Muttersprache 3/2004
Fluck, Hans-Rüdiger
Sprachliche Aspekte der Bürger-Verwaltungs-Kommunikation – Situationsbeschreibung und Forschungsperspektiven
Der Beitrag liefert einen Überblick zur aktuellen Situation der deutschen Verwaltungssprache und ihrer linguistischen Erforschung. An einem Beispiel wird gezeigt, wo immer noch Veränderungs- und Ausbildungsbedarf besteht, um zu bürgerfreundlichen Textformen zu gelangen. Eine Auswahlbibliographie ermöglicht einen gezielten Zugang zum Themenbereich.
This article provides an overview of the current state of communication between German city governments and the public, in particular with regard to the language used in these contexts and the pertaining linguistic research. An example illustrates the need for change and training in order to establish reader-friendly documents. A selective bibliography guides the reader in accessing relevant information on the topic.
Leutgeb, Daniel F.
Etymologische Analyse des Lexems Logistik
Globalisierung und verstärkter Einsatz neuer Technologien bewirken steigendes Interesse an der Funktion der Logistik. Dieser Trend zeigt sich sowohl in der zunehmenden Anzahl theoretischer Beiträge als auch in der steigenden Beachtung von Praktikerseite. In der Fachliteratur herrscht darüber Konsens, dass der Ausdruck Logistik aus dem Militärwesen stammt. Über den etymologischen Ursprung des Wortes existieren hingegen divergente Ansichten. Die Grundlage des vorliegenden Beitrages ist eine sprachwissenschaftliche Analyse der potentiellen Quellen des Lexems Logistik. In diesem Kontext wird auf die Begriffsfassungen des byzantinischen Kaisers Leo VI. und des französischen Militärtheoretikers Henri Baron de Jomini näher Bezug genommen. Ergebnis der Untersuchung ist die Erkenntnis, dass das Wort Logistik griechischen Ursprungs und auf das substantivierte Adjektiv hē logistikē zurückzuführen ist. Jahrhunderte nach dem ersten Beleg des Wortes in seiner spezifisch militärischen Bedeutung bei Leo VI. gibt Jomini dem bestehenden französischen Wort logistique, das die vier Grundrechnungsarten bezeichnet, eine neue Interpretation und Bedeutung, indem er die ersten beiden Silben des Wortes auf logis bezieht. Diese Herleitung von logistique aus logis ist eine morphologische Unmöglichkeit, der freilich eine gewisse hermeneutische Originalität und Kreativität zukommt.
Globalization and intensified use of new technologies result in a growing interest in logistics. This trend is reflected in an ever rising number of theoretical papers on this topic, as well as an influx of attention from commercial practitioners. There is consensus in the literature that the term logistics stems from military use. However, there is disagreement about the origins of the word. The basis of this paper is a linguistic analysis of the potential sources of the lexeme logistics. In the course of this article references regarding the term’s origins are made to the Byzantine emperor Leo VI. and to the French military theorist Henri Baron de Jomini. The result of the analysis is that logistics is of Greek origin and is derived from the noun hē logistikē. Several centuries after the first proof of the word in its specific military sense Jomini gave the existing French word logistique (denoting arithmetic) a new interpretation and meaning by referring to the word logis. This derivation of logistique from logis is a morphological impossibility which, however, has a certain hermeneutic originality and creativity.
Rödel, Michael
Verbale Funktion und verbales Aussehen – die deutsche Verlaufsform und ihre Bestandteile
Dieser Beitrag schließt an die Ergebnisse der im letzten Heft der Muttersprache (2/2004) dargestellten theoretischen Diskussion an (ohne deren Kenntnis vorauszusetzen) und will die Analyse der Elemente der deutschen Verlaufsform nun empirisch komplettieren. Der Fokus richtet sich dabei in erster Linie auf den Verlaufsforminfinitiv, der in einer verbalen wie nominalen Weise verwendet werden kann. Hier zeigt sich, dass deutsche Schreiber zur verbalen Verwendungsweise tendieren und diesen Infinitiv somit auch verbal realisieren. Die Ergebnisse führen zu der These, dass das Element am ein Aspektmarker ist, der lediglich aspektuelle Information transportiert, während der Infinitiv die gesamte lexikalische Information trägt – mit entsprechenden Konsequenzen für die Orthographie. Vor der empirischen Analyse wird versucht, Standards für eine linguistische Erhebung im Internet zu setzen.
Based on the results of the theoretical discussion outlined in Muttersprache 2/2004, this paper tries to complete the analysis of the elements of German Verlaufsform empirically. We especially focus on the infinitive, which can be used as a verbal or nominal unit – although German writers seem to tend to use and realise it verbally. The results are leading to the thesis that the element am is a marker of aspect which only transports aspectual information, whereas all the lexical information is transported by the infinitive – which has certain orthographic implications. Before undertaking the empirical analysis we try to set standards for linguistic research in the internet.
Steininger, Reinhold
»O Gott, ich habe mein Kind bairisch sprechen lassen!« Zur Frage der sprachlichen Kompetenz von Dialektsprechern
Dieser Beitrag will Eltern und Familien, Erziehende und Lehrende, aber auch Vertreter/-innen der Didaktik und Kulturpolitik in dem Grundgefühl bestärken, dass dem Kind/den Kindern ein möglichst mutter-naher Spracherwerb und ein in der natürlichen Umgebung eingebetteter Ausbau der Muttersprache nur nützen kann. Nicht nur im deutschen Sprachraum ist damit meist eine Ortsmundart, ein Dialekt oder eine Umgangssprache dienlicher als die genormte Hochsprache, deren Aneignung später bei Bedarf kein besonderes Problem darstellt. Denn die Vorstellung, in einem Kind müssten möglichst lange genormte Listen von Lexemen und Grammatikparagraphen abgespeichert werden, ist unhaltbar, beschert aber Eltern Sorgen und verursacht in der Schule sehr viel Leerlauf. Hingegen kann das intensive persönliche Gespräch mit allen Sinnen – sozusagen mit Haut und Haar – zwischen Kind und Mutter, Vater, Lehrer, … für die Entwicklung der Muttersprache durch nichts ersetzt werden. Der Weg, den die Evolution des Menschen gegangen ist, kann auch im 20. und 21. Jahrhundert nicht außer Kraft gesetzt werden.
This essay aims at strengthening parents, families, educators and teachers, but also didacticians and cultural politicians in their basic feeling that children can best learn a language if it is as close as possible to their mothers‘ and if the mother tongue can develop in natural surroundings. It is not only in the German speech area that for this purpose a local patois, a dialect or a colloquial language is often more useful than a standardized language, whose acquisition if required later usually poses no great problem for a child. For the idea that long lists of standardized lexemes and grammatical paragraphs must be stored up in a child is untenable, worries parents and causes a great deal of useless work at school. Whereas the intensive personal dialogue between child and mother, father, teacher, … in which all human senses are employed, is absolutely irreplaceable for the development of the mother tongue. The way the evolution of man has taken is valid also in the twentieth and twenty-first centuries.
Balassi, Evdokia
Aussprachefehler griechischer Germanistikstudenten
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Aussprachefehlern griechischer Lerner und Lernerinnen des Deutschen. Zuerst werden alle theoretisch erwartbaren Aussprachefehler angegeben und anhand von Beispielen erklärt. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse einer Untersuchung präsentiert, in der die tatsächlichen Aussprachefehler von Germanistikstudierenden in Griechenland analysiert wurden.
This contribution deals with the pronounciation errors of Greek learners of the German language. First, the pronounciation errors that may appear are explained. After that, the findings of a study are presented, in which concrete pronounciation errors of Greek students of German Literature were analysed.
Ockel, Eberhard
Wahrnehmung unterschiedlicher Deutungen aufgrund von Sprechversuchen
Anhand eines Textes von Rainer Maria Rilke aus dem »Stundenbuch« (dem »Buch vom mönchischen Leben«) wird verdeutlicht, dass zunächst der Kontext, d. h. das Textgewebe zueinander, sodann der Subtext, d. h. das rhythmische Gefüge im Gedicht, und schließlich der Rollentext, d. h. die Spur des Autors/Sprechers im Text, jeweils unterschiedliche Deutungen in Sprechversuchen motivieren. Das Ergebnis besteht in der Ermutigung, Gedichte als Sprechpartituren neu zu entdecken.
On the basis of a text by Rainer Maria Rilke from the »Book of Hours« (the »Book about Monastic Life«), an attempt is made to illustrate how different aspects of a text each call for different ways of interpretative reading. The first aspect is the context, that is the relationship of the different parts of the text to each other; the second aspect is the subtext or the rhythmic structure of the poem; the third and final aspect is the role text which derives from the signs left by the author or the speaker in the text. The result is intended to encourage readers to discover poetry anew as a kind of vocal score.
Balci, Tahir/Balci, Halime
Bericht: Sprachenvielfalt oder Sprachmonopol? Ein Beispiel für verfehlte Fremdsprachenpolitik aus der Türkei
In diesem Beitrag wird das Thema Vielsprachigkeit (im schulischen und außerschulischen Bereich) aus sprachpolitischer Sicht diskutiert. Die herrschende Tendenz zur Einsprachigkeit und zu einer monokulturell geprägten Gesellschaft wird als Folge der Globalisierung verstanden, die alle Bereiche menschlichen Lebens durchdringt. Von dieser Annahme ausgehend wird die türkische Fremdsprachenpolitik analysiert, und es wird belegt, warum DaF für die Türkei notwendig ist.
In this study, multilingualism in and outside Turkish schools is discussed in terms of language politics. The dominant tendency towards monolingualism and a monocultural society is understood as a consequence of globalization which influences all ranges of human life. Based on this premis, the Turkish foreign language policy is analyzed and the necessity of German in Turkish schools is highlighted.
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