Meldung vom 6. Juni 2019

GfdS wertet Sprachanfragen der letzten 30 Jahre aus

Der Schuh drückt die Deutschen noch an denselben Stellen – orthographischer Entscheidungsspielraum macht Deutschen zu schaffen

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»Wo drückt die Deutschen sprachlich der Schuh?« heißt das Projekt, das die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) Ende des letzten Jahres durchführte. Analysiert wurden telefonische und schriftliche Sprachanfragen der vergangenen 30 Jahre. Die Auswertung der Daten zeigt, dass die Deutschen immer noch Schwierigkeiten mit der Orthographie (Rechtschreibung und Zeichensetzung) haben. Außerdem wird deutlich, dass die schriftliche Sprachberatung vorwiegend von Privatpersonen benutzt, während die telefonische mehrheitlich von Institutionen beansprucht wird. Stellen Männer hauptsächlich schriftliche Sprachanfragen, greifen Frauen lieber zum Telefon.

Im Rahmen ihres neuen Projekts »Wo drückt die Deutschen sprachlich der Schuh?« digitalisierte die GfdS 10.000 telefonische und schriftliche Sprachanfragen aus den Jahren 1989 bis 2018 und wertete sie aus. Die Grundlage dafür bildeten alle eingegangenen Briefe und E-Mails an die Sprachberatung innerhalb dieses Zeitrahmens sowie die Protokolle, die während der telefonischen Beratung erstellt wurden.

Die Auswertung der Sprachanfragen beleuchtet die besonderen Probleme, die den kommunikativen Alltag der Deutschen in den letzten drei Jahrzehnten prägten, dokumentiert sprachstrukturelle Veränderungen und gibt Hinweise auf geschlechterspezifisches Sprachverhalten. So konnte offengelegt werden, dass die Beratungsangebote der GfdS unterschiedlich genutzt werden – abhängig z. B. davon, ob ein privater oder beruflicher Hintergrund vorlag und welches Geschlecht die ratsuchende Person hatte.

Innerhalb der Kriterien wurde der hohe Stellenwert orthographischer Fragen in der telefonischen Sprachberatung deutlich. Auch noch 23 Jahre nach der Rechtschreibreform von 1996 machen Getrennt- und Zusammenschreibung (Aufsehen erregend/aufsehenerregend; lang anhaltend/langanhaltend) sowie Groß- und Kleinschreibung (Jetzt lohnt sich sparen/Sparen; recht/Recht haben) den Deutschen am meisten zu schaffen: Gut ein Drittel aller telefonischen Sprachanfragen wurde zu diesen Themen gestellt. Grammatikalische Probleme wurden bei durchschnittlich jeder fünften Anfrage adressiert, Wortschatzfragen ergaben sich bei etwa jedem zehnten Anruf. Letzterer Bereich ist hingegen bei schriftlichen Sprachanfragen der meistgenannte, erst dann folgen – mit durchschnittlich ähnlicher Häufigkeit – Fragen zur Orthographie und zur Grammatik (z. B. Johannes und Familie wünscht/wünschen frohe Weihnachten; mit Maria und deren netten/nettem Mann). Und gerade in Fällen, in denen es kein Richtig und Falsch gibt, sondern mehrere korrekte Varianten nebeneinander existieren, werden Verwirrung und Frustration der Ratsuchenden deutlich.

Die Sprachberatung der GfdS ist seit 1947 tätig und hat seitdem etwa 45.000 schriftliche und über 355.000 telefonische Sprachanfragen beantwortet. Damit verfügt sie über einen Sprachfundus, der in seinem Umfang im deutschen Sprachraum als beispiellos gilt. Sowohl Privatpersonen als auch Firmen, Medien, Behörden und Institutionen erteilt die GfdS Auskunft zu allen Fragen rund um die deutsche Sprache und zu sprachlichen Zweifelsfällen.