9. Juli 2018
18. Wenn aus Sport Show wird – Die Sprache der Liveberichterstattung
Wie nicht nur den eingefleischten Fußballfans bekannt sein dürfte, haben sich Großveranstaltungen des Fußballs, allen voran WM und EM, zu einem mächtigen Medienereignis entwickelt. Kerstin Jung (heute: Tränkle-Jung) spricht bei einer Fußballweltmeisterschaft von einem der wichtigsten Sportereignisse, die live im TV übertragen werden:
»[D]ie eigentliche Liveübertragung eines Fußballspiels [wird] oft in ein ausgedehntes Rahmenprogramm eingebettet […]. Durch ein Spannung erzeugendes Vorprogramm und eine oder verschiedene Sendungen nach der Liveübertragung mit Rückblenden, Portraits, Experten- und Sportlerinterviews gewinnt das Ereignis an medialem Volumen […]. Der Mediensport ist heute also als ein integraler Teil der modernen Unterhaltungsindustrie anzusehen und wird im Fernsehen in zunehmendem Maße als große, bunte und spektakuläre Show mit maximalem Unterhaltungseffekt repräsentiert. González Ramallal […] spricht in diesem Kontext von einer zunehmenden Inszenierung des Fußballs als Sportspektakel.« (Jung 2009: 144; vgl. auch Knobbe 2000: 60, Ramallal 2003: 2)
»Durch die Liveübertragungen im TV erhält der Fußballsport eine neue Dimension. Während der Fußball-WM in Deutschland wurde die Inszenierung des Sportspektakels durch eine weitere Komponente noch deutlich multipliziert: das Public Viewing. Das Public Viewing auf Fanmeilen oder bei Großveranstaltungen verlieh der Fußball-WM 2006 eine noch größere Eventdimension […]. Beim Public Viewing wird das Erlebnis beim gemeinsamen Schauen des Spiels durch die Masse der Zuschauer gesteigert. So erhält die Liveübertragung noch mehr Erlebnischarakter.« (Jung 2009: 144; vgl. auch Gerhard 2006: 472)
»Die Entwicklungen im Mediensektor haben auch Auswirkungen auf den Livekommentar. Durch den wachsenden Konkurrenzkampf um Zuschauer und Quoten muss ein Programm den Wünschen des Fernsehpublikums gerecht werden, das einen gewissen Unterhaltungseffekt erwartet. Die Fernsehsender stehen unter Zugzwang, eine ansprechende und somit lukrative Berichterstattung über das Fußballevent zu präsentieren […]. Um die Einschaltquoten zu sichern, braucht die Fußballberichterstattung im TV einen attraktiven Livekommentar, der das Spiel ausschmückt und die Übertragung zur Show macht.« (Jung 2009: 145, vgl. auch Gleich 2000: 511)
Bleiben Sie gespannt – in den nächsten beiden Beiträgen kommen wir auf die interkulturellen Unterschiede von Livekommentaren und die sprachlichen Köder, die sie zur Aufmerksamkeitssteigerung auswerfen, zu sprechen.
Die weiteren bislang veröffentlichten Beiträge finden Sie auf dieser Seite.
Quellen:
Gerhard, Heinz (2006): Analyse der Zuschauerakzeptanz bei Fußball-Weltmeisterschaften 1954 bis 2006: Die Fußball-WM als Fernsehevent. In: Media Perspektiven 9/2006, S. 465–474.
Gleich, Uli (2000): Sport und Medien – ein Forschungsüberblick: Merkmale und Funktionen der Sportberichterstattung. In: Media Perspektiven 11/2000, S. 511–516.
Gonzáles Ramallal, Manuel (2003): La configuración del fútbol espanol como deporte espectáculo, http://www.efdeportes.com/efd66/espect.htm, 28/05/2018.
Jung, Kerstin (2009): Fußball als Medienereignis: die mediale und sprachliche Inszenierung von Fußballevents als Sportspektakel. In: Armin Burkhardt/Peter Schlobinski (Hgg.): Flickflack, Foul und Tsukahara. Der Sport und seine Sprache (= Duden, Thema Deutsch, Band 10). Dudenverlag, S. 143–159.
Knobbe, Thorsten (2000): Spektakel Spitzensport. Der Moloch aus Stars, Rekorden, Doping, Medienwahn, Sponsorenmacht. Münster.