emotional verstärkend, je nach Kontext entweder in positiver oder in negativer Art und Weise mit der Bedeutung ›besonders, über alle Maßen‹: superweich ›besonders weich‹, superdämlich ›besonders dämlich‹, supergroß ›besonders groß‹. In einem Kompositum mit einem Substantiv als Grundwort drückt super- einerseits aus, dass das so Bezeichnete als ausgezeichnet angesehen wird (Superauto, Superwetter), andererseits markiert es – wiederum je nach Kontext mit entweder positiv oder negativ verstärkender Wirkung – einen besonders hohen Grad, ein großes Ausmaß dessen: Supergage, Superstuss. Außerhalb der Umgangssprache hat super- in Komposita auch die neutralere Bedeutung von ›übergeordnet, zu sehr, Überschuss‹: Supernova, Super-GAU, Supermacht und auch Supermarkt.
Das Adjektiv super im Sinne von ›hervorragend‹ ist seit Jahrzehnten im deutschen Wortschatz fest verankert. Ganz subjektiv halten es dabei einige für ein »neumodisches Wort« – das es allerdings so gar nicht ist. Als »unabhängiges« umgangssprachliches Adjektiv wurde super nach 1945 nach angloamerikanischem Vorbild zunächst in die Jugendsprache übernommen, hat diesen recht begrenzten Verwendungsbereich jedoch längst verlassen. Als erstes Glied in Komposita war super- dagegen schon im Frühneuhochdeutschen gebräuchlich – selbst im Lateinischen wurde super– schon in Komposita verwendet, zunächst in der Bedeutung ›über (hinaus), darüber‹, später auch im Sinne von ›in hohem Maße‹ – und ist laut Wörterbuch der Brüder Grimm bis ins 20. Jahrhundert hinein (aus heutiger Sicht ist zu korrigieren: bis ins 21. Jahrhundert hinein) beliebt. Fest zusammengewachsen sei super– jedoch bis dato nur in den Fügungen superfein – ein Wort, das schon im 16. Jahrhundert mit der Bedeutung ›ausgezeichnet‹ aus der Kaufmannsprache in den allgemeinen Wortschatz übernommen wurde –, superklug, superweise, bei allen anderen Zusammensetzungen handele es sich um Gelegenheitsbildungen, deren Möglichkeiten jedoch beinahe unerschöpflich seien (vgl. Grimm: »Deutsches Wörterbuch«, Band 10, Leipzig 1942). Diese Unerschöpflichkeit zeigt sich heute wahrscheinlich deutlicher denn je: Bei Grimm sind unter anderem bereits aufgeführt supergarstig, superfaul, superheilig, Superverstand, Superwitz, aktuelle Nachschlagewerke weisen viele weitere feste Verbindungen nach: superleicht, superschlau, superschnell, supermodern, Superstar, Supermann, Supertanker, …
Ohne dies genauer überprüft zu haben, steht die Vermutung im Raum, dass sich super mit jedem beliebigen Adjektiv oder Substantiv verbinden lässt. Inwiefern dabei ein »spöttisch-ironische[r] unterton, durch den der verfasser die unnatürliche überspanntheit einer haltung oder eines anspruchs aburteilend kennzeichnen will«, (ebd.) zum Tragen kommt, muss im Ganzen ebenso unergründet bleiben und ist im Einzelfall zu analysieren – womit sich der Kreis zum eingangs erwähnten Werbefilm schließen dürfte.
Frauke Rüdebusch