16. Juli 2024

Barbaras Rhabarberbar: Ein Zungenbrecher, der zeigt, wie fröhlich die deutsche Sprache sein kann

© Marti Fischer

Barbarisch witzig und kein bisschen süß-sauer: Das sind die Teile 1 und 2 von »Barbaras Rhabarberbar«, eben jene gerappten deutschsprachigen Zungenbrecher des Musikkabarettisten Bodo Wartke und seines Kollegen, des Musikers und Parodisten Marti Fischer, die seit Monaten in den sozialen Medien um die Welt gehen. Sie machen gute Laune, zwingen zum Mitswingen und zeigen, dass die deutsche Sprache überhaupt nicht hart oder gar aggressiv wirken muss, sondern geradezu charmant daherkommen kann: Dies ist ein Blick auf zwei Zungenbrecher, die Hunderttausende in ihren Bann gezogen haben – und auf die stilistischen Mittel, die sie enthalten.

Franzosen, Engländer und viele andere haben versucht, die Texte in ihre Muttersprache zu übersetzen, Tänzer aus der ganzen Welt drehen Kurzvideos zu den gerappten Zungenbrechern und laden sie auf Instagram und TikTok hoch – während die meisten aus der alten und neuen Welt, die kein Deutsch sprechen, den Inhalt kaum verstehen dürften. Doch aus irgendeinem Grund lieben viele Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, die Geschichte über Barbara und ihre Rhabarberbar.

Es war einmal in einem kleinen Städtchen, da lebte ein Mädchen namens Barbara, und dieses Mädchen war im ganzen Land für ihren abartig guten Rhabarberkuchen bekannt.

So fängt »Barbaras Rhabarberbar« an, über die sogar die New York Times berichtete und sich überrascht zeigte, wie erfolgreich Wartke und Fischer damit sind: »Ihr albernes Liedchen« habe seinerzeit mehr als 47 Millionen Aufrufe auf TikTok gehabt, und »für einen kurzen Moment schlug Barbara in einigen Online-Streaming-Charts Beyoncé«, heißt es dort.[1] Die Neue Zürcher Zeitung nennt den Clip »so etwas […] wie den unwahrscheinlichsten Sommerhit des Jahres«. Wartke, der auch als Pianist und Chansonnier bekannt ist, hat zuvor schon etliche Zungenbrecher zu kleinen Geschichten umgedichtet und bereits mit »Der dicke Dachdecker« Millionen Klicks auf TikTok erreicht.

»Barbaras Rharbarberbar« ist eigentlich ein Zungenbrecher unbekannter Herkunft. Er hat offenbar eine lange Geschichte: Bei Ausgrabungen in Pompeji wurde bereits eine ähnliche lateinische Wandinschrift »barbara barbaribus barbabant barbara barbis« gefunden, und es soll eine niederländische Veröffentlichung einer Daniel-Düsentrieb-Geschichte des Cartoonisten Evert Geradts aus dem Jahr 1991 geben, die den Titel »Rabarber« trägt: »Deshalb findet sich im niederländischen Original das Wortmonstrum ›Rabarberbarbarabarbarbarenbaardenbarbier‹.«[2] Abgesehen davon werden Zungenbrecher auch als Sprechübung in der Logopädie eingesetzt, um Lautverbindungen oder Zunge, Sprechmuskeln, Atem und Konzentration zu trainieren. Ein Kennzeichen von Zungenbrechern ist, dass sogar Muttersprachler damit ihre Schwierigkeiten haben und sich schnell verhaspeln oder ins Stottern geraten.[3] Und so soll das zumindest privat, in geselliger Runde, ja auch sein. Wer kann schon aus dem Stand Zungenbrecher fehlerfrei aufsagen?

»Barbaras Rhabarberbar« hat Wartke jedenfalls zusammen mit Fischer um- und neu geschrieben, mit einem Rap unterlegt, sodann die Zeichentrickfigur Barbapapa hinzugefügt, außerdem das Kinderlied »Drei Chinesen mit dem Kontrabass« passend ans Ende gedichtet und – Aberakadabera – schon war der virale Hit Teil I geboren. In dem Clip jedenfalls eröffnet Barbara eine Rhabarberbar und bekommt Besuch von Barbaren, die auch noch struppige Barbarenbärte haben. Die stutzt ihnen ein Barbier in seinem Barbarenbartbarbierbarbershop und wird fortan wie die Barbaren zum Gast in Barbaras Rhabarberbar.

Da tranken sie dann gemeinsam an der Bar noch ′n Bier, die Rhabarberbarbaren und der Bartbabier. Und aßen dazu bar jeder Barbarei ein Stück Rhabarberkuchen, ich glaub’, es war’n zwei.

Eine einzige Silbe, die alles lustig macht – und sehr kompliziert

-bar, -bar, -bar und wieder: –bar. Das ist die entscheidende Silbe, um die sich in Wartkes und Fischers Zungenbrecher alles dreht, der Rhabarber, die Barbara, die Rhabarberbar, die Barbaren und der Barbier. So ist es auch in anderen Zungenbrechern, die es zu Hunderten gibt und in denen sich ebenfalls alles zumeist um eine oder zwei Silben dreht, die in fast allen Worten auftaucht, manchmal variiert wird oder mit einem ungewöhnlichen Satzbau einhergeht, so dass das Aussprechen verkompliziert wird. Einer der bekanntesten Zungenbrecher dürfte sicher »Fischers Fritze« sein, der »frische Fische fischt«, oder »Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut«. Bekannt ist auch »Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach«.

Damit die kurzen sprachlichen Sequenzen auch wirklich schwierig auszusprechen sind, kultivieren Zungenbrecher das rhetorische Stilmittel der Alliteration: Sie basieren auf einem Gleichklang, bei dem aufeinanderfolgende Worte den gleichen Anlaut haben und »stärker gehäuft« auftreten »als es in natürlichem Gesprächsfluss geschehen würde«.[4] So beziehen sich einzelne Wörter unmittelbar aufeinander und können wie eine Einheit wirken. Einen besonderen Ausdruck finden Alliterationen im Tautogramm, was Gedichte bezeichnet, in denen alle Wörter mit demselben Anlaut beginnen.

Um die Wortspielerei voll auszuschöpfen, kreiieren Wartke und Fischer auf der Basis der Silbe –bar alliterative Komposita, also zusammengesetzte gleichklingende Substantive: Da hören wir vom Barbaren-Bart undvom Bart-Barbier, von Barbaren-Freunden, dem Barbaren-Bart-Barbier und zu guter Letzt auch vom Barbaren-Bart-Barbier-Barber-Shop. Mit neun Silben ist dies das längste Kompositum in »Barbaras Rhabarberbar« Teil 1.

Und das passiert weiterhin in »Barbaras Rhabarberbar«: Bärbel taucht auf

Doch wie geht es mit Barbara und ihrer Rhabarberbar weiter? Das fragten sich viele Fans, und so setzte das Duo Wartke/Fischer in Sachen Sprachakrobatik noch eins drauf und produzierte wenige Wochen nach Erscheinen des ersten Clips Barbaras Rhabarberbar Teil 2, in dem die Geschichte weitergeht: Barbara stellt Bärbel als Tresenkraft ein, und die wird heftig umworben. So wünscht sich der Bartbarbier, dass ihn Bärbel heiratet und zu seiner Rhabarberbarbarabarbarbarenbartbarbierbierbarbärbel wird. Doch Bärbel zieht ihm Barbara vor. Die beiden heiraten, bei der Hochzeitsfeier spielen die Baden-Badener Rhabarberbarballadenbarden, und ganz am Schluss gibt es – auch in sprachlicher Hinsicht – noch eine Überraschung.

Man sieht: In Teil 2 wird die Länge der Komposita noch einmal deutlich gesteigert, was nicht nur den Spaßfaktor erhöht, sondern auch die Schwierigkeit, den Text nachzusprechen. So gipfelt der zweite Clip in zwei 17-silbigen Komposita: zum einen in Rhabarber-Barbara-Bar-Barbaren-Bart-Barbier-Bier-Bar-Bärbel und zum anderen in Rhabarber-Barbara-Bar-Barbaren-Bart-Barbier-Bier-Bar-Baby. Und das ist in inhaltlicher wie auch sprachlicher Sicht die Krönung der Geschichte, denn Meister Adebar bringt ein Kind in die Rhabarberbar – und noch länger werden die Komposita dann auch nicht mehr.

Etymologisch interessant ist dabei, dass Barbara, Barbar, Rhabarber und Barbier eine gemeinsame Wurzel haben und auf das griechisch-lateinische barbaros bzw. barbarus zurückgehen, was ›fremdländisch‹ bedeutet. Bärbel wiederum ist eine Koseform von Barbara und hat somit den gleichen Ursprung.[5]

Fast wie Kinderreime: Der Zungenbrecher soll spielerisch fließen

Sie alle waren wie ′ne Riesen-Family. Und sie gaben dem Kind den Namen Emily (schön!)

Damit der Zungenbrecher auch mit dem Rap unterlegt rhythmisch fließen kann, nutzen Wartke und Fischer ein weiteres sprachliches Mittel: Sie verwenden mehrfach vergleichsweise einfach gehaltene Reime, die fast wie Kinderreime wirken. Oftmals handelt es sich dabei um gleichsilbige, die mit »einer geregelten Lautwiederholung«[6], auf der Reime beruhen, Leichtigkeit und Einfachheit fördern: war – gar, Barbaren – erfahren, Tresenkraft – Tresen schafft, werben – sterben, ignoriert – interessiert. Meistens kommt ein Endreim vor. Dieser »entsteht durch – vom letzten Vokal an – gleichklingende Lautgruppen (bei möglicher graphischer Differenz) jeweils am Versende. Dieses, die sogenannte Kadenz, wird dadurch besonders hervorgehoben. Außerdem hat der Reim die Funktion, die Verse zu größeren Einheiten (Strophen) zu verbinden.«[7] So wird auch die Geschichte von Barbara, Bärbel, den Barbaren und der Rhabarberbar in Sinnzusammenhänge unterteilt. In den Zungenbrechern über Barbara tauchen zudem zahlreiche Paarreime auf, bei denen sich jeweils die Endungen zweier aufeinanderfolgender Zeilen reimen, sowie Haufenreime, bei denen sich Endungen über vier Zeilen reimen.

Der Ausdruck Zungenbrecher ist übrigens selbst eine (substantivische) Metapher, ein Vergleich also »ohne Vergleichspartikel«[8]: Sinnbildlich bricht man sich die Zunge, wenn man versucht, die kurzen Texte nachzusprechen – und kann danach vermutlich nicht mehr sehr deutlich reden. Ein kleiner Trost für alle, die sich an »Barbaras Rhabarberbar« versuchen und gescheitert sind: Selbst die Profis Wartke und Fischer sollen Teil 2 insgesamt 78-mal eingesungen haben, ehe der Clip stand.[9] Ihre Aussprache scheint auf jeden Fall noch intakt, denn in einem neuen Kurzvideo haben sie sich für die Unterstützung durch ihre Fans bedankt. Offensichtlich hat der witzige Zungenbrecher-Hit weder ihrer Aussprache noch ihren Nerven geschadet, aber wer weiß das schon so genau.

Zum Reinhören und Weiterlesen


[1] »Barbaras Rhabarberbar«: Wie der deutsche Zungenbrecherhit die »New York Times« überrascht. In: DER SPIEGEL, 5.6.2024, https://www.spiegel.de/kultur/musik/tiktok-hype-um-barbaras-rhabarberbar-new-york-times-berichtet-ueber-deutschen-zungenbrecher-rap-a-fbb1b0b4-d319-4002-a15b-d696b3509b23, (Stand 9.7.2024)

[2] Knut Cordsen, »Barbaras Rhabarberbar«: Woher kommt der Zungenbrecher? In: BR24, 18.5.2024, https://www.br.de/nachrichten/kultur/barbaras-rhabarberbar-woher-kommt-der-zungenbrecher,UD6hz08.

[3] https://wortwuchs.net/zungenbrecher/ (Stand 9.7.2024)

[4] J. Dominik Harjung, Lexikon der Sprachkunst. Die rhetorischen Stilformen. Mit über 1000 Beispielen, München 2000, S. 36.

[5] Duden: Das Herkunftswörterbuch, Band 7, Mannheim/Zürich 2007 sowie Seibicke, Wilfried: Historisches Deutsches Vornamenbuch, Band 1, A–E, Berlin/New York 1996.

[6] Fleischer, Wolfgang/Michel, Georg/Starke, Günter: Stilistik der deutschen Gegenwartssprache, Frankfurt am Main 1996, S. 228 ff.

[7] Ebd.

[8] Sowinski, Bernhard: Stilistik. Stiltheorien und Stilanalysen, Stuttgart 1991, S. 136.