Gendering im Schwedischen

von Jackie Nordström

Gekürzte Fassung

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine Kurzfassung des gleichnamigen Beitrags im Sprachdienst 1–2/2020, einem Themenheft zur Problematik der geschlechtergerechten Sprache. Hier geht es zum Inhaltsverzeichnis.

Sie können dieses Heft über uns beziehen oder eine Kopie des vollständigen Aufsatzes bestellen. Beides ist sowohl als Printversion als auch digital als PDF erhältlich.

Schweden ist eines der gleichgestelltesten Länder der Welt. Es verwundert also nicht, dass es dort große Bestrebungen gibt, auch die Sprache möglichst gleichgestellt zu gestalten.

Gendering ist ein besonders schwieriges Thema in einer Sprache wie dem Deutschen, wo ein Unterschied zwischen maskulinen und femininen Substantiven gemacht wird. Im Schwedischen ist dieses Problem insofern gelöst, als dass die zwei Genera Maskulinum und Femininum in ein gemeinsames Genus Utrum zusammengefallen sind. Dies führt dazu, dass frühere maskuline Wörter wie läkare ›Arzt‹ und lärare ›Lehrer‹ nicht mehr als maskulin kategorisiert werden, sodass sie problemlos für sowohl Männer als auch Frauen genutzt werden können. Zwar gibt es noch feminine Endungen bei manchen Wörtern, wie z. B. lärarinna, aber sie werden immer seltener genutzt (Jobin 2004). Bei vielen Wörtern, wie z. B. läkare, gibt es keine weibliche Form (*läkarinna).  

Ein größeres Problem stellen ältere geschlechtsspezifische Amtsbezeichnungen wie riksdagsman (wörtl. »Reichstagsmann«) ›Parlamentsmitglied‹. Hier haben sich aber geschlechtsneutrale Varianten seit 1970 durchgesetzt, wie riksdagsledamot ›Parlamentsmitglied‹; Milles 2016). Diese Wörter haben auch den Vorteil, dass sie Menschen des dritten Geschlechtes inkludieren.  

Problematischer ist die bestimmte maskuline Adjektivform -e, ein Überbleibsel des altschwedischen Dreigenussystems. In formalen Texten wird -e auch noch als ein generisches Maskulinum genutzt statt der genusübergreifenden Endung –a (Bylin 2016). Viele Leute stören sich aber an generischen Ausdrücken wie den uppmärksamme läsaren ›der/die aufmerksame Leser/-in‹, statt den uppmärksamma läsaren, da es dem/der Leser/-in den Eindruck geben kann, dass nur Männer den Text lesen.

Die Frage, die die größte Debatte in Schweden geweckt hat, ist, welche persönlichen Pronomen man für die menschliche dritte Person Singular nutzen soll. Im Schwedischen gibt es maskuline und feminine Pronomina (han ›er‹ bzw. hon ›sie‹ ). Seit 2000 hat sich aber ein neues, geschlechtsneutrales Pronomen ausgebreitet, hen. Wie bei den geschlechtsneutralen Substantiven hat hen den Vorteil, auch Menschen des dritten Geschlechtes zu inkludieren. Seit 2012 hat hen die Oberhand gewonnen und wird mittlerweile auch vom Sprachrat empfohlen für generische, unbekannte und anonyme Referenten und für Menschen des dritten Geschlechts (Milles 2016).  

Ist also Schwedisch eine gleichgestellte Sprache? Seit 1970 und insbesondere seit 2010 gibt es mehrere Initiativen und viele davon haben sich tatsächlich durchgesetzt. Es könnte natürlich mehr gemacht werden, aber die größte Arbeit liegt wohl in der Vorstellung, die die Menschen davon haben, wer typischerweise ein Arzt oder ein Krankenpfleger ist etc.

Literaturverzeichnis

Bylin, Maria: Adjektivböjningens -a och -e. In Språk och Stil 26, 2016, S. 69–100.
Jobin, Bettina: Svenskan är inte könsneutral. In Språkvård 2004: 4, S. 20–25.
Milles, Karin: Jämställt språk. Stockholm: Nationalencyklopedin AB, 2016.