Silbentrennung bei Fremdwörtern
[F] Als Lehrer und Historiker habe ich auch mit »klassischen« Fällen der Silbentrennung zu tun und bin auf zwei Beispiele gestoßen, bei denen die Handbücher Zweifel aufgeben.
Zum einen geht es um das Fremdwort Metöke, den sog. Beisassen, den ortsansässigen Fremden im alten Griechenland. Das Wort geht ja auf griechisch meta in Verbindung mit oikos zurück und wurde traditionell entsprechend Met-öke getrennt. Nun finde ich in einem großen und soliden Wörterbuch aus dem Jahr 1999 lediglich die Trennangabe Me-tö-ke. Dies scheint mir nicht korrekt.
Einen ähnlichen Sachverhalt habe ich bei den »Schafsinseln«, den Färöern festgestellt. Hier würde ich Fär-öern trennen, in den Rechtschreibbüchern finde ich aber nur die vereinfachte Trennung Fä-rö-er.
[A] Was Metöke betrifft, so stimmen wir Ihnen zu, Sie haben jene Wörterbuchredaktion bei einer Nachlässigkeit ertappt; mittlerweile stellen die maßgeblichen Wörterbücher zur deutschen Gegenwartssprache den Sachverhalt aber richtig und vollständig dar.
Griechisch-deutsche Lexika nennen das Stichwort µετ-οικος im Sinne von ›Mitbewohner, Ansiedler, Einwanderer, Kolonist‹, auch ›Beisasse, Schutz- und Halbbürger‹. Daniel Sanders führt in seinem Fremdwörterbuch (1871) entsprechend Met-oike, Met-öke mit der Erläuterung »Beisaß, Schutzverwandter einer Stadt« auf. Der Rechtschreib-Duden hatte das Wort 1915 aufgenommen und bis 1991 die Trennung Met-öke verzeichnet – plausiblerweise bzw. im Einklang mit der Regelung, dass »zusammengesetzte Wörter und Wörter mit einer Vorsilbe […] nach ihren sprachlichen Bestandteilen, also nach Sprachsilben, getrennt« werden (1991, R 181), z. B. Atmo-sphäre, Mikro-skop, Inter-esse, Syn-onym – ebenso auch Met-öke oder Met-ope (›Zwischenfeld in einem antiken Tempelfries‹).
Die Rechtschreibreform hat hier eine Vereinfachung gebracht, insofern die Trennung nach »Sprachsilben« – die mitunter beträchtliche Kenntnisse der Ursprungssprache und der Wortgeschichte voraussetzt – nicht mehr zwingend ist und dass wie generell nach »Sprechsilben«, nach der Aussprache der Wörter zu trennen ist. Beide Trennversionen bestehen nebeneinander, so dass sich zahlreiche neue Trennmöglichkeiten ergaben. Das amtliche Regelwerk hält in § 108 fest, dass Präfixe abgetrennt werden, und § 113 sieht als Variante vor, dass »Wörter, die sprachhistorisch oder von der Herkunftssprache her gesehen Zusammensetzungen oder Präfigierungen sind, aber nicht mehr als solche empfunden oder erkannt werden«, entweder einfach nach der Aussprache zu trennen sind oder nach Herkunft und Zusammensetzung – so z. B. Hek-tar – Hekt-ar, inte-ressant – inter-essant, Pä-dagogik – Päd-agogik und so eben auch Me-töke – Met-öke. Im Hinblick auf Geschichte und Kultur Griechenlands – wer wird dieses seltene Fachwort anders gebrauchen? – wäre, hier stimme ich Ihnen zu, nach Wortherkunft und Sprachsilben die Trennung Met-öke vorzuziehen.
Zu den Färöern: Sie haben ganz recht, und die frühere Duden-Rechtschreibung hatte auch bis zur 15. Auflage, 1961, die traditionelle und an sich korrekte Trennung Fär-öer als Muster angegeben – so wie sie dem Dänischen und dem Usus auf jenen Inseln entspricht; im Dänischen bezeichnet får ›Schaf‹ (auf dem Wappen dieser Inselgruppe – dänisch Færøerne, färöisch Føroyar – ist ja auch ein Schaf abgebildet), und rig pa ør bzw. ørige bedeutet ›Inselreich‹. Man sieht, dies nebenbei, dass die Version Färöerinseln, die man oft vernehmen kann, redundant und ein »weißer Schimmel« ist.
Doch ab der 16. Auflage, 1967, wurde dies geändert und die vereinfachte Silbentrennung Fä-rö-er aufgenommen, wie sie sich bis heute einheitlich in den Rechtschreibbüchern findet. Die Dudenredaktion, damals geleitet von Dr. Paul Grebe, sprach im »Vorwort« davon, dass bei der Neubearbeitung auch die Silbentrennung beobachtet wurde. In ihrer Regel 172 (»Zusammengesetzte Fremdwörter«) verwies die Redaktion – nicht mit Unrecht – darauf, dass die »Kenntnis der sprachlichen Gliederung eines Lehn- oder Fremdworts nicht immer vorhanden ist« und deshalb bei Fremdwörtern auch nach Sprechsilben getrennt werde. Die neue Trennung Fä-rö-er lässt sich in diesen Zusammenhang einordnen.
Die Rechtschreibreform hatte 1996 hier nichts geändert, hatte auch, da sie bei der Silbentrennung Vereinfachungen vorsah, im Grunde nichts zu ändern; das heißt, die Tradition der Dudenschreibung seit 1967 wurde unbesehen übernommen und weitergeführt – nur hätte man sozusagen im Hinblick auf die Sprachbestandteile zurückändern und die vor 1967 gültige Trennmöglichkeit einbeziehen müssen.
Da man auch heute amtlicherseits, wie oben dargelegt, Wörter nach Sprachbestandteilen trennen kann, ist nun gegen die Trennung Fär-öer nichts einzuwenden.