Probleme mit dem Automat und dem Präsident
Viele Leserinnen und Leser werden bei dieser Überschrift spontan zusammenzucken und sich sagen: »Präsidenten und Automaten muss es richtig heißen!« Das stimmt auch fast, wenn nicht die Endung -en bei diesen Wörtern – wie auch bei jemand und niemand – schon seit einiger Zeit die Tendenz hätte, wegzufallen. Das kann man durchaus auch in seriösen Zeitungen beobachten. Selbst der Duden bezeichnet das Weglassen der Endung als »eine starke Neigung«, die man »nicht einfach als inkorrekt« bezeichnen könne. Die Formen mit Endung seien jedoch das bessere Deutsch. Da es nun entgegen allen Unkenrufen doch recht viele Menschen gibt, denen gutes Deutsch ein Anliegen ist, stemmen sich auch manche Sprachbenutzer/-innen eifrig gegen diese Entwicklung. Dieser Eifer artet allerdings gelegentlich in Übereifer aus, wenn man dann Dinge lesen muss wie diese Überschrift: »Fragen an den Autoren Rolf-René Schneider«.
Rolf-René Schneider ist trotz seines Doppelvornamens gewiss nur eine Person und Autoren gibt es korrekt nur in der Mehrzahl. Falls es sich also nur um einen einzelnen Mann handelt, fragt man den Autor und nicht den Autoren.
Vor allem Nichtmuttersprachler/-innen können ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, im Deutschen die richtigen Endungen für die jeweiligen Fälle zu finden (ggf. zu raten), aber Muttersprachler/-innen – gerade solche, denen das gute Deutsch am Herzen liegt – sollten doch in der Lage sein, die Wörter Präsident und Autor korrekt zu beugen, nämlich der Präsident, des Präsidenten, dem Präsidenten, den Präsidenten, aber: der Autor, des Autors, dem Autor, den Autor.
Es ist dem guten Deutsch also nicht damit gedient, einfach nach Gusto überall die Endung -en anzuhängen, da sie bei manchen Wörtern wie Autor in dieser Form noch nie korrekt war.
Für alle, denen sich bei Formen wie den Automat oder den Präsident trotz Duden die Nackenhaare aufstellen, sei hier noch eine Gedichtstrophe zu Trost oder Belehrung zitiert:
Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend’ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
Der, der hier die endungslose Form niemand statt des laut Duden besseren niemandem verwendet, ist Johann Wolfgang von Goethe (»Westöstlicher Divan«, Buch des Sängers, Selige Sehnsucht). Man sieht also, die vermeintlichen Sprachverhunzer von heute befinden sich in recht namhafter Gesellschaft von gestern …
Nicola Frank