Verständliche Rechtssprache

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Die Rechtssprache ist eine Fachsprache, die in den Bereichen Justiz, Verwaltung und privatem Rechtsverkehr zur optimalen Verständigung unter Fachleuten verwendet wird. Sie umfasst sowohl die Sprache der rechtlichen Normen (Gesetze, Verordnungen, Kommentare usw.) als auch die Verwaltungssprache, die zur Umsetzung von Gesetzen gebraucht wird (Anweisungen, Bescheide, Mahnungen usw.). Für die Rechtssprache gilt, dass Gesetze »sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein« müssen (§ 42 Abs. 5 GGO). Sie lassen sich jedoch nicht beliebig vereinfachen, da juristische Präzision und Rechtssicherheit gewährleistet sein müssen.

Wie sieht die Arbeit der GfdS im Bereich der Rechtssprache konkret aus?

Der Redaktionsstab der GfdS beim Deutschen Bundestag ist für die Sprachprüfung in der parlamentarischen Phase der Gesetzgebung zuständig. Seine Aufgabe ist es, einen Gesetzentwurf auf sprachliche Richtigkeit und Verständ­lichkeit zu prüfen und dem Parlament darüber hinaus sprachliche Beratung anzubieten.

In der parlamentarischen Phase der Gesetzgebung kann der Redaktionsstab Regierungs-, Fraktions- und Bundesratsentwürfe zur Prüfung erhalten, aber auch Beschlussempfehlungen, Änderungsanträge und Bitten um Formulierungshilfen. Die Fraktionen und der Bundesrat haben darüber hinaus die Möglichkeit, ihre eigenen Gesetzentwürfe schon früher durch den Redaktionsstab prüfen zu lassen. Manchmal ergreift der Redaktionsstab aber auch selbst die Initiative und schickt den jeweils zuständigen Stellen Anmerkungen zu den als Bundestagsdrucksachen veröffentlichten Entwürfen. Für die Sprachprüfung ist kein konkreter Zeitpunkt festgelegt; der Redaktionsstab kann eingebunden werden, solange noch Änderungsspielraum vorhanden ist.

Der Redaktionsstab passt sich an die Arbeitsabläufe des Parlaments an und richtet sich in Bezug auf Umfang und Tiefe der Sprachprüfung nach den Wünschen der auftraggebenden Person oder Stelle. Insofern kann der Prüfauftrag einem einzigen Satz, ausgewählten Paragrafen oder dem kompletten Normtext gelten. Zu unterscheiden ist, ob es lediglich um sprachliche Richtigkeit geht oder darüber hinaus um Verständlichkeit.

Was ist das Ziel?

Ziel der Sprachprüfung ist es, die in der ministeriellen Phase von der Sprachberatung im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz begonnene Arbeit sinnvoll fortzusetzen und mit dafür zu sorgen, dass das im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Gesetz möglichst verständlich und klar formuliert ist. Folgende Faktoren sind dafür ausschlaggebend: der Adressatenkreis des Gesetzes, die Eigenheiten der Rechtssprache als Fachsprache, die Erkenntnisse der Verständlichkeitsforschung sowie die Vorgaben des Handbuchs der Rechtsförmlichkeit (HdR) und des Leitfadens Erstellung von Beschlussempfehlung und Bericht. An der Einschränkung »möglichst verständlich« zeigt sich aber, dass es im Hinblick auf den Grad der Verständlichkeit Grenzen gibt, ist es doch die Rechtssicherheit, die im Zweifelsfall Vorrang vor der Verständlichkeit hat.

Wer arbeitet im Redaktionsstab?

Unsere Mitarbeitenden in Berlin sind in erster Linie der Sprachwissenschaft verschrieben; entsprechend bearbeiten sie die Texte aus der Perspektive von Nicht-Juristinnen und Nicht-Juristen. Parteiisch sind sie dabei lediglich im Hinblick auf die sprachliche Richtigkeit und Verständlichkeit; politisch, fachlich und juristisch dagegen sind sie zur Neutralität verpflichtet. Mit diesem neutralen Blick von außen unterbreiten sie Vorschläge für bessere Formulierungen und dürfen dabei prinzipiell weder den Inhalt des Textes verändern noch seine juristische und/oder fachliche Präzision beeinträchtigen. Der Redaktionsstab ist sehr an Beratungen über den Text interessiert, soweit sich dies innerhalb des knappen Zeitplans des Gesetzgebungsprozesses realisieren lässt, denn die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass im Zusammenspiel der beteiligten Fachleute aus Rechtswissenschaft, anderen Fachgebieten und Sprachwissenschaft die besten Lösungen entstehen. Wenn es gewünscht wird, nimmt das Team des Redaktionsstabs daher auch an Berichterstattungsgesprächen und Sitzungen von Fachgremien teil, um die sprachlichen Hinweise genauer zu erklären oder ins Gespräch über den Gesetzentwurf einzutreten.

Ist das Parlament verpflichtet, den Redaktionsstab hinzuzuziehen?

Nach der Regelung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) ist das Parlament nicht verpflichtet, den Redaktionsstab in die Arbeit an Entwürfen einzubinden. Dementsprechend gehen zwar nach wie vor viele Änderungsanträge ohne sprachliche Prüfung zur Abstimmung ins Parlament, die Zahl der Beteiligungen steigt aber tendenziell.

Welche Regeln gelten in Bezug auf Verständlichkeit?

Abb. Treppe zur Verständlichkeit © Redaktionsstab der GfdS

Wie die Abbildung zeigt, geht es im Bereich der sprachlichen Richtigkeit vorwiegend um die korrekte Anwendung der Regeln der deutschen Orthografie, Interpunktion und Grammatik. Fehler in diesen Bereichen, wie ein falsches Komma oder ein falscher Bezug aufgrund eines Verstoßes gegen die Regeln der deutschen Grammatik, können zwar auch einen Einfluss auf den Sinn des Textes und auf seine Verständlichkeit haben; im eigentlichen Sinne um Verständlichkeit geht es allerdings erst auf den Ebenen darüber: Wörter müssen präzise, treffend, angemessen sein, möglichst nah an der Alltagssprache, modern, wobei es sich jedoch nicht um Modewörter handeln darf; ein wichtiges Prinzip ist, dass Gleiches gleich benannt sein muss. Sätze sollten kurz sein, längere gut gegliedert; die Aussagen sollten einfach, knapp, klar und kohärent sein, der Verbalstil sollte den Vorzug vor dem Nominalstil erhalten und das Aktiv vor dem Passiv, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch sollten Verbal- und Nominalklammern nicht durch zu viele Elemente überdehnt werden. Für den Umfang von Absätzen und Paragrafen gibt es Vorgaben, die dazu beitragen, den Regelungsgehalt bereits auf dieser Ebene zu strukturieren und den Text zu gliedern. Auf der Textebene schließlich wird die Textstruktur insgesamt überprüft.

Daneben sind bestimmte Formulierungen für Gesetze durch das Handbuch der Rechtsförmlichkeit festgesetzt. Selbst wenn bei einem Abweichen von diesen Vorgaben sprachlich richtige Sätze entstehen, sind diese im Zusammenhang mit der Textsorte Gesetz falsch.

Seminare und Workshops zur Rechtssprache als Fachsprache

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