Ausgabe: Der Sprachdienst 4/2007

Kommasetzung bei Infinitivgruppen mit zu

[F] Wie verhält es sich mit der Kommasetzung beim erweiterten Infinitiv? Zum Beispiel: Ich versuche(,) morgen pünktlich zu sein. Ich habe damit wie bei der Kommasetzung im Zusammenhang mit Infinitiven insgesamt immer Schwierigkeiten.

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[A] Das ist verständlich, denn hierbei gab es in den Phasen der Rechtschreibreform (etwa auf den Stufen 1996, 2004, 2006 und 2024) unterschiedliche Regeln, was die Unsicherheit in der Kommasetzung zweifellos vergrößerte.

Sie sind vielleicht mit der bisherigen Regelung vertraut. Nach dieser galt: Infinitivgruppen müssen mit Komma abgetrennt werden, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  1. Die Infinitivgruppe ist mit um, ohne, statt, anstatt, außer, als eingeleitet:
    Sie kamen in die Stadt, um ins Theater zu gehen.

  1. Die Infinitivgruppe hängt von einem Substantiv ab:
    Sie kamen in die Stadt mit dem Ziel, ins Theater zu gehen.

  1. Die Infinitivgruppe hängt von einem Korrelat (es) oder einem Verweiswort (dazu, daran, dabei etc.) ab:
    Sie liebten es, in der Stadt ins Theater zu gehen.
    Er ermunterte sie dazu, ins Theater zu gehen.
    (Aber ohne Verweiswort: Er ermunterte sie(,) in die Stadt zu gehen.)

Diese Regel gilt noch immer. Zusätzlich muss nach der seit 2024 gültigen Fassung der »Amtlichen Regeln« (§ 73) jetzt aber auch dann ein Komma gesetzt werden, wenn eine dieser Bedingungen erfüllt ist:

  1. Die Infinitivgruppe hängt von einem Adjektiv oder Partizip ab.
    Sie sind entschlossen, ins Theater zu gehen.
    Sie sind bereit, ins Theater zu gehen.
  1. Die Infinitivgruppe hängt von einem Verb ab.
    Sie planen, ins Theater zu gehen.

Vorangestellte Infinitivgruppe

Ist die Infinitivgruppe im Satz vorangestellt, musste sie bisher nur dann mit einem Komma abgetrennt werden, wenn sie im Satz als Objekt fungiert; als Subjekt durfte sie nicht abgetrennt werden. Inzwischen ist das Komma bei vorangestellten Infinitivgruppen jedoch immer verpflichtend, unabhängig davon, welche Funktion diese im Satz übernimmt:

Als Subjekt: Das Komma hier zu setzen, ist obligatorisch.

Als Objekt: Regelmäßig ins Theater zu gehen, lieben sie.

Ausnahmen: Hier wird kein Komma gesetzt

Sie sehen: Beim erweiterten Infinitiv, also bei Infinitiv + zu + mindestens einem weiteren Wort, liegen Sie mit einem Komma meistens richtig. Meistens – denn auch hier gibt es Ausnahmen. Sie setzten das Komma nämlich nur dann, wenn der erweiterte Infinitiv satzwertig, also ein Nebensatz ist.

In folgenden Fällen ist die Infinitivgruppe nicht satzwertig und darf deshalb nicht mit einem Komma abgetrennt werden:

  1. Die Infinitivgruppe steht mit Verben wie sein, haben, scheinen, pflegen, brauchen, scheinen (manchmal auch: drohen, versprechen, wissen) und bildet mit diesen ein mehrteiliges Prädikat:
    Sie pflegen regelmäßig ins Theater zu gehen.
    Sie scheinen gerne ins Theater zu gehen.
    Sie wussten viel darüber zu erzählen.
  1. Die Infinitivgruppe ist untrennbar in den übergeordneten Satz eingebaut:
    Sie haben das Risiko nicht einzugehen gewagt. Einzugehen gewagt haben sie das Risiko nicht.
    Aber satzwertig: Sie haben nicht gewagt, das Risiko einzugehen.

Fakultative Kommasetzung

Auch nach der neuen Regelung gibt es wieder Fälle, in denen die Kommasetzung fakultativ ist: Wenn ein einfacher (nicht erweiterter) Infinitiv vorliegt, also nur zu + Infinitiv, steht es den Schreibenden frei, ob sie ein Komma setzen möchten oder nicht:

Die Entscheidung(,) zu kündigen(,) traf er spontan.
Sie hat sich geweigert(,) aufzuräumen.

Das Komma muss jedoch auch hier gesetzt werden, wenn die Infinitivgruppe durch ein hinweisendes Wort im übergeordneten Satz wieder aufgenommen wird:

Umzuziehen, das planen sie schon lange.

Ihr Beispielsatz

In Ihrem Beispielsatz ist der Infinitiv erweitert und die satzwertige Infinitivgruppe hängt vom Verb versuchen ab. Somit ist die Kommasetzung obligatorisch: Ich versuche, morgen pünktlich zu sein.

überarbeitet: 10/2024