Ausgabe 3/2013

Purismus in der Spracharbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft?

Zur Bedeutung von Richtigkeit und Reinheit in der Puritas- und Decorum-Rhetorik der deutschen Sprachreform im 17. Jahrhundert

Genau betrachtet, strebte die Fruchtbringende Gesellschaft in ihrer Spracharbeit nicht nach einem eigenständigen Fremdwortpurismus im modernen Sinne, sondern nach einer umfassenden renaissancehaften Reform des Gemeinen Deutsch, welche freilich auch auf Puritas, d. h. grammatische Richtigkeit und stilistische Reinheit, zielte. Die Hochsprache blieb jedoch an Eleganz und ein sprachliches Decorum gebunden, so dass etwa seit den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts auch unter Mitgliedern dieser Akademie wie Philipp von Zesen ein modischer barocker Purismus entstand, der allerdings innerhalb und außerhalb der Gesellschaft kritisiert und überwunden wurde.

Rather than modern purification of the vocabulary from foreign influences, the philological emphasis of the Fruchtbringende Gesellschaft was on a general reform of Early-Modern German, which, to be sure, also encompassed puritas, i. e., grammatical correctness and stylistic purity. Literary standard German was subject to the decorum and elegance of language, hence a fashionable purism of the Baroque style developed also among members of this academy, such as Philipp von Zesen. Eventually, criticism both from within and outside of the Society overcame such mannerist tendencies.

1 Moralisch-patriotische Kritik der ›Fremdgierigkeit‹

Justus Georg Schottelius, unter dem Namen des Suchenden seit 1642 Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft,1 wetterte im selben Jahr in seinem höfischen Schauspiel Friedens Sieg ähnlich wie so viele andere Zeitgenossen gegen die Frömdgierigkeit der Deutschen. Einen Teutschen lässt Schottelius darin klagen: »Aus meinem Lande ist das alte Vertrauen/ und Teutsche Redligkeit meistenteihls vertrieben/ die Tugend samt Jhren Töchtern gutenteihls ins Elend verjaget/ hergegen die Uneinigkeit/ Mißtrauen/ Kriegeswüte/ Lastersäuche/ samt der verdamten Frömdgierigkeit beliebet/ und belobet worden […].« (Schottelius 1648: 89) Von solcher Kritik an der politischen und moralischen Zügellosigkeit blieb die selbstvergessene Gier nach fremdem Wesen nicht verschont. In der Widmung seiner Teutschen Sprachkunst bezog der Suchende 1641 solches Verlangen ausdrücklich auch auf die deutsche Zunge und begründete das Begehren aus der Verachtung dieser Sprache:

Die frömdgierigkeit scheinet durch ein hartes verhengniß sonderlich den Teutschen gar tieff angeboren zu seyn. Die außländer halten die Teutschen (was jhre Sprache betrifft) für grobe brummende Leute/ die mit rösterigen Worten daher grumen und mit harten blinden geleute von sich knarren; ja/ man meynet/ die Teutsche Sprache hette nur ein tausend Wörter in sich derer achthundert von Griechen/ Hebræren [sic] und Lateineren erbettelt/ und ungefehr zweyhundert grobe Teutsche Wörter daselbst vorhanden weren; und helt man diese Hauptsprache/ als die nicht künne verstanden/ noch von anderen erlernet werden […]. (Schottelius 1641: Bl. [):( iij])

Solche Kritik motivierte neben Schottelius auch andere Zeitgenossen wie Johann Michael Moscherosch (FG 436. Der Träumende. 1645) und Johann Rist (FG 467. Der Rüstige. 1647) zu einer Art von kompensatorischer Gegenwehr, indem sie die Dignität der deutschen Hauptsprache herausstellten. In der Fruchtbringenden Gesellschaft und anderen Sprachakademien betrieb man einen patriotischen Kult der Muttersprache, der europaweit im Vergleich mit antiken Vorbildern schon im Kontext der humanistischen Wiederentdeckung der ethnischen Individualität vorbereitet worden war. Darauf deutet auch das in dem angeführten Schottelius-Satz vorangehende Tacitus-Zitat hin: »Vetera & aliena extollimus, recentium & nostrum incuriosi.« Damit verfälschte Schottelius den Tacitus-Satz allerdings im Wortlaut und in der Bedeutung, auch äußerte sich der römische Historiker so nicht, wie von Schottelius angedeutet, in der Germania, sondern in den Annales. Vor allem verglich Tacitus an der Stelle aber Griechen und Römer, nicht Germanen und Fremde allgemein. Während die Griechen nur Eigenes bewundern, preisen wir Römer, sagt Tacitus, das Alte und Fremde und kümmern uns nicht um die Gegenwart.2 Um diesen Fehler zu beheben, wollte Tacitus vor den Augen der Römer den Germanen Arminius als einen Mahner auf einen Sockel stellen.

2.1 Emanzipation aus der Abhängigkeit von fremden Sprachen

In der Auffassung von Schottelius und seinen Vorläufern gibt es nicht nur einen Zusammenhang der politisch-militärischen mit der sittlichen, sondern auch mit der sprachlichen Kultur. Ausgerechnet die Römer lieferten den Germanen und anderen im Zeitalter der Renaissance Exempel sprachlicher Emanzipation. Nach Valerius Maximus antworteten römische Beamte den Griechen nur lateinisch, und Tiberius soll sich nach Sueton im Senat dafür entschuldigt haben, dass er das aus dem Griechischen stammende Wort monopolium gebrauchte. Sollte auch kein geeignetes Wort für das gleichfalls griechische emblema gefunden werden, müsse die Bedeutung durch mehrere Wörter ausgedrückt oder der Text umschrieben werden.3 Dementsprechend hoben Schottelius, Christian Gueintz (FG 361. Der Ordnende. 1641) und besonders beispielreich Martin Opitz von Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte. 1629)4 in ihren Widmungen und Briefen an das Oberhaupt der Fruchtbringenden Gesellschaft, Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, Cäsaren und spätere Fürsten als Förderer der Volkssprache und der volkssprachigen litterae hervor, darunter Karl den Großen, Rudolf von Habsburg und Minnesinger wie Fürst Heinrich I. von Anhalt. Gräfin Anna Sophia von Schwarzburg-Rudolstadt, Schwester Fürst Ludwigs und Stifterin des adligen Damenordens der Tugendlichen Gesellschaft, fragte sogar bei ihrem Bruder Ludwig von Anhalt-Köthen an, was es auf sich habe mit der Mitteilung des Luther-Freundes Joachim Camerarius in seiner Lebensbeschreibung Fürst Georgs III. von Anhalt, des Reformators,

daß allererst zu den zeiten des Grossen Keysers Carl vnsere leüte sich vnterstanden haben sollen deütsch zuschreiben, sey auch noch ein Buch verhanden, welches geschrieben worden zur zeit Keyser Ludwigs, des Grossen Carls Sohn, darinnen beschrieben seien etliche Evangelische Historien in Franckonischer zunge, vnd habe sich doch der deütschen sprach eigenschaft nicht schicken wollen in die federn, vnd langsam mit Lateinischen buchstaben schreiben lassen, vnd sey allererst dazumahl vor 272 iahren, bey Keyser Rudolphs zeiten erkant vnd beschlossen worden, daß die Deütsche sprach gleiche wort, wie die Lateinische haben solte, vnd nach solcher zeit seien nicht allein offene briefe vnd andere, sondern auch Bücher gemacht vnd geschrieben worden. (Zit. nach Conermann 1988: 596 f.)5

2.2 Alter und Dignität des Deutschen: Die Fruchtbringende Gesellschaft

Man suchte nicht nur in der römisch-griechischen Überlieferung, sondern auch in den Quellen des deutschen Altertums nach Belegen für die Würde und lange Überlieferung der deutschen Sprache. In einem Brief vom 19. August 1623 schrieb Fürst Ludwig an seinen Neffen Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche. 1622):

Worumb ich aber hier diese gesellschafftt nechst ihrem bekanten nahmen (der fruchttbringenden) auch die deutsche nenne, geschichtt nichtt alleine darumb billich, das sie zu außubung dieser vnserer Muttersprache von deutschen angerichtett, sondern auch weill in bewehrten geschichttschreibern, furnemlich aber in der Beyerrischen Chronick Hans Thurmeyers von Abenßperg, zu latein Johannes Aventinus genantt, von dem ursprung des nahmens German, oder Germani vnter andern diese meinung gesetzett, als wen es bey etzlichen von dem lateinischen wortt Germinare, sproßen, herfurscheußen oder fruchtbringen, hergenommen werde, worinnen dan also der rechte verstandt des erwehlten nahmens dieser gesellschafftt außer zweifels vorerst ins einem wortt angedeutett, dan sie ist erstlich Germann, deutsch, vnd hatte dan den nahmen der fruchtbringenden als germinantis an sich genommen, (wiewoll sonsten hierbey zu bemercken, das die eigentliche bedeutung des nahmens Germans dessen ist, der gerne an den Man oder des Mannes ihn zu bestreiten begierig ist). (DA Köthen 1992: I.1 Nr. 230819)

3 Umgang mit Fremdwörtern und Neologismen in der Fruchtbringenden Gesellschaft

Wenige Monate später, am 9. Januar 1624, trafen sich zwölf Mitglieder der Gesellschaft und berieten, »wie nemlich das wörtlein, (Materi) recht und rein teutsch zugeben« (DA Köthen 1992: I.1 Nr. 240109). Einer schlug Urheb vor, doch stieß er damit auf Kritik, »dieweil es mehr den anfang, oder vrsprung, alß den zeug, daraus etwas gemacht wirt, bedeutet«, und der Beleg vielleicht in dem dazu angeführten Buch der »Landes art vnd Muttersprach« des Autors entstammt. Schon dieses Beispiel zeigt, dass der Ersatz eines Fremdworts damals auf die Problematik der vernakulären, dialektal unterschiedlichen Volkssprache wie auch des damaligen, sowohl gesprochenen wie auch geschriebenen bzw. gedruckten Gemeinen Deutsch stieß, weil diese Sprachen nämlich so wenig im Wortschatz wie in der Formenlehre standardisiert und allgemein gebräuchlich waren.6 Somit könne also aus dem vorgeschlagenen Wort keine »algemeine nachfolg anderer länder, ohn anderweitliche vernünftige ausführung, vnd beweiß erzwungen werden«. Nun war im vorliegenden Fall zeug ein im Gemeinen Deutsch gebräuchliches Wort, jedoch:

Dieweil aber das wörtlein materÿ (wie mans eine gute zeithero in teutschen büchern, funden vnd gewohnheit ist,) etwas algemeiner, alß zeug ist, vnd von menniglich, auch den vnbuchstäbigen selbst, wan sie es lesen oder reden hören, wol verstanden wirdt, So haben wir es in des Bartas vertolmetschung, alß wol in demb bericht der geselschafft zwecks vnd vorhabens, vnd derselben musterung durchgehen, vnd ohne tadel bleiben laßen, halten auch noch, vnd biß auf anderer verbeßerung, dafür, das es also weder vnuerstendlich noch vnteutsch geben werde […]. (a. a. O.)

Dabei blieb es auch, denn das französische Wort matière wurde in seinen beiden Hauptbedeutungen in Übersetzungen der Fruchtbringenden Gesellschaft als Materi wiedergegeben, einmal in Tobias Hübners Nachdichtung der Seconde Sepmaine des Guillaume de Saluste sieur Du Bartas, das Hübner »beydes wegen der heilgen drinnen befindlichen Materi […] und dann der außerlesenen Art zu reden«7 in deutsche Welschverse fester Silbenzahl aus dem Französischen übertrug, dann in der Überarbeitung der Hübner-Übersetzung durch Fürst Ludwig und Diederich von dem Werder: »Gott schuf die Materi aus nichts.« (DA Köthen 1992: I:1 Nr. 240109 K 5) An anderer Stelle ging Fürst Ludwig sogar noch weiter. Als er 1639 eine satirische Erzählung Rudolfs von Dieskau (FG 155. Der Niedrige. 1628) erhielt, bedankte Ludwig sich dafür voller Anerkennung und entschuldigte sogar den Gebrauch von Fremdwörtern: »Der Niedrige hatt darinnen seinen sinreichen Kopff genugsam herfür gethan, und in einer frembden ausländischen gerichtssache wiewoll gar füglich sich auch vieler undeutschen frembden doch sonderlich fur diesen hohen gerichte verstendtlicher und üblicher worte gebrauchett, welches der geselschaft nach nichtt allerdings verantwortlich gewesen […].« (DA Köthen 1992: I.5 Nr. 390114)8 Gottfried Wilhelm Leibniz, der nach Möglichkeit für die Vermeidung oder den Ersatz der Fremdwörter plädierte, musste im späten 17. Jahrhundert den zunehmenden Gebrauch der fremden Wörter in politicis konstatieren:

In Staats-Schrifften, so die Angelegenheiten und Rechte hoher Häupter und Potenzen betreffen, ist es nun dahin gediehen, dass man nicht nur des Lateinischen, sondern auch des Frantzösischen und Welschen sich schwerlich allerdings entbrechen kan, dabey doch eine ungezwungene und ungesuchte Mässigung wohl anständig seyn dürffte, wenigstens solte man sich befleissen, das Frantzösische nicht an des Teutschen Stelle zu setzen, wann das Teutsche eben so gut, wo nicht besser, welches ich gleichwohl gar offt bemercket habe. (Leibniz 1717: 302 f.)

4 Grundlagen der fruchtbringerischen Spracharbeit am Gemeinen Deutsch

In dieser Feststellung zeigen sich bereits etliche mit der Vorstellung einer Reinigung verknüpfte Aspekte der Spracharbeit im 17. Jahrhundert. Auch die Fruchtbringende Gesellschaft konnte sich nicht auf einen Fremdwortpurismus per se konzentrieren, sondern musste den Wortschatz in der historischen Situation durch Auswahl der im Gemeinen Deutsch vorhandenen, auch regional und sozial unterschiedenen Lexeme unter Differenzierung der semantischen Möglichkeiten reinigen. Allein in der Periode Fürst Ludwigs (1617–1650) versammelte die Fruchtbringende Gesellschaft in ihren Reihen eine bemerkenswert große Anzahl von 527 Mitgliedern aus den aristokratischen und gelehrten Schichten und aus vielen, auch nichtdeutschen Regionen. Die daher resultierenden sprachlichen Unterschiede konnten im Hinblick auf die in jener Zeit beschränkten persönlichen Kontakte kaum im sprachlichen Umgang, sondern hauptsächlich fast nur schreibsprachlich ausgeglichen werden, vorab aufgrund grammatischer und lexikalischer Regulierung. In der höfischen, administrativen und wissenschaftlichen Sprache der in der Sozietät versammelten Vertreter unterschiedlicher Schichten waren gebräuchliche Fremd- und Lehnwörter nicht auszuschließen. Dieser Ausgleichsprozess verlangte eine grammatische Normierung der Sprache, welche jedoch angesichts des anfänglichen Fehlens von geeigneten Grammatiken und Wörterbüchern vor allem über die Aufstellung von stilistischen Modellen vermittelt werden musste. Sie konnten in der Schule, der Kirche, der Hausandacht, der Verwaltung, im Gespräch und in der Rede, im Gesang und im privaten Lesen und Schreiben eingeübt und verbreitet werden.9 Purifikation ist nur ein Aspekt dieses komplexen, nicht nur lexikalisch und grammatisch, sondern auch rhetorisch geregelten Vorgangs. Er lässt sich auch kaum durch einen erweiterten Begriff der Reinigung erfassen und sicher nicht ausreichend ohne Berücksichtigung des vielfältigen Normierungsprozesses verstehen. Vergleichbare Vorgänge, die auch die deutsche Spracharbeit motivieren konnten, vollzogen sich in anderen Kulturen Europas.

5 Köthen als vielsprachiges ratichianisches Wissens-, Bildungs- und Druckzentrum

Das Gemeine Deutsch des 15. und 16. Jahrhunderts und der Laienhumanismus bildeten den Boden, auf dem die Fruchtbringende Gesellschaft im Kontext der volkssprachigen und griechisch-lateinischen Renaissance in einen europäischen Wettbewerb eintrat, in dem andere Länder, besonders Italien, schon große Fortschritte gemacht hatten. Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, 1617 Gründungsmitglied der Fruchtbringer und von 1629 bis zu seinem Tod im Jahre 1650 Ältester bzw. Oberhaupt, war selbst Cruscante, hatte am ersten Wörterbuch der Accademia della Crusca mitgearbeitet. Sein Hof galt in der Architektur, der Lebensweise und der Kenntnis des Italienischen 1609 einem durchreisenden toskanischen Gesandten als ein Paradebeispiel italienischen Geschmacks. Darin übertraf er nach der Aussage dieses Zeugen andere deutsche Höfe, namentlich den in Dresden.10 1619 begann Ludwig, in seiner neuen Offizin zu Köthen wichtige Texte der italienischen Renaissance von Eingriffen der katholischen Zensur bereinigt zu drucken, darunter die erste Ausgabe von Tommaso Campanellas philosophischen Gedichten und seine, Ludwigs, eigene Ausgaben, Übersetzungen und Kommentare zu Giovan Batista Gellis philosophischen Dialogen.11

Köthen wurde im Zeitraum 1619 bis 1624 zum Druck-, Verlags- und Buchhandelszentrum auch für französische, lateinische, griechische, syrische und deutsche Texte, die meistens der ratichianischen Bildungs- und Schulreform dienten. Diese Reform wies eine strukturelle und geistige Nähe zur Fruchtbringenden Gesellschaft u. a. auch deshalb auf, weil sie über den Köthener Fürstenstaat hinaus auf eine umfassende Reform im ganzen Reich zielte. In einem Memorial an den Reichstag hatte der Pädagoge Wolfgang Ratke am 7. Mai 1612 zu erklären versprochen, »Wie im Gantzen Reich, ein eintrechtige sprach, ein eintrechtige Regierung, vnd endlich auch ein eintrechtige Religion, bequemlich einzuführen, vnd friedlich zu erhalten sey«.12 Auch im Einzelnen gab es viele Berührungspunkte zwischen Ratichianismus und Fruchtbringender Gesellschaft, z. B. in der Behauptung des Memorials, dass »die kunste vnd Faculteten an keiner sprachen, vnd hergegen die sprachen an keine kunste oder faculteten gebunden« seien. Gelli und Ludwig knüpften an diesen Kerngedanken des volkssprachigen Laienhumanismus an. In der Übersetzung von Gellis Capricci del Bottaio fragt der Fürst: »ist nicht unsere Muttersprache eben so wol geschickt/ jhre einmal gefaste sachen der lateinischen gleich an tag zu geben/ wie auch andere Sprachen/ die für gut/ richtig vnd schön gehalten werden?«13 Gelli war einer der Wortführer der italienischen Questione della lingua. Diese drehte sich u. a. um den Vorrang der toskanischen Grammatik und Lexik in Italien, vergleichbar der in der Fruchtbringenden Gesellschaft diskutierten Frage, ob dem Wortschatz und der Formenlehre des sog. Meißnischen Mansfelds und Anhalts, auf das sich der Fürst meistens bezog, ein Vorrang gebühre. Diese Frage hatte sich der aus Dithmarschen und damit aus einer literatursprachlich bereits verödenden niederdeutschen Region stammende Ratke gar nicht erst gestellt: »Nun ist der rechte gebrauch vnd lauf der Natur, das die liebe Jugend zum ersten ihre angeborne Muttersprache, welche bey vns die teutsche, recht vnd fertig lesen, schreiben vnd sprechen lernen, damit sie ihrer lehre in andern sprachen kunftig desto beser verstehen vnd begreiffen können, darzu die deutsche Bibel mit sonderlichen nutzen kan gebrauchet werden.« (Niemeyer 1841: 15)

Die ratichianische Methodik ging von der Muttersprache aus, sah vor, dass z. B. die kleine lateinische Universalgrammatik Ratkes neben von Wort zu Wort inhaltsgleiche Leitfäden in deutscher, griechischer, italienischer und französischer Sprache gelegt wurde. Nach dem System der Encyclopedia pro didactica Ratichii bzw. der AllUnterweisung: Nach der LehrArt Ratichii (1619) wurden auch vergleichbare deutsche und lateinische Leitfäden für die Metaphysik (Wesenkündigung), Logik (Verstandt-Lehr), Rhetorik (RednerLehr) und Physik (Naturkündigung) verfasst und sämtlich 1619 gedruckt. Selbst umfangreiche Werke wie ein griechisches Lesebuch, ein lateinischer Terenz, ein Compendium Logicae ad Didacticam (1621) und eine Ausgabe der Institutiones des römischen Rechts erschienen auch in deutscher Sprache. Das Wichtigste für uns ist aber zweifellos die Entdeckung, dass neben ein Compendium grammaticae latinae Ad Didacticam (1620) von Nicolaus Pompeius auch eine große deutsche Sprachlehre treten sollte.14 Sie konnte allerdings in der neuentdeckten, handschriftlich überlieferten Fassung nicht mehr erscheinen, bildete aber bereits die Vorlage für die erste deutsche Sprachlehre der Fruchtbringenden Gesellschaft, die von dem Hallenser Gymnasialdirektor Christian Gueintz nach kritischer Durchsicht Fürst Ludwigs und anderer Gelehrter und Fruchtbringer 1641 in Köthen unter dem Titel Deutscher Sprachlehre Entwurf herauskam.

6 Kriterien der fruchtbringerischen Spracharbeit

Es gab also, bevor seit 1641 die ersten großen Philologen wie Schottelius, Gueintz und Harsdörffer in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen wurden und diese ihre gelehrten Arbeiten veröffentlichten, schon seit langem ein Fundament für die Spracharbeit der Gesellschaft. Darum ist es wichtig, auch in Hinsicht auf das heute als Purismus bezeichnete Phänomen frühe Zeugnisse heranzuziehen und diese genau zu lesen. Seit dem ersten Gesellschaftsbuch der Fruchtbringer 1622 betonte ein dort beigegebener und häufig wiedergedruckter Kurtzer Bericht der Fruchtbringenden Gesellschafft Zweck und Vorhaben: »[…] daß man die Hochdeutsche Sprache in jhren rechten wesen und standt/ ohne einmischung frembder außländischer wort/ auffs möglichste und thunlichste erhalte/ uñ sich so wohl der bestē außsprache im reden/ alß d’ reinesten art im schreiben uñ Reimendichten befleißigen« (DA Köthen 1992 II.1: [10]) solle. Die reinste Art setzte also die Ausscheidung fremder ausländischer Wörter voraus, allerdings nur soweit es möglich und tunlich erschien, wie wir am Beispiel des Worts Materi gesehen haben.

Die Köthener Handschrift der ersten ausführlichen Grammatik definiert noch nach dem Vorbild des kleinen Leitfadens von 1619 als Zweck der deutschen Grammatik: »Die deutsche Sprachlehr ist eine dienstfertigkeit der zusammensetzigen deutschen wörter, rein deutsch zu reden«15,– wobei der Terminus rein, der auch im zitierten Kurtzen Bericht der Fruchtbringenden Gesellschaft vorkommt, der in der lateinischen Rhetorik und Grammatik verlangten Stiltugend der Puritas entspricht. Puritas sermonis als »idiomatisch korrekte Ausdrucksweise« (Lausberg 1973: § 463) fordert auch zur Vermeidung unnötiger Fremdwörter auf, dient in der Sprache der Römer aber recht eigentlich der grammatischen Richtigkeit unter der Stilnorm der Latinitas. In der ausführlichen lateinischen Grammatik von Pompeius heißt es: »Grammatica Latina est habitus instrumentalis dictionum latinarum conjungendarum, ad latinitatem.« Der Ausdruck habitus instrumentalis, Dienstfertigkeit, bezeichnet dabei einen sprachpropädeutischen Zweck, keinen sprachphilosophischen Begriff.16 Augustus Buchner (FG 362. Der Genossene. 1641) machte differenzierend darauf aufmerksam, dass die zur Latinitas führende Puritas eine über die Richtigkeit hinausgehende höhere Qualität der Rede beinhalte, welche nicht nur der Ratio in Analogia und Etymologia gehorche, sondern auch Erwartungen der Idiomatik (und damit wohl auch der soziolinguistisch wie syntaktisch und semantisch ausgerichteten Pragmatik) befolge:

Dann die reinligkeit der Sprache kann nicht durch und durch auß der Grammatica oder Sprachlehre erlernet werden, allß wie derselben richtigkeit. Dann diese bestehet uff gewißen regeln und sazungen, iene aber nicht. Und ist ein anders den regeln und der Sprachlehre nachreden, ein anders, wie es die reinligkeit und eigene art der Sprache erfordert. Allß wann ich sagte, ein Pferd ernehren, da weren die wörter zwar alle Deutsch, Sie wehren richtig geordnet oder gefügt, und dennoch were die rede nicht rein-Deutsch. Dann der Deutsche sagt nicht, ein Pferd ernehren; sondern, ein Pferdt halten. (DA Köthen 1992: I.5 Nr. 400122 I)

Eine Stilqualität wie die Latinitas sei daher auch im Deutschen anzustreben. Wir brauchen hier nicht der Entstehung der Begriffe der Latinitas bzw. des Hellenismus nachzuspüren17 und die Stellung der Puritas im rhetorischen System der Partes artis (inventio, elocutio, dispositio, elocutio, memoria) in allen Einzelheiten aufzuklären. Es genügt, die Puritas unter den Virtutes elocutionis zu lokalisieren (latinitas, perspicuitas, ornatus, aptum) und zunächst darauf hinzuweisen, dass Puritas nicht nur auf die Vermeidung des Fremdworts zielt, sondern grammatisch um der Latinitas willen Barbarismus und Solözismus meidet, also deshalb Formenlehre und Morphologie des Einzelworts und die syntaktische Form beachtet. Puritas sermonis (hier. ep. 57,2) und Sermo purus (Quint. inst. 5,14,33; 11,1,53) sind Bezeichnungen der Latinitas, die die Sprache auf ihre logische Folgerichtigkeit (analogia) und ihre etymologische Richtigkeit unter Berücksichtigung der Gewohnheit (consuetudo, usus) und der Überlieferung (vetustas) prüft. Der Auctor ad Herennium (4, 12, 17 ff.) verbindet Latinitas und Explanatio zur Elegantia, die zusammen mit der glatten Compositio der Wörter und der schmückenden Dignitas von Wörtern und Rede die gute Darstellung ausmacht. Ziel der Elegantia ist es, »ut unum quidque pure et aperte dici videatur«. Der Gekrönte forderte in seinem Buch von der Deutschen Poeterey (1624) in diesem Sinne vom Hochdeutschen, d. i. der deutschen Hochsprache, Zierlichkeit und Deutlichkeit:

Die ziehrligkeit erfodert das die worte reine vnd deutlich sein. Damit wir aber reine reden mögen/ sollen wir vns befleissen deme welches wir Hochdeutsch nennen besten vermögens nach zue kommen/ vnd nicht derer örter sprache/ wo falsch geredt wird/ in vnsere schrifften vermischen: als da sind / es geschach / für / es geschahe / er sach / für / er sahe; sie han/ für sie haben vnd anderes mehr: welches dem reime auch bißweilen außhelffen soll […].18

Auch Leibniz misst in seinem Aufsatz Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache die Spracharbeit der »Herren Fruchtbringenden«, der Crusca und der Académie française nicht an einer enggefassten grammatischen oder puristischen Vorstellung, sondern ordnet sie dem rhetorischen Konzept der besonders auf die Consuetudo und Elegantia ausgerichteten Elocutio unter, »in so weit keine Frage ist von dem Ursprung und Alterthum, oder von verborgenen Nachrichtungen, Künsten und Wissenschafften, sondern allein vom gemeinen Umgang und gewöhnlichen Schrifften, allwo der Teutschen Sprache Reichthum, Reinigkeit und Glantz sich zeigen soll, welche drey gute Beschaffenheiten bey einer Sprache verlanget werden« (Leibniz 1717: 286 f.).19 Diese drei Stilqualitäten setzen nach Leibniz die grammatische »Richtigkeit nach den Reguln der Sprach-Kunst« (ebd.: S. 307) voraus, welche allerdings auch noch selbst nach der schon von den Sprachakademien seines Jahrhunderts geleisteten Arbeit noch »vermittelst guter Uberlegung zusammengesetzter tüchtiger Personen« zu verbessern sei. Was den Reichtum anbelangte, zweifelte Leibniz nicht daran, dass »endlich eine jede Sprache, sie sey so arm als sie wolle, alles geben« könne, dennoch wollte er den Reichtum der Sprache ganz wie in der Fruchtbringende Gesellschaft vor allem durch Übersetzungen gefördert wissen.20 Leibniz Argument, dass gleichwohl nicht jede Sprache »Worte jedesmahl mit gleichem Nachdruck, und auch mit einem Worte« (ebd.: S. 289) übersetzen oder ausdrücken könne (vgl. equitare, dt. reiten, frz. aber aller à cheval) wenngleich »bey der Teutschen Sprache kein geringer Abgang hierinn zu spüren« (ebd.: S. 289 f.) , berührt den Wortschatz und damit auch den Fremdwortpurismus im heutigen Sinne. Leibniz empfahl, bei Bedarf Wörter zu erfinden, nach veralteten Wörtern zu suchen oder nach solchen zu fahnden, welche »schon vorhanden aber ietzo nicht beyfallen«. Bei den Fruchtbringern, namentlich bei Opitz, Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 716. Der Siegprangende. 1659) und Philipp von Zesen (FG 521. Der Fertige. 1648), finde man viel Gutes, auch bei schlechteren Autoren. Durch »Wiederbringung vergessner, aber an sich selbst guter Worte und Redens-Arten« (ebd.: S. 290) aus dem 16. Jahrhundert (Aventinus, Fischart, Luther, Hans Sachs u. a.), aus den Dialekten21 und selbst aus fremden Sprachen könne man dem Mangel abhelfen. »Was die Einbürgerung betrifft, ist solche bey guter Gelegenheit nicht auszuschlagen, und den Sprachen so nützlich als den Völckern. […] Wir Teutschen haben es weniger vonnöthen als andere, müssen uns aber dieses nützlichen Rechts nicht gäntzlich begeben.« (Ebd.: S. 293) Im Übrigen widmete sich Leibniz in seinem Aufsatz zwei Aspekten der Puritas, der Reinigkeit im engeren Sinne und dem hauptsächlich durch Poesie gewonnenen Glantz der Sprache, »dann wann es weder an bequemen Orten noch tüchtigen Redens-Arten fehlet, kommt es auff den Geist und Verstand des Verfassers an, um die Worte wohl zu wehlen und füglich zu setzen.« (ebd.: S. 311 f.). Wie Buchner erinnerte Leibniz an die idiomatisch-stilistische Bedeutung der Reinheit und unterschied sie von ihrer grammatischen Grundlage: »Die Reinigkeit der Sprache, Rede und Schrifft bestehet darin dass so wol die Worte und Red-arten gut Teutsch lauten, als dass die Grammatic oder Sprach-Kunst gebührend beobachtet, mithin auch der Teutsche Priscianus verschonet werde.« (Ebd.: S. 299) Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, das erste Oberhaupt der Fruchtbringenden Gesellschaft, schlug die Formulierung »Recht und rein deutsch« bei der Durchsicht der ihm von Gueintz vorgelegten Fassung der Sprachlehre von 1641 vor. Diese bestimmt dann als ihr Ziel »eine dienstfertigkeit der zusammensetzlichen Deutschen wörter recht rein Deutsch zu reden«. Das Köthener Manuskript spricht ursprünglich von deudschheit als Entsprechung zu latinitas im Sinne einer authentischen deutschen Sprache, die neben der grammatischen Richtigkeit auch die idiomatisch-stilistisch-rhetorischen Qualitäten berücksichtigt. Der damals offenbar sehr seltene Ausdruck Deutschheit bzw. ›Teutschheit‹ begann aber offenbar im Laufe des 17. Jahrhunderts Akzeptanz in dem anderen Sinne von »integritas, fides, & religio Germanis propria« zu entwickeln. Er bereicherte in seiner Nachwirkung den »Wortschatz der patriotischen Bestrebungen des 18. Jahrhunderts, die […] bei Klopstock, seinen Nachfolgern und in der sogenannten Deutschen Bewegung von Herder bis zur Romantik sich voll entfaltet haben […]« (Maurer/Stroh 1959 II: 54). Der moralisch-patriotische Sinn von Puritas klingt auch bei Leibniz an: »Was die Wort und Weisen zu reden betrifft, so muss man sich hüten vor Unanständigen, Ohnvernehmlichen und Fremden oder Unteutschen.« (Leibniz 1717: 299)

7 Vermisster Purismus am vielsprachigen Hof: Kritik des 19. Jahrhunderts

Auf einen jüngeren Artikel über »Sprachgeschichte und Geschichte von Institutionen« im repräsentativen Handbuch Sprachgeschichte22 verweist das Register hinsichtlich der sog. Sprachgesellschaften unter dem Lemma Purismus. Das bringt eine herkömmliche und offenbar weiterhin akzeptierte Meinung der Linguistik über diese Gesellschaften auf den Punkt, zumal der Artikel, der im Abschnitt »Deutsche Sprachgeschichte im Rahmen der Kulturgeschichte« steht, mit der Klassifizierung einer solchen Einschätzung sogar noch eine weitreichende Bedeutung verleiht. Weder die Bezeichnung dieser Vereinigungen als Sprachgesellschaften noch der Begriff Purismus werden historisch hinterfragt. Otto Schulz, Professor am Gymnasium des Grauen Klosters in Berlin, prägte 1824 den Ausdruck Sprachgesellschaft in einem Festvortrag der Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache (Schulz 1824: 9) und warf darin flugs der Fruchtbringenden Gesellschaft das Kostüm seines Vereins als einer romantisch-patriotischen Sprachgesellschaft über. Schulz verstand noch wenig von der alten Sprachakademie, meinte aber doch mit der offenbar unumgänglichen Herablassung: »Ihre Zwecke waren den unsrigen nahe verwandt, wie verschieden auch Form und Mittel seyn mochten, und was sie geleistet haben, wie wenig es seyn mag, ist doch immer noch dankbarer Anerkennung und der Erinnerung werth.« (Ebd.: 1). Der Berliner Universitätsprofessor Friedrich Wilhelm Barthold glaubte offenbar, ohne den mühseligen Erwerb von Quellenkenntnis schnell mal eine Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft schreiben zu können. Das zumindest suggerierte der herzoglich anhalt-köthensche Archivar und Bibliothekar Gottlieb Krause in der Mitteilung, Barthold habe 1847 auf der Durchreise in Köthen den unveröffentlichten Erzschrein mit seinen vielen Briefen und Beilagen seufzend, jedoch ohne Studium beiseite geschoben, da er die Veröffentlichung seines schon nahezu fertigen Buchs über die Akademie nicht verschieben mochte (Krause 1877: III, S. V). In seiner Darstellung entrüstete er sich stattdessen über das Fremdwesen im Kreise der Fruchtbringer und ihrer Zeitgenossen. 23 Zusammen mit ihren Frauen hätten die Anhaltiner und deren Nachbarn ihre Verehrung für den höfischen Roman L’Astrée und dessen Autor Honoré d’Urfé u. a. durch Gründung einer Académie des Parfaits Amants bekundet, dem Autor gemeinsam eine französische »Urkunde« ihrer Bewunderung geschickt und die bukolischen Vorbilder durch Rollenspiele nachgeahmt:

Ob bei diesem schnöden Abfalle von den Gesellschaftszwecken und gefährlichem Rückfall in thatlose Bewunderung der französischen Musenkünste unser „Nährender“ sich entrüstete, ob er die Selbstironie und den Widerspruch mit den bisherigen patriotisch-sittlichen Tendenzen der Gesellschaft fühlte, oder ob er die Sache nur für einen vorübergehenden Scherz hielt, und voll Verlangen, Urfé’s Talent so würdevoll anzuerkennen, sich drein gab; wer die merkwürdige Urkunde verfaßt habe, ob der Nutzbare? ist eben so wenig überliefert, als in welcher Form die Schäferrepublik am Bode- und Selke-Thal sich erging. Wir mögen uns vorstellen, daß junge und alte Hirten ihre zärtlichen Beziehungen unter dem Namen des Romans verbargen, sich bei Tafel und in Gesellschaft oder brieflich damit begrüßten; einander in gutem Französisch artige Dinge sagten und auch wohl Schalkheit versteckten. (Barthold 1848: 140)

In einer solchen, für das Buch kennzeichnenden Suada verband Barthold nahtlos und neckisch Biederkeit, Patriotismus und Sprachkritik.

Tatsächlich gehörte Vielsprachigkeit ebenso in den Kontext der alteuropäischen höfischen Gesellschaft wie in den der Respublica litteraria der Frühen Neuzeit. In ihren Briefen bezeichnete sich die Fruchtbringende Gesellschaft als accademia, académie, societas oder im Deutschen als Gesellschaft, auch weil sie das lateinisch-griechische Wort academia als die in Deutschland damals gebräuchliche Bezeichnung der Universität und wohl auch als Fremdwort vermeiden wollte (DA Köthen I.2 Nr. 290310 K 3 u. ö.). In ihrem Gründungsbericht von 1622 setze sich die Sozietät mit den fremden (italienischen) Akademien auf eine Stufe und musste daher das Fremdwort gebrauchen. Bei einer Zusammenkunft sei »unterschiedener Academien, die in frembden Landen/ beydes zuerhaltung guten vertrawens/ erbawung wolanstendiger Sitten/ als nützlicher außübung jedes Volcks LandsSprachen/ auffgerichtet/ erwehnung geschehen«. (DA Köthen 1992: II.1, [8])

Das in der Fruchtbringenden Gesellschaft schon früh und wohl von Anfang an verbreitete Streben nach deutschem Ausdruck, der allerdings durch den Gebrauch von akzeptierten oder unvermeidlichen, vielleicht neuartigen Fremdwörtern wie Materi oder Academie modifiziert wurde, rechtfertigt es nicht, Purismus in einem unhistorischen Sinn zu einem Kernmerkmal der Fruchtbringenden Gesellschaft und anderer Sprachgesellschaften zu erheben. Der neuseeländische Linguist Alan Kirkness scheint die Problematik einer Gleichsetzung von Purismus und Puritas erkannt zu haben, denn er glaubt in seinem Beitrag »Das Phänomen des Purismus in der Geschichte des Deutschen« den Fremdwortpurismus nur bedingt auf die Spracharbeit der Sprachgesellschaften anwenden zu können.24 Der spätere Fremdwortpurismus des 19. und 20. Jahrhunderts treffe

auf den Purismus des 17. und 18. Jhs. nur partiell zu, der die zugrundeliegende Vorstellung von Reinheit der Sprache weiter faßt. Es geht nicht nur um zwischensprachliche, sondern auch um innereinzelsprachliche Transferenz(en) von den Sozio- und Dialekten in die Hoch- und Schriftsprache, oder später: Standardsprache als Leitvarietät (Hochdeutsch). »Rein« ist nicht nur mit »fremdwortfrei« wiederzugeben, sondern entspricht eher »richtig« im Sinne von »gesetzmäßig«, »normgerecht« o. ä., und zwar im varietätenpuristischen Sinn auf die Leitvarietät bzw. Standardsprache bezogen. (Kirkness 1998: 407)25

Solche Reinheit stehe im Zusammenhang mit Sprachvolk, Staatsvolk und Staatsgebiet.26 Wenn man nicht, koste es, was es wolle, um einen unhistorischen Zusammenhang zu konstruieren, den verdächtigen Begriff Purismus unbedingt als Kernmerkmal der Sprachakademien des 17. Jahrhunderts erkennen will, dann ist es geboten, den rhetorischen Begriff puritas von Purismus zu unterscheiden. Rein heißt nicht bloß »richtig, gesetzmäßig, normgerecht o. ä.«, sondern bezeichnet eine der Volkssprache gemäße rhetorisch-stilistische, grammatisch fundierte Qualität der Hochsprache, eben Deutschheit, Germanismus, Latinitas u. ä. Puritas, Reinheit, gründet zwar auf Richtigkeit und steht in der Renaissance und bis ins 18. Jahrhundert auch im Kontext eines sowohl politisch wie ethisch zu verstehenden Patriotismus und Humanismus, ist aber schon wegen ihrer Ausrichtung auf die Hochsprache linguistisch, metrisch und literarisch selbständig aufzufassen und als das höhere, eigentlich beabsichtigte Ziel der Fruchtbringenden Gesellschaft zu bewerten. Sonst hätte die Spracharbeit der Fruchtbringer in den wechselnden radikalen etymologischen und orthographischen Einfällen Philipp von Zesens kulminiert.

8 Gesellschaftliche Vereinbarung des Richtigen im rhetorischen System

Gewiss musste im 17. Jahrhundert die Sprache berichtigt, d. h. reguliert und nach für alle annehmbaren Regeln normiert werden. Als Beispiel führe ich die Polyflexion an, die Markierung von Genus, Kasus und Numerus durch die starken Endungen aller Nomina einer Substantivgruppe in »vnserer so reich von Worten teutscher Muttersprachen«, wie es 1638 im Manifest Herzog Augusts d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227. Der Befreiende. 1634) zu seiner geplanten neuen Bibelübersetzung heißt (DA Köthen 1992: I.4 Nr 380320 I). Solche Überdeterminierung gab es mundartlich im Ripuarischen, Oberdeutschen, auch im Schlesischen, sie taucht aber verstärkt bei Autoren aus den Gebieten der zerfallenden niederdeutschen Schreibsprache wie bei Rist und Schottelius auf.27 Schottelius stellt in seiner Sprachkunst aber starke und schwache Flexion zur Wahl: »Der guter (und gute) die gute das gute (gutes)« (Schottelius 1641: 229). Die Rücksicht auf den Wohlklang schien, besonders in den Augen von Schottelius, jedoch Zurückhaltung gegenüber der Polyflexion zu empfehlen. Der Nürnberger Georg Philipp Harsdörffer (FG 368. Der Spielende. 1642) schreibt einmal in seinem oberdeutschen Idiom endungslos »der Starckziehend Magnet« (Harsdörffer 1968: IV, 225), wozu Fürst Ludwig anmerkt, Harsdörffer habe »wohl gesehn das der StarckZiehender Magnet nicht klappen würde, und der starcke ziehende hatt er nicht setzen wollen, elidirt derowegen des e, sed pessime!« (Krause 1855: 335, Anm.) Das Streben nach grammatischer Richtigkeit kompliziert sich besonders beim Versuch, die syntaktische Einheit der Substantivgruppe durch die vereinheitlichende Funktion der Polyflexion zu verdeutlichen. Das gilt besonders in den damals so beliebten erweiterten syntaktischen Gruppen, z. B. wenn Johann Rist im Nominativ Plural nach dem artikellosen Pronominaladjektiv andere schreibt: »andere treffliche/ so wol zu Friedens als Kriegeszeiten berühmte Helde«.28

Die Formenlehre der deutschen Hochsprache konnte von der Fruchtbringenden Gesellschaft nicht oktroyiert werden, denn das richtige Deutsch musste zwar grammatikalisch geregelt, die Reinheit jedoch nach dem Sprachgebrauch und am Vorbild autoritativer Texte beurteilt werden. Quintilian hatte die Latinitas der Rede an den Kriterien Ratio, Auctoritas und Consuetudo gemessen (inst. 1,6,1–3). Während Ratio die Richtigkeit des sprachlichen Ausdrucks nach Analogien und Etymologien prüft, erkennt Auctoritas die Mustergültigkeit von Autoren an, und Consuetudo unterwirft das Ergebnis dem Kriterium des heute gültigen Gebrauchs (usus). Vetustas kommt als Stilkriterium nur in Maßen in der gelegentlichen Bereicherung der Rede durch alte Formen hinzu, trägt jedoch im Bereich der sprachkunstfernen alten Mundarten zur Etymologia bei, der Schottelius, Harsdörffer u. a. in der »Wortforschung« nachspürten. Notgedrungen wurde in der um 1640 auflebenden Sprachdebatte über die Regulierung des Deutschen das rechte Verhältnis von Ratio und Consuetudo oder Usus zum Angelpunkt. Auf den ersten Kupfertiteln der Köthener ratichianischen Lehrbücher prangte der das Alte verachtende Wahlspruch »RATIO VICIT.VETUSTAS CESSIT«.29 Vetustas gewinnt hier nicht aus dem ehrwürdigen sprachlichen Altertum Auctoritas, sondern ist die böse Gewohnheit, der unvernünftige, veraltete Gebrauch. Allerdings fand Schottelius, dass in der ersten »Denckzeit« (›Epoche‹) die »allerersten Teutschen/ welche so viel schöne Wörter/ so wol aus gleichender eintreffung der Vernunfft als der Sprachgründen gebildet […] haben ohnzweiffel dieser ihrer Sprache wolgeachtet und ihr Schreibwesen gehabt […]« und dass sich auf den beiden folgenden Entwicklungsstufen die Deutschen, darunter selbst Kaiser und Könige wie Karl d. Gr. und Rudolf von Habsburg, die volkssprachige Grammatik, Poesie, Fachterminologie und Bibelübersetzung gepflegt bzw. die lateinische durch die deutsche Rechtssprache ersetzt haben, jedoch erst in der Folgezeit Luther die »Bürde« dem Deutschen

abgenommen und den Teutschen gezeiget/ was ihre Sprache/ wenn sie wolten/ vermögen könte. […] Die fünfte und letzte Denckzeit möchte auf die Jahre einfallen/ darin das ausländische verderbende Lapp- und Flickwesen künte von der Teutschen Sprache abgekehret/ und sie in ihrem reinlichen angebornen Schmuck und Keuschheit erhalten werden/ Auch darin zugleich die rechten richtigen durchgehenden Gründe und Kunstwege also künten gelegt/ und beliebt werden/ daß man gemählich die Künste und Wißenschaften in der Muttersprache lesen/ verstehen und hören möchte. (Schottelius 1643: 144–147).

Eine solche bereits entwickelte, in ihren Fundamenten natürliche und vernünftige Sprache konnte nicht nur von Fremdwörtern gereinigt, sondern auch richtig begründet werden, damit sie Reinheit (puritas) und Schmuck (ornatus) gewann. Harsdörffer, Schottelius, Zesen und andere fanden in der antik und mystisch fundierten Tradition der Sprachphilosophie die Ratio in der Natur der Sprache veranlagt und wollten durch analoge Bildung die »grundrichtige« Wortform ermitteln. 30 Dagegen rückten der anhaltische Fürst Ludwig und der Hallenser Rektor Gueintz Übereinkunft und Consuetudo in den Vordergrund — durchaus im Einklang mit der rhetorischen Tradition, d. h. aber auch ohne Vernachlässigung von Ratio, Auctoritas und Etymologia. Sie machten damit eine vernünftige Regulierung vom modernen Gebrauch abhängig, den sie von schlechter, unvernünftiger Übung (vetustas) unterschieden. Ein so geregelter Usus modernus bleibt allerdings, da er die Frage nach der Satzung bzw. Herkunft der sprachlichen Zeichen nicht umgehen kann, wiederum an der Ergründung der Vetustas als einer der Quellen von Auctoritas interessiert. Die handschriftliche Köthener Sprachlehre behauptet, nicht anders als andere Grammatiken der Zeit, sogar: »Den Ursprung belangende ist die Deutsche sprache mehrentheils von der Hebræischen entsprungen.« (Bl. 11r). Harsdörffer sammelte, wie schon andere vor ihm, in seinem Specimem dissertationis deutsche Wörter hebräischen Ursprungs. In dem auch von Schottelius benutzten Werk Theodor Biblianders DE RATIONE communi omnium linguarum & literarū commentarius (Tiguri 1548) wird schon die These vertreten, dass alle Sprachen eine und dieselbe rationale grammatische Ordnung besäßen (DA Köthen 1992: I.2 Nr. 410706 K 6). Diesem Grundsatz folgte auch Ratke, als er seinen grammatischen Leitfäden für das Griechische, Deutsche, Italienische und Französische denselben, aus dem lateinischen Original übersetzten Text zugrunde legte.

9 Neologismen auf dem Holzweg in die Unverständlichkeit

Ratke fügte jeder einzelsprachigen Grammatik eigene Deklinations- und Konjugationstafeln an. Damit löste er aber nicht das Problem der Übersetzung, der Idiomatik und des Neologismus. Eines der interessantesten Beispiele bietet in der Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft die ambitiöse Übertragung einer Darstellung des biblischen David als politische Gestalt im Davide perseguitato des Virgilio Malvezzi marchese di Castel Guelfo. Der mecklenburgische Generalmajor Wilhelm von Kalcheim gen. Lohausen (FG 172. Der Feste. 1629) übertrug das Buch 1638 unter dem Titel Der Verfolgete David. Fürst Ludwig revidierte die Übersetzung zusammen mit Diederich von dem Werder und veröffentlichte sie 1643 in Köthen.31 Kalcheim sah sich in dem begrifflich und stilistisch anspruchsvollen tacitistischen Text großen Herausforderungen ausgesetzt und machte sich daher in der Vorrede auch Gedanken über seine Aufgaben (DA Köthen 1992: I.4 Nr. 381028 II). Er sei es der Fruchtbringenden Gesellschaft schuldig, heißt es da, das Buch »rein vnd gut Teutsch/ ohne Einmischung frembder Worte« wiederzugeben. »Sintemalen jede Sprach jhre Art- vnd Eigenschafften zu reden (Idiotismos) hat/ als hat nothwendig seyn müssen/ daß zu Zeiten ein kleine Vmbrede (Periphrasis) gebraucht worden.« Selbst die Erklärung verlangte nach Kalcheims Meinung also Versicherung durch das Zitat des übersetzten Begriffs. Zudem müsse die Übersetzung emphatikos, d. h. »deutlich vnnd nachtrücklich« sein. »Wenn aber solches sich nicht allemal schicken wollen/ als habe ich zu dem behü[l]ff/ etliche die von mir sonst nicht gelesen/ selbsten zugestalten/ (formiren) vnd dero mich zu gebrauchen befreyet.« Auch habe er »etliche Wortliebisch (Philologicæ) Anmerckungen« angefügt. Kalcheim kennt also neben der Umschreibung auch die Kniffe der übersetzerischen Neugestaltung und der Anmerkung. Er sei zwar den Worten so genau wie möglich gefolgt, habe jedoch gelegentlich »der Teutschen Sprach vnd Feder etwas Freyheit gegeben«, besonders wenn er an Bibelstellen die Übersetzung Luthers oder eine biblische Synopsis (Summarien) habe benutzen können. Kalcheim bittet den Leser auch in Betracht zu ziehen, »daß/ weilen Herrn Marggraffen Art in Jtalianischer Sprach zuschreiben/ kurtz/ hoch/ nachsinnig/ vnd dannenhero zu verstehen schwer: Gestalt/ Er des Tacitus SchreibensArt (Stylo) zu folgen/ vermütlich sich vorgenommen: Jchs auch nicht deutlicher ohne grosse langwirige Arbeit vnd Mühewaltung […] zu machen gewust […].« Es seien also von ihm »die Jtalianischen Arten zu reden vnnd zu schreiben/ nicht also deutlich vnd zierlich wie es sich gebühret/ vbergetragen vnd gesetzet worden«. Er bitte den Leser, ihm, der nie in Italien gewesen sei, seiner »Kriegsmännischen Feder etwas nachzugeben«, weil er »solcher Redensart (Idiotismorum) im Grunde vnkündig« sei, welches »meisten theils an Orthen/ wo von natürkündisch-Sternseherisch- vnnd dergleichen Sachen/ dero bedeutsame Wort/ ohne das nicht wol zu Teutsch gebracht werden mögen/ gehandelt/ geschehen ist«. Nicht nur in naturwissenschaftlicher oder rhetorischer Fachterminologie, sondern auch in der politischen Sprache, muss man hinzufügen. Das schönste Beispiel dürfte die Übersetzung des Begriffs »ragione di Stato« (ebd., K 6) als »Reden von Staet« sein. Die Revision von 1643 erklärt das als »Des Statsrecht/ Ragione di stato, ist eigentlich das Recht/ wie ein Reich/ Herschaft/ Land und Leüte zu regieren/ zu vertheidigen und zu erhalten: Zu Latein jus status, und wird darumb allezeit des Statsrecht geschrieben gefunden werden […].« Man beachte die Genetivfügung »Statsrecht«.32 Es gab also noch kein aus deutschen Stammwörtern zusammengesetztes Äquivalent, auch nicht in der Verdeutschung von Giovanni Boteros Della Ragion di Stato libri dieci. Kalcheim lehnte sich daher an das Niederländische an, wobei zu beachten ist, dass »reden van staet« auch Staatsvernunft bezeichnet. Stieler wusste auch, dass das sehr alte teutonische Wort Rede nicht nur ›oratio‹, sondern auch ›ratio‹ bedeute, wie es sich noch im Niederländischen zeige.33 Kalcheims Neologismus drückte also wirklich wohl zuerst den Begriff Staatsräson im Deutschen aus, auch wenn seine Bezeichnung Hapax Legomenon blieb.

10 Zesens puristische Verstöße gegen die Conversazio Civile der Fruchtbringer

Genau betrachtet, gab es in der Fruchtbringenden Gesellschaft keinen eigenständigen Fremdwortpurismus, sondern nur Streben nach sprachlicher Richtigkeit, die stets an die stilistische Reinheit gebunden blieb und damit auch an ein sprachliches und übersprachliches Decorum. Das schloss jene Form von conversazione civile ein, die der erste Zweck der Fruchtbringenden Gesellschaft im Kurtzen Bericht des Gesellschaftsbuchs beschrieb: »daß sich ein jedweder in dieser Gesellschafft/ erbar/ nütz- und ergetzlich bezeigen/ und also überall handeln solle/ bey Zusammenkünfften gütig/ frölig/ lustig und erträglich in worten und wercken sein/ auch wie darbey keiner dem andern ein ergetzlich wort für übel auffzunehmen/ also sol man sich aller groben verdrießlichen reden/ und schertzes darbey enthalten.« (DA Köthen 1992: II.1, [10])34 Dagegen verstieß Philipp von Zesen in den Augen seines Lehrers Gueintz, der ihn bei Fürst Ludwig als »Ehrgierig und Hochsinnig auch frauenholdig« (Krause 1855: 277) anschwärzte und ihm die Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft zu verbauen suchte. Schließlich, auch auf Fürsprache Buchners und Werders, erlaubte der Fürst dem mahnend Der Wohlsetzende genannten Zesen den Eintritt, definierte aber in seinem Gedicht auf Zesens Imprese das soziale Decorum, das mit rhetorischer und grammatischer Regelung einhergehen muss:

Gezwungne neuerung sey weit von uns verbant,

Weil sie die eigenschaft der rede wil verletzen:

Wer neue sachen setzt, der setze mit bedacht,

Und nehme die Natur der sach und sprach in acht. (Conermann 1985: III, 667)

Das hatte ihm auch Gueintz in Anspielung auf die Heilkraft seiner, Zesens, Gesellschaftspflanze ins Stammbuch geschrieben:

Wer wie das Ruhr-kraut würckt, nach der Natur wohlsätzet

und gleich was Varro35 tuht, tuht gleich wie auch Virgiel,

in Deutscher Muttersprach, der adelt beider Ziel.

Her Zesen würd darüm, und auch Deutsches, hochgeschätzet. (Krause 1855: 416)

Der Ratio der Analogia tritt damit nach dem Vorbild Varros neben Consuetudo und Auctoritas »natura« zur Seite, als ein viertes Kriterium der Latinitas wie auch der Deutschheit. Die Natur wirkt im unvermittelten Urteil des Sprachgefühls ebenso drastisch und elementar wie das Ruhrkraut im Stammbucheintrag. Solch ein Urteil ist im Systemzusammenhang mit den drei anderen Kriterien ebenso wenig absolut zu nehmen wie das des (auch von Schottelius und Zesen angeführten) Wohlklangs, der Euphonia. Es sind ästhetische Urteile, die auch in der Rhetorik verortet werden können, deren Betonung in der Spracharbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft jedoch historisch wohl nicht von dem neuartigen Geschmacksurteil über Sprache36 zu trennen ist, das Harsdörffers Lobrede des Geschmackes (1651) anlässlich der Wahl des Schmackhaften (FG 5. Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, FG 1617) entwarf.

Wie bekannt, hat sich Zesen nicht strikt und stetig an die Mahnungen gehalten, sondern mit geradezu puristischem Eifer wirkliche und eingebildete Fremdwörter ersetzt und besonders mit seiner Orthographie alles auf die Spitze getrieben. Der Nährende musste ihn auffordern, sich der »überflüssigen Klügeleyen« seiner Deutschgesinneten Genossenschaft zu enthalten, anderenfalls dürfe er nicht mehr seinen Namen in der Fruchtbringenden Gesellschaft gebrauchen (Krause 1855: 424 f.). Die Gesellschaftsleitung kritisierte damit einen als gesellschafts- und sprachfeindlich empfundenen Purismus und distanzierte sich zugleich auch von der gewollten, modischen37 Neuerung der Purifikation. Blickt man auf Zesens eigenes Bemühen um die Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft, so hatte er nach den etymologischen und orthographischen Kostproben in der eigenen Hooch-Deutschen Spraach-übung (1643) und in seiner Übersetzung von Scudérys Ibrahim (1645) allerdings eine Art Angebot zur Verständigung unterbreitet, wenigstens innerhalb der Deutschgesinneten Genossenschaft. Zesen fand 1646 in Johann Bellin, den er in dieser Schar den »Willigen« nannte, mit der Publikation einer kleinen Korrespondenz auch einen Helfer. Zesen verband damit erstens die Absicht, »daß wier vermittelst (weil darinnen fast der berühmtesten Leute/ die zu diesen zeiten mit aus-arbeitung unserer Mutter-sprache bemühet sein/ unterschiedliche uhrteil-sprüche so wohl von der hoch-deutschen sprache/ als ihrer Schreib-richtigkeit selbst/ begriffen sein) unter der gelehrten und bis noch zu ungleichstimmigen welt eine vergleichung und einhälligkeit treffen möchten«. Zweitens zielte er mit dem Druck der Schreiben, die seit etwa 1644 und bis 1646 verfasst wurden, darauf ab, seine Absichten »die deutsche schreib-ahrt betreffend« allen Mitgliedern der Genossenschaft bekannt und verständlich zu machen (Deutschgesinnete Genossenschaft 1647: Bl. Bl. A 7 v).

Darüber hinaus zeigte sich Zesen auch vor seinem Wittenberger Lehrer Augustus Buchner verständigungsbereit und ersuchte ihn um ein Empfehlungsschreiben an den Fürsten,38 das der Genossene willig am 12. August 1646 zusammen mit einem Bericht über Zesens Besuch erteilte:

ES hat auch/ Gnädiger Fürst und Herr gedachter H. Zesius seiner bishero gefürten Schreib-Art halben mit mir geredet/ sonderlich aber des C halben/ darfür jhm sonsten das K zusetzen beliebet/ in meinung daß es kein deutscher oder doch überflüßiger buchstabe were. Als ich ihm aber beybracht/ daß es auch in den ältesten schrifften zu finden/ und dannenhero nicht also frembde/ als man gemeinet/ dan auch die aussprache desto genehmer zu machen/ und sie von der alten und rauen art abzuleiten sehr dienlich/ und solcher ursachen halben von unsern Vorfahren in mehrern schwang gebracht; hat er so wol in diesen als anderen sich dermaßen erkläret/ daß seine bescheidenheit ich billich rühmen muß. (Deutschgesinnete Genossenschaft 1647: Bl. J ij v f.)

Die Bedeutung dieser Zeilen erhellt aus einem undatierten langen Brief Zesens (Deutschgesinnete Genossenschaft 1647: Bl. D viij v –G v) an Adolf Rosel, den Bemüheten in der Genossenschaft, welcher bei der Durchsicht von Zesens Ibrahim auf unverständliche Schreibweisen gestoßen war und den Fertigen um Erklärung gebeten hatte. Zesen begründete seine »Schreibart« durch etymologische Vergleiche von Lauten alter und jüngerer Sprachen.39 Dabei spielt der dritte Platz des g (und gh) im hebräischen, griechischen und altiberischen Alphabet eine besondere Rolle, weil er eine harmonische Ordnung der Laute und Dinge widerspiegle, die auch für die Reinigung des Deutschen maßgeblich sei.

Hierinnen hab’ ich ehrst gesähen/ wie die große zeuge-mutter aller dinge auch in den sprachen zu spielen pfläget: dan in sehr vielen wörtern kommen sie/ wo nicht allezeit den meisten buchstaben (die bisweilen nach ieder sprache mundahrt und eigenschaft nuhr etwas/ doch meisten teils in die verwante/ als g in ch/ gh/ k/ c und also ümgekehret/ verändert sein) iedoch der bedeutung nach/ ganz überein/ darnach ich mich auch mit der ahrt zu schreiben richten kan; […]. (Ebd.: Bl. E v)

Unsere Vorelten haben das überflüssige »c und q als zeuchen ihrer knechtschaft/ von den Römern/ wie auch eben von ihnen das grichische κ zugleich (welches die Lateiner zufohr/ da sie das c und q nach den ebräischen כ und ק noch nicht gestaltet und angenommen hatten/ gebrauchten) sondern auch ihr ganzes abece, entlehneten« (ebd.: Bl. E ij v). Die deutsche Schreibweise muss nach Zesens Brief aber nicht nur aus etymologischen Gründen purifiziert werden, so dass g auch das k (Stammwort mag) und gh das ch (maght) ersetzen kann. Vielmehr kommen in Anpassung der Schreibweise an die Aussprache des Worts auch zwei andere Kriterien zur Anwendung:

[…] so mus auch in herligkeit/ der grund- und änd-buchstab g von herlig nicht weg-geworfen/ noch das k von keit in ein h verwandelt wärden: und wie ich üm des wohl-klanges willen nicht spräche herlichkeit/ auch däswägen nicht also schreiben darf/ wie es dem uhrsprunge nach sein solte; so darf ich auch nicht ehlighen/ d. i. in den ehstand träten/ sondern ehligen/ schreiben/ ob es schohn von ehligh herflüßet/ weil die aus-sprache das beiständige nen-wort/ den ehlighen oder ehlichen kindern/ von dem zeit-worte ehligen/ zur ehe schreiten/ austrüklich und überal eines von dem andern/ unterscheidet/ also/ daß in dem einen das g nuhr alein/ in dem andern aber das g mit dem hauch-zeuchen h/ gehöret und geschrieben würd.

Neben die grammatischen Gesichtspunkte der Wortbildung und Flexion tritt hier der rhetorische Aspekt des Wohlklangs; alle wirken sich korrigierend auf das letztlich in der Harmonie der Sprachen begründete etymologische Prinzip und damit auf den »Purismus« aus (ebd.: Bl. E vj r).

11 Der barocke Purismus und seine Kritiker

Viele der von Zesen oder schon von anderen wie Ratke erfundenen Neologismen, Zusammensetzungen oder Ableitungen sind nicht bloße Lehnübersetzungen (bzw. -übertragungen) — wie Bug oder Fall für ›casus‹ (zu cadere), Fürname für ›pronomen‹, Beiwort für ›adverbium‹, Aussprache (Ausrede) für ›pronunciatio‹, Maß für ›quantitas‹ (vgl. metrum), Dagebiger für ›dativus‹.40 Sie sind oft auch Ausdruck einer metaphorischen oder personifizierenden Redeweise in Zusammensetzungen wie Tageleuchter für Fenster, Zeugemutter bzw. Lustinne für Natur. Historisch gesehen sind sie Anzeichen eines stilistischen Geschmackswandels hin zu einem barocken oder manieristischen Stil (Wells 1990: 313 f. u. 318 ff.). Barocke Puritas erstrebte auch Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau im Rückgriff auf europäische manieristische Vorbilder:

Meine Jugend traff gleich in eine Zeit/ da der gelehrte Mann Martin Opitz von Boberfeld/ der berühmte Schlesische Buntzlauer/ durch der Frantzosen und Holländer poetische Wercke angeleitet/ mit seiner Feder in das Licht trat. Meiner Natur gefiel diese reine Schreibens-Arth so sehr/ daß ich mir auß seinen Exempeln Regeln machte/und bey Vermeidung der alten rohen Deutschen Art/ mich der reinen Liebligkeit/ so viel möglich gebrauchte: Biß nachmals ich auff die Lateinischen/ Welschen/ Frantzösischen/ Niederländischen und Englischen Poeten gerieth/ darauß ich die sinnreichen erfindungen/ durchdringende Bey-Wörter/ artige Beschreibungen/ anmuthige Verknüpffungen/ und was diesem anhängig/ mir ie mehr und mehr bekant machte/ umb nicht/ was sie geschrieben/ nachzuschreiben/ sondern nur derer Arth und Eigenschafft zubeobachten/ und solches in meiner Mutter-Sprache anzuwehren. [Hoffmann von Hoffmannswaldau 1679: Bl. )( 2]

Obgleich Hoffmann, wie auch die anderen deutschen Poeten, weiterhin daran festhielt, dass »die Deutsche Poesie so reine worden/ daß sie der außländischen nichts mehr nachgiebet […]«, suchte er im Übergang zum Barock verstärkt Stilmittel wie die Concetti des Marinismus oder Gongorismus: »Dieses gestehe ich gerne/ daß die Welschen/ wegen jhrer ingemein angebohrnen Verstandes und Scharff-sinnigkeit/ an gutten Erfindungen […] den Deutschen manches mal zuvorgehen […]« (ebd.: vv).

Solch manieristischer Purismus, wenn man ihn wegen des Zusammenhangs mit der Reinigung der Sprache als Voraussetzung stilistischer Puritas so nennen will, trifft nicht den Kern der Spracharbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft Fürst Ludwigs und spiegelt auch nicht Hauptziele der Accademia della Crusca oder der Académie française wider. In den Statuten dieser Akademie werden bis in die Gegenwart mit den Begriffen der Reinheit, Regulierung und Verständlichkeit Aufgaben der Sprache beschrieben (vgl. Hafner/Kocher 2005: 493), welche auch der Fruchtbringenden Gesellschaft in der Zeit Fürst Ludwigs vorschwebten. In Italien, Frankreich und Deutschland standen dem Ziel der hochsprachlichen Eloquenz gesprochene, zum Teil geschriebene Sprachen oder Dialekte wie das Venezianische, Neapolitanische, Gaskognische, Okzidentanische, Bairische, Alemannische oder Nieder- bzw. Plattdeutsche im Wege. Historisch kam es auf den Wortschatzausgleich innerhalb eines entstehenden kulturnationalen Sprachgebiets an, den im Deutschen schon die Bibelübersetzung Luthers beförderte (vgl. Besch 1998). Man schlug verschiedene Wege zur Beseitigung der Hemmnisse ein, wobei die Inkraftsetzung der toskanischen Norm des 14. Jahrhunderts Italien auch noch im 19. Jh. bei der Gewinnung einer Nationalsprache förderte und auch behinderte. Wie in Italien erwiesen sich in Deutschland der französische Anspruch auf kulturelle Hegemonie und die politische Zersplitterung zugleich als Widerstände und als Antriebskräfte für die sprachliche Entwicklung. Für die Erkundung der komplexen Rolle puristischer Tendenzen in Deutschland verweise ich auf William Jervis Jones’ Anthologie und darin auf seine treffliche Zusammenfassung:

Anders als etwa im 19. Jahrhundert, wo national-politische Interessen zu einem stark institutionalisierten, engstirnigen Fremdwortpurismus führten, wendet sich die sprachreinigende Tradition im deutschen Sprachgebiet des 17. Jahrhunderts nicht exklusiv gegen Wörter fremder Herkunft, sondern auch (allerdings in variierendem Ausmaß) gegen Archaismen, Regionalismen, Vulgarismen und Neologismen; andererseits versucht man auch, die Sprachreinheit positiv als Übereinstimmung mit orthographisch-grammatischen Normen zu definieren. (Jones 1995: 6)

Abschließend seien einige wenige Beispiele angeführt, welche die Kritik des 17. Jahrhunderts am damals modischen Purismus illustrieren. Dazu wäre etwa Johann Balthasar Schupps satirischer Seitenhieb auf Kalcheim zu erwähnen, weil der »alle frembde Wörter, welche die Bauern nicht mehr vor frembd halten, hat wollen Teutsch geben […]«.41. Konfessionelle Vorbehalte gegen die überwiegend protestantische Akademie, aber auch pastorale Besorgnis waren im Spiel, als der bayerische Jesuit Graf Albrecht Curtz in der Vorrede seiner Psalmlieder die Fruchtbringende Gesellschaft für den Purismus verantwortlich machte, den Zesen und Genossen und auch alamodekritische Lustspieldichter wie Rist und Schottelius betrieben:

Absonderlich ist auch hier zu bedeuten/ daß wir vns in übersetzung dises heiligen Psalters/ keines weegs der newgeteutschten/ vnd an etlichen Orten eingeführten Worten gebrauchen wollen; dies seynd Bemühungen etlicher siñreichen Geister/ mit welchen die Einfalt deß heiligen Lieds nichts zuschaffen hat. Jst auch ohne das zweiffelhafftig/ ob diser newe frucht-bringende Baum/ in dem richtig teutschen Garten geduldet werden wolle? Dergleichen auffgemutzte/ vnd frembdkündige Wort gehören zu Auffzügen/ Schawspilen/ vnd Tantzereyen/ bey welchen man sich ohne daß der Franßen/ Federn vnd Schellen bedienet/ das heilige Lied aber also zubekleyden/ wäre nit vil besser/ als wann man vnsern gebenedeyten Erlöser in jetzund eingeführter frembder Tracht auffziehen lassen […] wolt. (Curtz 1669: § VIII)

Leibniz erkannte zwar die Leistung der Fruchtbringenden Gesellschaft an, tadelte aber deren Verfall und den damals grassierenden barocken Purismus, forderte auch zur Gründung einer Teutschgesinten Gesellschaft auf.42 In einem undatierten Brief an Hiob Ludolf, den großen Erforscher des Äthiopischen und anderer orientalischer Sprachen, erwähnte er das 1667 gegründete schwedische Collegium antiquitatum, das dem Dichter Georg Stiernhielm unterstand, als Vorbild für ein Collegium imperiale historicum, das neben Ludolf auch der Fruchtbringer und Pegnitzschäfer Christian Franz Paullini (FG 819. Der Wachsame. 1672) und andere erstrebten. Leibniz empfahl für den Vorsitz dieses vaterländischen Instituts Ludolf beim Reichsvizekanzler und Geheimen Rat Graf Leopold Wilhelm von Königsegg-Rothenfels. Trotz der Unterstützung durch Königsegg und dessen Nachfolger, den Fruchtbringer Graf Gottlieb von Windischgrätz (FG 669. Der Kühne. 1656), blieb die entscheidende kaiserliche Privilegierung dieser patriotischen Gesellschaft aus.43 Wie bekannt, sammelte schon Schottelius Belege für alte deutsche Wörter aus dem Rechtsleben. Umso mehr hätte sich eine Gesellschaft zum Studium der deutschen Geschichtsaltertümer auch der Sprachforschung verschrieben. Leibniz lobte zwar Schottelius’ »magnum opus« Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache (1663), kannte auch dessen Teutsche Sprachkunst (1641) und Gueintz Deutscher Sprachlehre Entwurf (1641), sah aber in Stielers großem Wörterbuch Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs oder Teutscher Sprachschatz (1691) entweder keine Arbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft oder kein Äquivalent zu den großen Wörterbüchern der Crusca und der Académie française. Seinen Plänen, die auf eine große nationale Akademie zielten, welche alle Wissenschaften, den Handel und die Handwerke in theoria cum praxi verbanden, hätte ein vergleichbares deutsches Wörterbuch allerdings auch nicht genügt, denn er forderte in seinen Unvorgreiflichen Gedanken für das Deutsche »ein eigen Buch vor durchgehende Worte, ein anderes vor Kunst-Worte, und letzlich eines vor alte und Land-Worte und solche Dinge, so zu Untersuchung des Ursprungs und Grundes dienen«, mithin ein »Lexicon« für den »Sprachbrauch«, wie es auch Fürst Ludwig und Gueintz gefallen hätte; sodann einen »Sprach-Schatz«, der die Fachbegriffe zum Nutzen von Wissenschaft, Handel und Handwerk versammelt hätte; schließlich einen »Sprachquell« oder »Glossarium Etymologicum« (461 u. 464). Die Fruchtbringende Gesellschaft habe sich nur mit der Erfassung des Sprachbrauchs begnügt.

Literaturverzeichnis

Quellen

Aventinus, Johannes (1710): Ioannis Aventini Annalivm Boiorvm Libri Vii. Cvm Doctissimorvm Virorvm Qvibvscvmqve Editionibvs Collati, Emendativs Avctivsqve Excvsi, Qvibvs Eivsdem Aventini Abacvs Simvl Cvm Perrarvs Francisci Gvillimanni De Helvetia Sev Rebvs Helvetiorvm Tractatvs Lectoris Cvriosi Commodo Accesservnt, Praefationem Cvrante Nicolao Hieronymo Gvndlingio, I.V.D. Sacri Tribvnalis, Qvod In Dvcatv Est Magdebvrgico, Consiliario Regio, Eloqventiae, Ac Antiqvitatvm In Fridericiana Professore Ordinario. Cvm Gratia Et Privilegio S.R.M. Pol. Et El. Sax. Lipsiae, Sumptibus Ioannis Friderici Bravnii, Anno MDCCX.

Curtz, Albrecht (1669): Harpffen DAVJDS Mit Teutschen Saiten bespañet Auch zu Trost/ vnd Erquickung der andächtigen Seel. Gesangsweiß angerichtet. Mit Röm. Kayserl. Majest. Freyheit nit nachzutrucken. Augspurg Getruckt vnd verlegt bey Simon Vtzschneider/ auff Vnser Lieben Frawen Thor. Anno 1669.

DA Köthen (1992): Briefe der Fruchtbringenden Gesellschaft und Beilagen: Die Zeit Fürst Ludwigs von Anhalt-Köthen 1617–1650. Reihe I [bisher 6 Bde.] Unter Mitarb. v. Dieter Merzbacher, Gabriele Ball u. Andreas Herz hrsg. v. Klaus Conermann. Tübingen bzw. Berlin u. New York 1992–; Reihe II, Bd. 1 Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen: Werke. Bd. 1, hrsg. v. Klaus Conermann. Tübingen bzw. Berlin u. New York 1992. = Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts. Fruchtbringende Gesellschaft. Kritische Ausgabe der Briefe, Beilagen und Akademiearbeiten (Reihe I), Dokumente und Darstellungen (Reihe II). Begr. v. Martin Bircher † und Klaus Conermann. Im Auftrag der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, [ab Bd. 3]: Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, in Kooperation mit der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel hrsg. v. Klaus Conermann. Reihe I, Abt. A: Köthen, Abt. B: Weimar, Abt. C: Halle. Reihe II, Abt. A: Köthen, Abt. B: Weimar, Abt. C: Halle. Wolfenbüttel bzw. Leipzig 1991–.

Deutschgesinnete Genossenschaft (1647): Etlicher der hoch-löblichen Deutsch-gesinneten Genossenschaft Mitglieder/ Wie auch anderer hoch-gelehrten Männer Sende-schreiben Ehrster teil; Darinnen von vielen zur aus-arbeitung der hoch-deutschen sprache höchst-nötigen stükken und andern nüzlichen sachen gehandelt würd: Auff erheischen und ansuchen der ganzen hoch-löbl. Deutsch-Zunft zusammen geläsen/ und mit einem Blat-weiser gezieret durch Johan Bellinen der freien Künste Meistern/ und der höchst-löbl. Deutsch-gesinneten Genossenschaft Mitglied. Hamburg Bei Heinrich Wärnern/ 1647.

Gueintz, Christian (1641): Christian Gueintzen/ Deutscher Sprachlehre Entwurf. Gedruckt zu Cöthen im Fürstenthume Anhalt/ Jm Jahre CHRisti 1641. Ndr. Hildesheim u. New York 1978.

Harsdörffer, Georg Philipp (1651): Fortpflantzung der Hochlöblichen Fruchtbringenden Geselschaft: Das ist/ Kurtze Erzehlung alles dessen/ Was sich bey Erwehlung und Antrettung hochbesagter Geselschaft Oberhauptes/ Deß … SCHMACKHAFTEN/ … zugetragen. Sampt Etlichen Glückwünschungen/ und Einer Lobrede deß Geschmackes. Gedruckt zu Nürnberg/ bey Michael Endter/ Jm Jahre 1651.

Harsdörffer, Georg Philipp (1968): Frauenzimmer Gesprächspiele. Hrsg. v. Irmgard Bötticher. 8 Tle. Tübingen.

Hoffmann von Hoffmannswaldau, Christian (1679): C. H. V. H. Deutsche Vbersetzungen Und Getichte. Mit bewilligung deß Autoris. Jn Breßlau/ Verlegts Esaias Fellgibel Buchhändl. daselbst/ 1679.

Kalcheim gen. Lohausen, Wilhelm von (1638), Übersetzer von Virgilio Malvezzi marchese di Castel Guelfo: Davide perseguitato:

Der Verfolgte David/ Auß Jtalianischem/ Herrn Marggraffen Virgilio Malvezzi, Teutsch vbergesetzt Durch Wilhelm von Kalcheim/ genant Lohausen/ Obristen- Feld- Wachtmeister/ vnd zur Zeit Obergebietigern in Rostock. Gedruckt daselbst/ Durch Michael Meder/ Jn verlegung Johann Hallervorts. 1638.

Kalcheim gen. Lohausen, Wilhelm von (1643), Übersetzer von Virgilio Malvezzi marchese di Castel Guelfo: Davide perseguitato; bearb. v. Fürst Ludwig v. Anhalt-Köthen u. Diederich von dem Werder:

Der verfolgete David/ Des Jtalianischen Herren Marggraffen/ VIRGILIO MALVEZZI. Deütsch übergesetzet Durch Weiland Wilhelm von Kalckheim genant Lohausen/ Obristen Feld-Wachmeistern/ und Obristen Kriegsbefehlichten zu Rostock. Aufs neüe übersehen und verbessert/ Mit angehefter erklerung etzlicher gebraucheten neüen Wörter/ Auch mit vorwissen und einwilligung der Fruchtbringenden Geselschaft an den Tag gegeben. Gedruckt zu Cöthen im Fürstentume Anhalt/ Jm Jahre 1643.

Krause, G. (1855): Der Fruchtbringenden Gesellschaft ältester Ertzschrein. Briefe, Devisen und anderweitige Schriftstücke … Hrsg. nach den Originalen der Herzogl. Bibliothek zu Cöthen v. G. Krause. Leipzig. Nachdr. Hildesheim u. New York 1973.

Krause, G. (1877): Ludwig Fürst zu Anhalt-Cöthen, und sein Land vor und während des dreißigjährigen Krieges … Nach den Quellen hrsg. v. G. Krause. 3 Thle. Cöthen u. Neusalz.

Leibniz, Gottfried Wilhelm (1717): Illvstris viri Godofr. Gvilielmi Leibnitii Collectanea Etymologica, Illvstrationi Lingvarvm, veteris Celticæ, Germanicæ, Gallicæ, aliarvmqve inservientia. Cvm Præfatione Jo. Georgii Eccardi … Hannoveræ, Smptibus Nicolai Foersteri M DCC XVII. Nachdr. Hildesheim u. New York 1970, Tl. 1 (recte 2), (»Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache«), S. 253–314.

Leibniz, Gottfried Wilhelm (1838): Deutsche Schriften. Hrsg. v. G. E. Guhrauher. Berlin. Nachdr. 2 Bde. Hildesheim 1966.

Leibniz, Gottfried Wilhelm (1986): Sämtliche Schriften und Briefe. Hrsg. v. der Akademie der Wissenschaften der DDR. 4. Reihe: Politische Schriften, Bd. 3. Berlin.

Opitz, Martin (1968): Gesammelte Werke. Kritische Ausgabe. Hrsg. v. George Schulz-Behrend. Stuttgart.

Pompeius, Nicolaus (1620): Compendium Grammaticæ Latinæ: Ad Didacticam. Cothenis Anhaltinorum. Anno M. DC. XX.

Schottelius, Justus Georg (1641): Justi-Georgii Schottelii Einbeccensis, Teutsche Sprachkunst/ Darinnen die Allerwortreichste/ Prächtigste/ reinlichste/ vollkommene/ Uhralte Hauptsprache der Teutschen auß jhren Gründen erhoben/ dero Eigenschafften und Kunststükke völliglich entdeckt/ und also in eine richtige Form der Kunst zum ersten mahle gebracht worden. Braunschweig/ Gedruckt bey Balthasar Grubern/ Jm Jahr 1641.

Schottelius, Justus Georg (1648): Neu erfundenes FreudenSpiel genandt Friedens Sieg. Jn gegenwart vieler Chur- und Fürstlicher auch anderer Vornehmen Personen, Fürstl. BurgSaal Zu Braunsweig im Jahr 1642. von lauter kleinen Knaben vorgestellet. Auf vielfältiges begehren mit KupferStücken gezieret und verlegt durch Conrad Buno In Wolfenbüttel Im Jahr 1648.

Schottelius, Justus Georg (1643): Der Teutschen Sprache Einleitung/ Zu richtiger gewisheit und grundmeßigem vermügen der Teutschen Haubtsprache/ samt beygefügten Erklärungen. Ausgefertiget Von Justo Georgio Schottelio. Dicasterij Guelphici Assessore. Lübeck/ Gedruckt durch Johan Meyer/ Jn Verlegung : Matthæi Düncklers Buchh. in Lüneburg. Anno 1643.

Schottelius, Justus Georg (1663): Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache 1663. Hrsg. v. Wolfgang Hecht. 2 Tle. Tübingen 1967 (= Deutsche Neudrucke 11–12).

Schupp, Johann Balthasar (1891): Der teutsche Lehrmeister. Mit einer Einleitung und Anmerkungen hrsg. v. Paul Stötzner. Leipzig (= Neudrucke pädagogischer Schriften 3).

Stieler, Caspar v. (1691): Der Deutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs/ oder Teutscher Sprachschatz … von dem Spaten. Nürnberg, in Verlegung Johann Hofmanns … Gedruckt zu Altdorf/ von Heinrich Meyern … 1691. Nachdr. Mit einem Nachwort v. Stefan Sonderegger. 3 Tle. München 1968.

Zesen, Philipp von (1970): Sämtliche Werke unter Mitwirkung v. Ulrich Maché u. Volker Meid hrsg. v. Ferdinand van Ingen. Bd. 1ff.. Berlin/New York.

Zesen, Philipp von (1643): Ph. Caesiens Hooch-Deutsche Spraach-übung Oder unvorgreiffliches Bedenken Über die Hooch-deutsche Haupt-Spraache und derselben Schreibrichtigkeit; Jn unter-redung gestellet/ und auff begehren und guhtbefinden der Hoochlöblichen Deutsch-Zunfft herfür-gegeben. Hamburg/ Bey Heinrich Wernern/ Jm Jahr m.dc.xliij. = (Zesen 1970: XI).

Darstellungen

Barthold, Friedrich Wilhelm (1848): Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft. Berlin.

Besch, Werner (1998): »Die Rolle Luthers für die deutsche Sprachgeschichte.« In: Sprachgeschichte: II.2, S. 1713–1745.

Blume, Herbert (1972): »Zur Beurteilung von Zesens Wortneubildungen.« In: Philipp von Zesen 1619–1969. Beiträge zu seinem Leben und Werk. Hrsg. v. Ferdinand von Ingen. Wiesbaden, S. 253–273. (= Beiträge zur Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts 1).

Cherubim, Dieter (2012): »Sprachdenken im Zeitalter des volkssprachlichen Humanismus: Justus Georg Schottelius.« In: Sprachdenker. Hrsg. v. Iris Forster/Tobias Heinz/Martin Neef. Frankfurt am Main u. a., S. 115–142.

Conermann, Klaus (1985): Fruchtbringende Gesellschaft. Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein. Das Köthener Gesellschaftsbuch Fürst Ludwigs I. von Anhalt-Köthen 1617–1650. 3 Bde. Leipzig [zugleich: Weinheim].

Conermann, Klaus (1988): »Die Tugendliche Gesellschaft und ihr Verhältnis zur Fruchtbringenden Gesellschaft. Sittenzucht, Gesellschaftsidee und Akademiegedanke zwischen Renaissance und Aufklärung«. In: Daphnis XVIII, S. 513–626.

Conermann, Klaus (2013): »Hochsprache und Umgangssprache in der Fruchtbringenden Gesellschaft. Beobachtungen anlässlich der Neuentdeckung einer handschriftlichen Köthener Sprach-lehr als Grundlage für Christian Gueintz Deutscher Sprachlehre Entwurf.« In: Germanistische Linguistik als Lebensaufgabe. Gotthard Lerchner zum 75. Geburtstag. Hrsg. v. Klaus Bochmann. (= Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philolog.-histor. Kl. LXXXII, Heft 4), S. 14–31.

Conermann, Klaus/Herz, Andreas/Schmidt-Glintzer, Helwig (2000): »Die Fruchtbringende Gesellschaft. Gesellschaftsgedanke und Akademiebewegung«. In: Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum Tl. I, hg. v. D. Döring u. K. Nowak (= Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. Philolog.-histor. Kl. LXXVI, Heft 2), S. 19–38.

Conermann, Klaus (2008): »Akademie, Kritik und Geschmack. Zur Spracharbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft des 17. Jahrhunderts«. In: Unsere Sprache I, S. 17–52.

Dyck, Joachim (1966): Ticht-Kunst. Deutsche Barockpoetik und rhetorische Tradition. Bad Homburg v. d. H. u. a. 3. Aufl. 1991.

Djubo, Boris (2008): »Tradition und Wandlungsprozesse in der Grammatikographie der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zu Christian Gueintz’ Grammatik«. In: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten XXXV, S. 93–114.

Gardt, Andreas (1997): »Das Fremdwort in der Sicht der Grammatiker und Sprachtheoretiker des 17. und 18. Jahrhunderts. Eine lexikographische Darstellung«. In: Zeitschrift für Deutsche Philologie CXVI, S. 388–412.

Große, Rudolf (1987): »Vom Meißnischen zum Obersächsichen. Zur Gewinnung der sprachsoziologischen Grundlagen vom 16. bis 18. Jahrhundert«. In: Beiträge zur Sprachwirkung Martin Luthers im 17./18. Jahrhundert. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Wissenschaftliche Beiträge 1987/ 10 (F 65). Halle (Saale), S. 19–35.

Härle, Gerhard (1996): Reinheit der Sprache, des Herzens und des Leibes. Zur Wirkungsgeschichte des rhetorischen Begriffs puritas in Deutschland von der Reformation bis zur Aufklärung. Tübingen.

J. Hafner/ U. Kocher (2005): »Purismus«. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hrsg. v. Gert Ueding. VII, Sp. 485–501.

Harbrecht, Hugo (1911): Philipp von Zesen als Sprachreiniger. Phil. Diss. Freiburg i. Br./Karlsruhe 1912.

Harbrecht, Hugo (1912): »Verzeichnis der von Zesen verdeutschten Lehn- oder Fremdwörter«. In: Zeitschrift für deutsche Wortforschung XIV, S. 71–81.

Henne, Helmut (2001): »Deutsche Lexikographie und Sprachnorm im 17. und 18. Jahrhundert«. In: Deutsche Wörterbücher des 17. und 18. Jahrhunderts. Einführung und Bibliographie. Hrsg. v Helmut Henne. 2., erw. Aufl. Hildesheim/New York, S. 3–37 (= Documenta linguistica: Reihe 2, Wörterbücher des 17. und 18. Jahrhunderts).

Herz, Andreas (2008): »Philipp von Zesen und die Fruchtbringende Gesellschaft«. In: Philipp von Zesen. Wissen, Sprache, Literatur. Hrsg. v. Maximilian Bergengruen und Dieter Martin. Tübingen, S. 181208.

Herz, Andreas (2009): »Der edle Palmenbaum und die kritische Mühle. Die Fruchtbringende Gesellschaft als Netzwerk höfisch-adeliger Wissenskultur der frühen Neuzeit«. In: Denkströme, S. 152–191.

Herz, Andreas (2010): »Die Macht der Gewohnheit. Die Regulierung der deutschen Sprache in der Fruchtbringenden Gesellschaft und ihre Hintergründ«. In: Unsere Sprache III, S. 7–30.

Hundt, Markus (2000): ›Spracharbeit‹ im 17. Jahrhundert. Studien zu Georg Philipp Harsdörffer, Justus Georg Schottelius und Christian Gueintz. Berlin/New York.

Hundt, Markus: »Die Instrumentalisierung der ›Wortforschung‹ im Sprachpatriotismus des 17. Jahrhunderts». In: Historische Wortbildung des Deutschen, hrsg. v. Mechthild Habermann, Peter Müller u. Horst Haider Munske. Tübingen, S. 289–313.

Ising, Erika (1959): Wolfgang Ratkes Schriften zur deutschen Grammatik (1612–1630). Tl. I: Abhandlung, Teil II: Textausgabe. Berlin.

Jones, William J. (1995): Sprachhelden und Sprachverderber. Dokumente zur Erforschung des Fremdwortpurismus im Deutschen (1478–1750). Ausgew. u. komm. v. William J. Jones. Berlin/New York.

Kirkness, Alan (1998): »Das Phänomen des Purismus in der Geschichte des Deutschen«. In: Sprachgeschichte II.1, S. 407–16.

Lausberg, Heinrich (1973): Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. 2., durch einen Nachtrag verm. Aufl. München.

Maurer/Stroh (1959): Deutsche Wortgeschichte. Hrsg. v. Friedrich Maurer u. Friedrich Stroh. 2. neubearb. Aufl. 3 Bde. Berlin.

Schildt, Joachim (1998): »Sprachgeschichte und Geschichte von Institutionen«. In: Sprachgeschichte II.1: S. 55–62.

Schottelius, Justus Georg (2012): Die vielen Gesichter des Justus Georg Schottelius. Gesammelte Beiträge aus Anlass der 400. Wiederkehr seines Geburtstages am 23. Juni 1612. (= Wolfenbütteler Barock-Nachrichten XXXIX).

Schultz, Hans (1888): Die Bestrebungen der Sprachgesellschaften des XVII. Jahrhunderts für Reinigung der deutschen Sprache. Göttingen.

Schulz, Otto (1824): Die Sprachgesellschaften des siebzehnten Jahrhunderts. Vorlesung und Stiftungsfest der Berlinischen Gesellschaft für deutsche Sprache. Berlin.

Siebenborn, Elmar (1976): Die Lehre von der Sprachrichtigkeit und ihren Kriterien. Studien zur antiken normativen Grammatik. Amsterdam (= Studien zur antiken Philosophie 5).

Sprachgeschichte (1998): Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Hrsg. v. Werner Besch, Anne Betten, Oskar Reichmann u. Stefan Sonderegger in 4 Teilbd. Berlin 1998–2004 (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 2).

Takada, Hiroyuki (1998): Grammatik und Sprachwirklichkeit von 1640– 1700. Zur Rolle deutscher Grammatiker im schriftsprachlichen Ausgleichsprozeß. Tübingen.

Trojanskaja, Jelena (1972): »Einige Besonderheiten in der Deklination der deutschen Adjektive im 16. u. 17. Jh.« In: Studien zur Geschichte der deutschen Sprache. Berlin, S. 43–78.

Wells, C. J. (1990): Deutsch: eine Sprachgeschichte. Aus dem Englischen v. Rainhild Wells. Tübingen.

Wels, Volkhard (2011): Triviale Künste. Die humanistische Reform der grammatischen, dialektischen und rhetorischen Ausbildung an der Wende zum 16. Jahrhundert. 2. Auflage. (= Postprints der Universität Potsdam. Philosophische Reihe 78) http://opus.kobv.de/ubp/volltexte/2011/5143/

Wolff, Hans (1888): Der Purismus in der deutschen Litteratur des siebzehnten Jahrhunderts. Straßburg.

Fußnoten

1 Im Folgenden werden Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft (FG) mit der Nummer der Eintrittsreihenfolge, dem Gesellschaftsnamen und dem Beitrittsjahr gekennzeichnet, also z. B. das Gesellschaftsoberhaupt Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen durch die Angabe (FG 2. Der Nährende. 1617). Vgl. das Mitgliederlexikon (Conermann 1985: III).

2 Tac. ann. II, 88 über Arminius’ Tod: »[…] caniturque adhuc barbaras apud gentes, Graecorum annalibus ignotus, qui sua tantum mirantur, Romanis haud perinde celebris, dum vetera extollimus recentium incuriosi.« Auch zitiert in (Aventinus 1710: II. 38).

3 Val. Max. l. 2. c. 2; Suet. Tib. 71. Martin Opitz (FG 200. Der Gekrönte. 1629) erwähnt den Bericht des Valerius Maximus in seinem Aristarchus (Opitz 1968: I, 61). Vgl. Zesen 1643: 37: »Tiberius wiewohl er das sonst freyhe Römische Volck mit ungewöhnlichen schweren Frohndiensten beladen/ hatt er doch sich sonderlich beflissen seiner Spraache hoheit und zierligkeit mehr zu erhalten/ alß durch fremder Ausländischen Spraachen Wörter zu verduncklen. Dann ehe Er das einige Wort Monopolium, welches er doch aus mangelung eines andern/ auszureden gezwungen ward/ ist er zuvor auffgestanden/ und bey dem gantzen ümsitzendem Rahte zu Room deswegen erlaubnüß gebehten/ damt ja der hoheit des Römischen Nahmens nichts benommen würde.«

4 Schottelius (1643); Gueintz an Fürst Ludwig (DA Köthen 1992: I.4 Nr. 381105); Opitz an Fürst Ludwig, a. a. O., I.1 Nr. 250700 (= Martini Opitii Acht Bücher, Deutscher Poematum. Breslau: David Müller 1625).

5 Vgl die Nachricht einer Chronik der Reichsstadt Nürnberg 1488: Im Jahr 1283 »ward […] beschloßen und bestett, daß die teutsch zung genugsamlich auß der latein und römischen zungen wort hett, daß man darin möcht allerlei hendel begreifen; wann wo sie mangel het gehabt an worten, were sie gepeßert und erfült auß andern sprachen.« (Jones 1995: 4) Philipp von Zesen (FG 521. Der Wohlsetzende. 1648) lobte Karl und Rudolf wegen der deutschen Fachwörter und der Begründung des Deutschen als Rechtssprache: »Es hatt ja Keyser Karl der Große die Deutsche Spraache so trefflich ausgeübet und allerley Deutsche Kunst-wörter selbst erfunden/ wie sein Eydam Eigenhard glaubwürdig berichtet. Keyser Rudolff der Erste hatt durch öffentlich ausschreiben gebohten/ daß alle für Gericht schwebende Händel in Deutscher und nicht Lateinischer Spraache solten ausgeübet werden.« (Zesen 1643: 38 f.) Auch andere Zeitgenossen nahmen diese Exempla dankbar auf, so Schottelius (1643: 20 u. 144 f.) und Harsdörffer in seiner Schutzschrift Für Die Teütsche Spracharbeit und Derselben Beflissene (1641/44) in Harsdörffer (1968: I 360 u. 384 f.). Den Hinweis auf Kaiser Karl als Poet verdankten Opitz und seine Zeitgenossen wohl meistens Paraeneticorvm Vetervm Pars I. … Cum Notis Melchioris Haiminsfeldi Goldasti (Insulae Ad lacum Acronium 1604: Ioannes Ludovicus), S. 97, vgl. 265 u. 348.

6 Vgl. die im Humanismus, namentlich von Pico della Mirandola, getroffene Unterscheidung zwischen der im alten Rom gesprochenen Sprache und der lateinischen Kunstsprache. S. Wels (2011: 45).

7 La SECONDE SEPMAINE DE GUILLAUME DE SAluste Seigneur du BARTAS. Die Andere Woche Wilhelms von Saluste Herrn zu Bartas/ Aus dem Frantzösischen gegenübergesatzten in Teutsche Reime/ mit ebenmässigen und gleichlautenden endungen/ auch nicht mehr/ oder weniger Sylben/ gebracht/ und so viel jmmer müglich/ und nach art Teutscher Sprach zuläßlich/ fast von wort zu worten rein Teutsch gegeben. M DC XXII. Gedruckt zu Cöthen/ im Fürstenthumb Anhalt. Bl. )?( iij r (Vorrede).

8 Das pseudonym veröffentliche Werk Dieskaus, das in der Tradition der Ragguagli di Parnaso des Traiano Boccalini steht, berichtet von einer Klage der von ihren Herren geprügelten Esel vor Apollo auf dem Parnass: Legation Oder Abschickung der Esell in Parnassum, Gestellet vnd verfertiget Durch Randolphum van Duysburgk Ao. M. DC. XXXVIII. Horat. de arte Poëticâ. Leipzig Gedruckt bey Gregorio Ritzschen/ Jm Jahr/ 1638. Vgl. Klaus Conermann (1985): »Rosenkreuzerischer Eselkönig und bäurische Legation oder Abschickung der Esell in Parnassum. Zwei Tiersatiren des frühen 17. Jahrhunderts. Auflösung einer Stofftradition und Entstehung eines politischen komischen Romans.« In: Daphnis 14, S. 721–757.

9 Über die älteren Stufen des schriftlichen und mündlichen Ausgleichsprozesses und seine regionalen und sozialen Träger vgl. z. B. Große (1987). S. auch die instruktive Beschreibung des Beitrags Luthers bei der Gewinnung des für das Gemeine Deutsch geleisteten Ausgleichs in Besch (1998). Zum Ausgleichsprozess im 17. Jh. s. bes. Takada (1998).

10 Daniel Eremita, d. i. Daniel L’Hermite. S. Klaus Conermann (1978): »War die Fruchtbringende Gesellschaft eine Akademie? Über das Verhältnis der Fruchtbringenden Gesellschaft zu den italienischen Akademien«, In: Sprachgesellschaften, Sozietäten, Dichtergruppen, hrsg. v. Martin Bircher u. Ferdinand van Ingen. Hamburg, S. 103–130 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 7). Zur Biographie und Bildungsgeschichte Fürst Ludwigs s. ders. (2002): Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (1579–1650). Die Fruchtbringende Gesellschaft. Zwei Aufsätze. Köthen (= Veröffentlichungen des Historischen Museums für Mittelanhalt 25).

11 Vgl. Gerhard Dünnhaupt (1979): »Die Fürstliche Druckerei zu Köthen. Ein Beitrag zum 400. Geburtstag des Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen (1579–1650).« In: Archiv für Geschichte des Buchwesens XX, Sp. 895–948; Klaus Conermann (1997): »Die fürstliche Offizin zu Köthen. Druckerei, Verlagswesen und Buchhandel im Dienste des Ratichianismus und der Fruchtbringenden Gesellschaft (1618–1644/50).« In: Wolfenbütteler Barock-Nachrichten XXIV, S. 121–178.

12 Herman Agathon Niemeyer (1841): »Mittheilungen über Wolfgang Ratichius.« In: Bericht über das Königliche Pädagogium Halle, 6. Forts., Halle, S. 14.

13 JOHANNIS BAPTISTAE GELLI Vornehmen Florentinischen Academici Anmutige Gespräch Capricci del Bottaio genandt. Darinnen von allerhand lustigen vnd nützlichen Sachen gehandelt wird. Auß dem Jtaliänischen ins Teutsche gebracht. Mit angehenckter kurtzer Erklärung etlicher Stück: vnd darauff folgenden Register. Zu Cöthen im Fürstenthumb Anhalt. Jm Jahr M. DC. XIX. S. 69. Vollständig wiederveröffentlicht in: DA Köthen 1992: II.1 [172–474], hier S. [241]. (Wels 2011: 72 Anm. 120) findet in Schottelius (1663: 2) den gleichen Gedanken, gemünzt auf die copia des deutschen Wortschatzes.

14 Pompeius (1620); Die Deutsche Sprach-lehr zur Lehr-art. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt/ Dessau: Abt. Köthen C 18 Nr. 55. Auskunft über die deutsche Sprachlehre gibt ein in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle Fruchtbringende Gesellschaft der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig erstellter Artikel Boris Djubos (Djubo 2008). Eine kritische Ausgabe ist in Vorbereitung.

15 Allgemeine Sprachlehr: Nach Der Lehrart Ratichii. Zu Cöthen/ Jm Fürstenthumb Anhalt. M. DC. XIX. S. 1: »Die Sprachlehr ist eine Dienstfertigkeit zur reinen Sprache«. Vgl. Grammatica Universalis: Pro Didactica Ratichii. Cothenis Anhaltinorum M. DC. XIX. S. 1: »Grammatica est habitus instrumentarius ad purum sermonem.«

16 Der Ausdruck »habitus« wird gebraucht in allen anderen Büchern zum Vorhaben der ratichianischen Encyclopedia, der Propädeutik aller zu lehrenden und lernenden Wissenschaften.

17 Lehrreich Siebenborn (1976): Zur Stellung der Puritas im Rhetoriksystem s. bes. Lausberg (1973, § 463–527) u. Hafner/Kocher (2005).

18 Opitz (1968: II.1, 37 1 f.). Auf die Benutzung der antiken Quelle weisen auch hin Dyck (1966: 68 Anm. 2) und danach Härle (1996: 141).

19 Insbesondere August Schmarsow (1877): Leibniz und Schottelius. Die Unvorgreiflichen Gedanken, untersucht und herausgegeben. Straßburg (= Quellen u. Forschungen zur Sprach- u. Culturgesch. d. german. Völker 23) versucht, Schottelius’ Einfluss auf Leibniz zu erweisen.

20 Leibniz: »Der rechte Probier-Stein des Uberflusses oder Mangels einer Sprache findet sich beym Ubersetzen guter Bücher aus anderen Sprachen. Dann da zeiget sich, was fehlet, oder was vorhanden, daher haben die Herren Fruchtbringenden und ihre Nachfolgere wohl gethan, dass sie einige Ubersetzungen vorgenommen, wiewohl nicht allemahl das Beste ausgewehlet worden.« (1717: 288) Das vorangehende Zitat erinnert an den oben erwähnten, von Gelli und Ratke vertretenen Gedanken, dass jede Volkssprache zum Ausdruck aller Ideen und Dinge befähigt sei.

21 Leibniz führt beispielshalber als schweizerisch Schutz- und Trotz-Verbündniss für ›Fœdus defensivum & offensivum‹ (ebd.: S. 292 f.) und als plattdeutsch Schlump für frz. ›nazard‹ (ebd.: S. 294 f.) an.

22 Joachim Schildt (1998): »Sprachgeschichte und Geschichte von Institutionen.« In: Sprachgeschichte II.1: S. 55–62.

23 Vgl. außerdem Schultz (1888: 19–21).

24 Vgl. Alan Kirkness (1975): Zur Sprachreinigung im Deutschen 17891871. Eine historische Dokumentation. 2 Bde. Tübingen. Ungenügend zwischen dem historischen Phänomen des Purismus und der Geschichte der Puritas-Vorstellung in den »Sprachgesellschaften« unterscheiden auch Hafner/Kocher (2005: 496 f.).

25 Jones (1995: 7) differenziert zwischen verschiedenen puristischen Richtungen: akademisch (z. B. Opitz, Buchner), höfisch-adlig (Fürst Ludwig u. Fruchtbringende Gesellschaft), kulturpatriotisch (Opitz, Schottelius), konservatorisch-archaisierend (z. B. Moscherosch), religiös-ethisch (Rist, Harsdörffer), volkstümlich (Grimmelshausen in seinem Teutschen Michel), satirisch (z. B. Grimmelshausen u. A. Gryphius), pädagogisch (Ratke, Christian Weise), philosophisch-bildungspoltisch (Leibniz). Im historischen Zusammenhang bringen solche groben Einteilungen keinen Erkenntnisgewinn.

26 Gerhard Köpf trieb diesen Ansatz in seinem Roman Die Strecke (Frankfurt am Main 1982, S. 343) ideologisch auf die Spitze, indem er im Teutschen Michel einen frühen Puristen und ein Mitglied sog. Sprachgesellschaften vermutete: »Jedenfalls einer, dem das Saubere am Herzen lag, und somit ganz eindeutig einer von uns.« Herz (2009: 152) formuliert treffend, die Fruchtbringende Gesellschaft erscheine bei Köpf als »eine puristische, xenophobe Vereinigung zur Rettung der deutschen Sprache vor ›Überfremdung‹ und damit [als] das Gegenteil einer Gesellschaft«.

27 Trojanskaja (1972); vgl. Christ. Sarauw: Niederdeutsche Forschungen I–II. København 1921–24, II, S. 81–85. Zu Rist vgl. Gertrud Ahlmann (1991): Zur Geschichte des Frühneuhochdeutschen in Schleswig-Holstein im Spiegel von Gelegenheitsdichtungen des 17. und 18. Jahrhunderts. Uppsala, S. 104 f. Beispiele für das Eindringen der Polyflexion in das Dithmarsische um 1600 liefert auch Wilhelm Simonsen (1911): Niederdeutsch und hochdeutsch in den Chroniken des Johann Adolph Neocorus und des Daniel Lübbeke. Phil. Diss. Kiel. Vgl. allgemein Margareta Horn (1984): Der holsteinische Niederelberaum: eine dialektgeographische Untersuchung. 2 Tle. Marburg.

28 Das Friedejauch[z]ende Teutschland/ Welches/ Vermittelst eines neuē Schauspieles/ theils in ungebundener/ theils in gebundener Rede und anmuhtigen Liedern Mit neuen/ von Herrn Michael Jakobi …. gesetzten Melodeien, Denen … wolbeseligten Teutschen Teutsch und treumeinentlich vorstellt Johann Rist (Nürnberg: Wolfgang d. J. u. Johann Andreas Endter 1653), S. 11. Trojanskaja (1972: 65) erwägt, ob der Ausfall des /-n/ im Auslaut bei Rist nicht auch auf »archaische Überreste echter starker Flexion« bzw. auf die Hamburger Mundart zurückgeführt werden kann.

29 Z. B. [Holzschnittrahmen mit der Devise »RATIO VICIT.VETUSTAS CESSIT.«] Allgemeine | Sprachlehr: | Nach | Der Lehrart | RATICHII. | [Zierstück] | Zu Cöthen/ | Jm Fürstenthumb Anhalt. | [Linie] | M. DC. XIX. *Herzog August Bibliothek: Sign. 289.1 Quod. (4).

30 Schottelius (1663: 58 f.): »Rebus singulis naturâ inest recta nominis ratio, Dixit Plato. Qui res nominavit, cognovit primum eas, quám nominaret, & divina quædam virtus, homines instruxit, rerumque nomina docuit, ait Ficinus.« Vgl. Conermann (2008: 38).

31 Kalcheim gen. Lohausen (1638) u. Kalcheim gen. Lohausen (1643).

32 Noch Stieler (1691: 2114) impliziert die hier gemeinte Bedeutung nur in dem Kompositum »Fürstenstat/ gubernatio, regimen, ductus & ratio Principis«.

33 Stieler (1691: 1538) zu ›redlich‹: »Rede est antiqvissima vox Teutonica, olim Rec/ & Reht scripta, atque non solùm orationem, sed & rationem notavit. Unde Belgæ hodieque dicunt: Uith wat vor Rede? ex qvâ ratione?«

34 Herz (2009: 176 f.) macht in diesem Zusammenhang mit Recht darauf aufmerksam, dass der »gute Sprachgebrauch […] der adelig-höfischen Bildungsschicht, […] Vulgarismen ebenso abstößt wie affektierte Künstelei« und überfrachtete Lehrhaftigkeit. Das Verhalten Zesens scheint ebenso wie seine übertriebene Sprache den feinen höfischen Comment der Conversazione civile verletzt zu haben.

35 Zum Kriterium »natura« bei Varro s. Siebenkorn (1976: 154): »natura sermonis numquam mutat nec plus aut minus tradidit nobis quam quod accepit.« (Varro frg. Diom. gramm. I 439,17) Dort stehe Natura im Gegensatz zu Ars und damit zu der Zesen vorgeworfenen gezwungenen Neuerung, die den Vitia des Barbarismus und Solözismus gleichkommt.

36 Zur neuartigen Theorie des Sprachgeschmacks s. Harsdörffer (1651); vgl. Conermann (2008: 45 ff.).

37 Hafner/Kocher (2005: 497): »Mitte des 17. Jh. scheint der P[urismus] eine Modeerscheinung geworden zu sein.« Es folgt ein Hinweis auf die damit verbundene Kritik solcher Autoren wie Moscherosch und Rist am Alamodewesen der Zeit.

38 Das Empfehlungsschreiben Buchners selbst überlässt dem Fürsten das Urteil über Zesen: »Was bis anhero H. Zesius in unserer sprache gethan/ ist E. F. Gn. nicht unbekant/ was künftig von ihme zu hoffen/ kan niemand besser als eben Dieselbe urtheile.« (Deutschgesinnete Genossenschaft 1647: Bl. J ij v). Ein undatierter, aber wohl Mitte 1648 geschriebener Brief Buchners an Gueintz zitiert ein lateinisches Epigramm Buchners, das dieser Zesen zur Warnung vor Ruhmgier (»Nil gloriare«) in das Stammbuch schrieb. Es nennt wohl die erwähnte Empfehlung an den Fürsten »testimonium Virtute partum, & publice à fama datum«. Cl. Viri Augusti Buchner Epistolarum Partes Tres … opera M. Joh. Jacobi Stübelii (Francof. & Lipsiæ: Martinus Gabriel Hübnerua 1707), S. 298 f., hier 299. Im Übrigen stimmt Buchner im Brief an Gueintz dessen Befund zu, dass Zesens Arbeit von Neuerungssucht gezeichnet sei. In einem Schreiben an den Fürsten vom 13.11.1648 scheint Zesen auf dieses Epigramm hinzuweisen.

39 Vgl. oben die Hinweise auf die von Bibliander und Ratke vertretene Lehre von einer allen Sprachen gemeinsamen rationalen grammatischen Ordnung.

40 Ising (1959: 322 ff. »Verzeichnis der deutschen Fachwörter Ratkes«); vgl. Wells (1990: 239).

41 Schupp (1891: 30). Auch zit. in Schultz (1888: 105); dort S. 106–117 weitere Kritiker des barocken Purismus.

42 Vgl. »Einige Patriotische Gedanken« (1680), in Leibniz (1986: S. 359–366); ders.: »Ermahnung an die Teutsche, ihren verstand und sprache beßer zu üben, samt beygefügten vorschlag einer Teutsch-gesinten gesellschafft« (1679) [veröffentl. 1680], ebd., S. 795–820; ders.: »Unvorgreifliche Gedanken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der teutschen Sprache« (1697/98) [veröff. 1717], in Leibniz (1717: S. 253–314) u. Leibniz (1838: I, S. 449–486). Vgl. Sigrid v. der Schulenburg: Leibniz als Sprachforscher. Mit e. Vorw. hrsg. v. K. Müller. Frankfurt am Main 1973; Conermann/Herz/Schmidt-Glintzer (2000: bes. 26 f.).

43 Ludolf nahm allerdings allein im Namen des Collogiums eine Welt- und Reichsgeschichte in Angriff: Allgemeine Schau-Bühne der Welt/ Oder: Beschreibung der vornehmsten Welt-Geschichte, So sich vom Anfang dieses Siebenzehenden Jahr-Hunderts Biß zum Ende desselben … Sonderlich in unserm Vatterland … begeben; Aus beglaubten Geschicht-Schreibern und bewährten Uhrkunden … Von einem Mitglied des COLLEGII IMPERIALIS HISTORICI (Franckfurt am Mayn: Johann David Zunner 1699); Bd. 3–4 v. Christian Juncker, Bd. 5 (1731) v. Johann Georg Pritius.

Prof. Dr. Klaus Conermann
Herzog August Bilbiothek
Postfach 1364
38299 Wolfenbütttel