Ausgabe: Der Sprachdienst 4–5/2023

ChatGPT

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[F] Derzeit ist das Wort ChatGPT in aller Munde. Könnten Sie etwas näher darauf eingehen, auch mit Blick auf die Deutschdidaktik in Schule und Unterricht?

[A] In der Tat begegnet uns das Wort ChatGPT aktuell nahezu jeden Tag in den Medien; im November 2022 trat es erstmals in Erscheinung. Der Ausdruck steht in Verbindung mit Wörtern oder Wortgruppen wie OpenAI, Sprachmodell, Antworten, Chatbot und Künstliche Intelligenz bzw. abgekürzt KI.[1]

ChatGPT ist eine zum Ende des vergangenen Jahres veröffentlichte Technologie der Firma OpenAI und steht für englisch ›Chatbot Generative Pre-trained Transformer‹; das Wort ist ein Eigen- bzw. Produktname. Grammatikalisch betrachtet haben wir es mit einem Kompositum zu tun, das sich aus den Kurzwörtern Chat (für Chatbot) und GPT (für Generative Pre-trained Transformer) zusammensetzt.

Bei der Schreibung von Eigennamen findet man mitunter Abweichungen von der Rechtschreibnorm (vgl. Duden ‒ Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle, 8. Aufl., Berlin 2016). So müsste das Wort im Englischen prinzipiell mit einem Leerzeichen oder mit einem Bindestrich (Chat GPT, Chat-GPT) und im Deutschen mit einem Bindestrich (Chat-GPT) gegliedert werden. Die Schreibweise ohne Leerzeichen bzw. ohne Bindestrich und mit Großbuchstaben im Wortinnern (ChatGPT) versteht sich als gestalterisches Mittel und erfüllt vor allem die Funktion, beim Lesen ins Auge zu stechen. In Hinsicht auf das Initial-Kurzwort GPT bzw. den Ausdruck Generative Pre-Trainded Transformer ist die Großschreibung von Initialen bzw. Adjektiven in Eigennamen (im Deutschen) wiederum regelkonform (vgl. ebd.).

Um zur Bedeutung des Wortes zu gelangen, nehmen wir zunächst die Bedeutung seiner Bestandteile in den Blick. Das aus dem Englischen stammendende Wort Chatbot bezeichnet per definitionem ein »elektronisches Dialogsystem, das einen natürlichen Chatteilnehmer imitiert« (vgl. Duden ‒ Deutsches Universalwörterbuch, 9. Aufl., Berlin 2019). Für das Kurzwort GPT gilt weiterhin: Generative, zu deutsch generativ, ist ein Wort, das man auch in den Sprachwissenschaften findet, hier als ›die Erzeugung von Sätzen betreffend‹ zu verstehen; Pre-trained heißt übersetzt etwa ›vorher trainiert‹ – in diesem Zusammenhang bezieht sich der Ausdruck auf ein 3-phasiges, KI-gestütztes Training des in der Rede stehenden Chatbots –; und Transformer, zu deutsch Transformator, ist allgemein formuliert die Bezeichnung für eine elektrische Maschine, die Strom umwandelt – OpenAI bezeichnet mit Transformer indes ein spezielles, auf KI beruhendes Maschinenlernmodell (vgl. ebd.; https://de.wikipedia.org/wiki/ChatGPT, Stand: 12.06.2023). Bei ChatGPT handelt es sich demnach um einen Chatbot, der durch ein spezielles, KI-basiertes Sprachlernmodell in der Lage ist, natürliche Sätze zu generieren und also eine natürliche (Chat-)Unterhaltung zu imitieren bzw. zu initiieren. Bei Wikipedia heißt es: ChatGPT »nutzt maschinelle Lerntechnologie, um Antworten zu generieren, die natürlich klingen und für das Gespräch relevant sein sollen« (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/ChatGPT, Stand: 12.06.2023). Und OpenAI erklärt auf seiner Website: »Wir haben ein Modell namens ChatGPT trainiert, das auf konversationelle Weise interagiert. Das Dialogformat ermöglicht es ChatGPT, Folgefragen zu beantworten, Fehler zuzugeben, falsche Prämissen in Frage zu stellen und unangemessene Anfragen abzulehnen.« (https://openai.com/blog/ chatgpt, Stand: 12.06.2023)

So unterstützt ChatGPT eine Reihe von Anwendungen, etwa Informations- und Wissensabfragen, Schreibunterstützung, Brainstorming und Ideenfindung, sprachliche Übersetzung, Programmierhilfe, Kundenservice kreatives Schreiben, Dialogsimulation und Content Marketing (vgl. htt ps:// chatgpt.ch/, Stand: 12.06.2013). Dieser Überblick lässt schon vermuten, dass das OpenAI-Modell in der schulischen Bildung und insbesondere, als »Sprachtransformator «, in der Deutschdidaktik eine größere Rolle spielen wird und auch bereits spielt; es eröffnet zahlreiche Möglichkeiten der modernen Kompetenzvermittlung. Beispielhaft betrachten wir an dieser Stelle ein – auf den ersten Blick mit dem Chatsystem scheinbar nicht vereinbares – konventionelles, aber immer noch aktuelles Thema des Deutschunterrichts in der Mitt el- und Oberstufe: die Erörterung als sog. didaktische Gattung. Allein hier sind verschiedene Lehr-/ Lern-Zugänge denkbar – so könnten, um nur unsere ersten Ideen zu benennen, die Schülerinnen und Schüler das Programm nach der Definition bzw. den Kriterien einer Erörterung befragen, sich in Form eines Brainstormings zu einem Erörterungsthema informieren, sich Anregungen zu textsortentypischen Schreibprozeduren bzw. Formulierungsmustern einholen, die verfasste Erörterung mit ChatGPT überprüfen etc. Nicht unwichtig: Immer werden dabei die Schreib-, Lese- und Medienkompetenzen der Lernenden auch insofern gefördert, als sie die richtigen Fragen formulieren und in den Austausch treten sowie das Gelesene verstehen und hinterfragen müssen. In der Tat liefert das Programm sprachlich anspruchsvolle Beiträge, gleichzeitig sind die Antworten aber (noch) nicht grundsätzlich verlässlich.

Alles in allem steht zu vermuten, dass ChatGPT, auch mit Blick auf sich wandelnde Anforderungen in der Arbeitswelt, Lernprozesse grundlegend verändern wird. So ist es ratsam, stets die aktuellen Entwicklungen, den Diskurs zu verfolgen.


[1] Vgl. https://corpora.uni-leipzig.de/de/res?corpusId=deu_news_2022&word=ChatGPT.