Beugung und Kommasetzung bei mehreren Adjektiven

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[F] Eine Frau mit langem[,] blondem/blonden Haar – Wie werden mehrere Adjektive vor einem Substantiv gebeugt und wann wird ein Komma gesetzt?

[A] Diese Frage erreicht uns recht häufig und scheint Verunsicherung auszulösen. Schauen wir uns zunächst die Beugung (Flexion) zweier nebeneinanderstehender Adjektive vor einem Substantiv an. In vielen Fällen sind hier sowohl Wechselflexion (z. B. die starke Endung -m beim ersten Adjektiv und die schwache Endung -n beim zweiten Adjektiv: mit großem[,] schweren Paket) als auch Parallelflexion (die starke Endung -m bei beiden Adjektiven: mit großem[,] schwerem Paket) möglich. In den Kasus Nominativ, Genitiv und Akkusativ stellt sich diese Frage nicht, hier wird stets und unabhängig von der Kommasetzung in gleicher Weise, also parallel flektiert: ein breites, hohes Hindernis, hochwertige seidige Stoffe, angesichts erneuter krimineller Energie.

Der Kasus, der die meisten Unsicherheiten hervorruft, ist der Dativ Singular im Maskulinum und Neutrum. Um herauszufinden, ob zwei nebeneinanderstehende Adjektive auf die gleiche Weise stark, also parallel flektiert werden, gibt es eine einfache Grundregel: Wenn das zweite Adjektiv mit dem Substantiv eine Bedeutungseinheit bildet, die als Ganzes vom ersten Adjektiv näher beschrieben wird, tritt in der Regel Wechselflexion ein: nach langem schweren Leiden (= das schwere Leiden war lang), nach heftigem parlamentarischen Streit (= der parlamentarische Streit war heftig). Wird dagegen das Substantiv von beiden Adjektiven gleichermaßen beschrieben, wird parallel, also jeweils stark flektiert: nach langem schwerem Leiden = das Leiden war lang und schwer.

Es hilft also, einen Ausdruck mit zwei Adjektiven aufzulösen, um zu erkennen, ob eine Bedeutungseinheit vorliegt oder nicht. In vielen Fällen ist sowohl Wechsel- als auch Parallelflexion möglich, jedoch nicht immer: So kann das Beispiel nach heftigem parlamentarischem Streit nicht aufgelöst werden zu einem *Streit, der heftig und parlamentarisch ist. Dies ist ein Signal dafür, dass Parallelflexion nicht möglich ist. Wird ein Komma gesetzt, so ist nur Parallelflexion möglich.

Wann wird nun ein Komma gesetzt und wann nicht? Wie bei der Frage nach Parallel- oder Wechselflexion kann die oben beschrieben „Umstellprobe“ genutzt zu werden, um festzustellen, ob ein Komma zu setzen ist: Bildet das zweite Adjektiv mit dem Substantiv eine Bedeutungseinheit, die vom ersten Adjektiv näher bestimmt wird, so steht kein Komma: starke stolze Frauen = stolze Frauen, die stark sind; eine heftige parlamentarische Debatte = eine parlamentarische Debatte, die heftig ist. Wird dagegen das Substantiv gleichermaßen von beiden Adjektiven beschrieben, so sollte ein Komma stehen: starke, stolze Frauen = Frauen, die stark und stolz sind. Funktioniert dies in der Umstellprobe nicht bzw. entsteht keine sinnvolle Aussage, wird kein Komma gesetzt. Also nicht: *eine heftige, parlamentarische Debatte = eine Debatte, die heftig und parlamentarisch ist. Ein weiteres Hilfsmittel ist der Und-Test: Wenn die Adjektive gleich- bzw. nebengeordnet sind, sie also gleichermaßen das Substantiv beschreiben, kann statt eines Kommas ein und gesetzt werden: starke, stolze Frauen/starke und stolze Frauen. Entsteht dadurch keine sinnvolle Lesart, wird kein Komma gesetzt, also nicht: *eine heftige, parlamentarische Debatte/eine heftige und parlamentarische Debatte. In vielen Fällen ist es somit für den Satzinhalt unerheblich, ob ein Komma gesetzt wird oder nicht, in anderen Fällen entsteht ein Bedeutungsunterschied. Dessen sollte man sich bewusst sein.

Für das in der Frage genannte Beispiel gibt es also folgende Möglichkeiten:

  • Eine Frau mit langem blonden Haar (= eine Frau mit blondem Haar, das lang ist): Wechselflexion weil Bedeutungseinheit, kein Komma
  • Eine Frau mit langem blondem Haar (= eine Frau mit Haar, das lang und blond ist): Parallelflexion ohne Komma
  • Eine Frau mit langem, blondem Haar (= eine Frau mit Haar, das lang und blond ist): Parallelflexion mit Komma

Quelle: Duden. Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle, Berlin 2016.