Kasus nach wegen

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[F] Ich war mir eigentlich immer sicher, dass ich nach dem Wort wegen mit dem Genitiv anschließen muss. Neulich bin dann aber auf die Formulierung »Kündigung wegen Sachmängel« gestoßen. Hier liegt zwar der Genitiv vor, ja, aber es klingt irgendwie nicht richtig. Könnte es hier heißen: »Kündigung wegen Sachmängeln«?

[A] Die Präposition wegen wird laut »Duden – das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle« (9. Auflage, Berlin 2021) im geschriebenen Standarddeutsch in der Tat mit dem Genitiv verwendet. Weiter heißt es: »Im gesprochenen Standarddeutsch hat sich daneben auch der Gebrauch mit dem Dativ etabliert ‒ beide Formen sind hier korrekt.« Der Dativ gilt also inzwischen nicht mehr als falsch, ist jedoch gerade schriftsprachlich nach wie vor nicht üblich. Allerdings wird in »den sprachlichen Zweifelsfällen« auch darauf hingewiesen, dass im Schriftsprachlichen in bestimmten Ausnahmefällen auf den Dativ zurückgegriffen wird – u. a., wenn wegen auf ein Substantiv im Plural folgt. Und das trifft auf Ihre konkrete Frage zu.

Sehen wir uns das einmal genauer an. Die Genitivform des Wortes Sachmangel (hier im Plural gebraucht) lautet Sachmängel, wie etwa an folgendem Beispiel zu sehen ist: »Die Prüfung der Sachmängel [nicht: Sachmängeln] dauerte zwei Stunden.« Dennoch ist in der angefragten Formulierung »wegen Sachmängeln« die standardsprachlich korrekte Form. Der Grund dafür ist, dass in der vorliegenden Konstruktion kein Artikel die Genitivform anzeigt und auch die Wortform selber keinen Aufschluss darüber gibt, dass es sich um einen Genitiv handelt. In der Deklination lauten nämlich die Pluralformen von Nominativ, Genitiv und Akkusativ gleich. Erkennbar würde der Genitiv demnach nur dann, wenn ein Artikel vorangestellt wäre, vgl.: der Sachmängel (Genitiv) gegenüber die Sachmängel (Nominativ oder Akkusativ). Daher wird in diesen Fällen, gewissermaßen als Ausweichform, der Dativ verwendet, weil nur dieser formal gekennzeichnet ist, eben durch die Endung -n. So liegt hier also eine Ausnahme vor, bei der auch im geschriebenen Standarddeutsch wegen mit dem Dativ verwendet werden sollte.

Unterscheiden muss man diese Ausnahme freilich von den vom Duden als umgangssprachlich oder regional charakterisierten Gebrauchsweisen des Typs »Wir sind wegen dem schlechten Wetter zu Hause geblieben«. Hier gibt es keinen Grund, auf eine eindeutige Form auszuweichen, da die Genitivform »wegen des schlechten Wetters« sowohl durch den Artikel als auch durch die Endung des Nomens gekennzeichnet ist. Dass in den fraglichen Fällen Unsicherheiten auftreten, ist jedoch auch naheliegend, denn gerade der korrekte Gebrauch des Genitivs gilt vielen Sprachbenutzern als Ausweis einer gepflegten Sprache. Und so wird auch in einem Fall, der eigentlich eine Ausnahme von der Regel darstellt (Kündigung wegen Sachmängeln), häufig der Genitiv verwendet (Kündigung wegen Sachmängel).

aktualisiert: August 2023