8. August 2023

SPRACHE+RESPEKT – Folge 2: Sprache

Bilder: CC-Lizenz, Grafik: runkehl.net

Sprache

Die Folgen #2 Sprache und #3 Ich, Du, Er-Sie-Es thematisieren beide den Respekt in der Kommunikation. Folge #2 tut dies unter dem Blickwinkel, dass sich Kommunizierende in einer vergleichsweise bekannten Umgebung begegnen. Dies kann die gleiche Herkunft sein, die etwa einen vertrauten Kulturkreis einschließt. Dadurch sind spezifische Regeln, Verhaltensmuster, Traditionen bekannt und voraussetzbar. So kann vorausgesetzt werden, dass zwei deutsche Muttersprachler wissen, dass ein Handschlag und die Worte »Guten Tag!« als respektvolle Begrüßung gewertet werden. Folge #3 betrachtet dagegen den respektvollen sprachlichen Umgang in Settings, bei der die jeweiligen Gesprächspartner die (z. B. interessenspezifischen oder kulturellen) Hintergründe der oder des jeweils anderen ggf. nur unzureichend/gar nicht kennen und damit besonders der Gefahr (auch unbewussten) respektlosen Verhaltens ausgesetzt sind. Dabei lassen sich etwaige Überscheidungen in den Darstellungen, die auch im jeweils anderen Bereich eine Bedeutung besitzen, nicht vermeiden.

Abb. 2-1: Spiegel-Titel aus verschiedenen Jahrzehnten mit dem Thema deutsche Sprache

Sprache = ein Aufreger?

Alle 10 bis 15 Jahre schafft es das Thema Deutsch auf den Titel des Spiegels. Das Magazin thematisiert dies immer dann, wenn tatsächliche oder mutmaßliche Missstände zu beklagen sind, so etwa mangelnde Sprachkompetenz (1984 und 2006) oder unterschiedliche Reformbemühungen (1996 und 2021). Sprache ist tatsächlich ein hervorragender Diskussionsgegenstand: Knapp 85 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sprechen Deutsch – jeweils auf unterschiedliche Weise. Ebenso hat entsprechend jede und jeder eine eigene Meinung zu diesem Thema. Und tagtäglich gibt es vielfach gelingende und respektvolle Kommunikation, die zeigt: Sprache ist gewiss nicht alles, aber ohne Sprache ist sehr vieles nichts. Auch ein Grund, positiv darüber zu sprechen.

Sprache = Kommunikation

Das Wort Sprache steht in der Reihe SPRACHE+RESPEKT für Kommunikation, damit also den Austausch zwischen Menschen, die sich einander mitteilen. Diese Mitteilungen zwischen Menschen können dabei unterschiedlichsten Zwecken dienen, so etwa um Informationen auszutauschen. Der Begriff der Information ist dabei breitestmöglich zu verstehen. Sie kann Wissen vermitteln (»Der Eifelturm steht in Paris«), Vermutungen ausdrücken (»Morgen wird es wohl regnen«), Erfahrungen transportieren (»Das Werkzeug X eignet sich besser für die Arbeit Y«), »Klatsch und Tratsch« weitergeben (»Hast du schon gehört, der X hat …«) und vieles andere mehr.

Kommunikation ist eine sprachliche und soziale Handlung, innerhalb derer wir mit unseren Mitmenschen in eine Beziehung treten. In Sprechakten können wir anderen Kommunikationsteilnehmern gegenüber etwas behaupten, erfragen, befehlen, versprechen, vorwerfen, sie loben, beleidigen u. v. a. m. Schon diese Vielfalt verdeutlicht, dass in und durch solche Sprechakte respektvolle wie respektlose Kommunikation verwirklicht wird. Anders ausgedrückt ist Respekt damit ein Steuerinstrument, das die Art und Weise des Umgehens von Menschen miteinander reguliert, beispielsweise das Verhältnis von Nähe oder Distanz zwischen Menschen (vgl. die Anreden Hey Buddy vs. Sehr geehrter Herr X).

Fragt man danach, was zu einem guten Gespräch dazugehört, erhält man Merkmale, wie sie in Abb. 2-2 aufgeführt sind. Darin sind Aspekte enthalten wie angemessene Wortwahl, Einfühlungsvermögen (Empathie), Höflichkeit usw. Dies sind unmittelbare Eigenschaften einer respektvollen Sprache. Bei weiterem Nachdenken können jedoch auch die anderen aufgezählten Faktoren darunter zusammengefasst werden: Indem man sich Zeit nimmt, eine gute Atmosphäre zu schaffen, billigt man seiner Gesprächspartnerin/seinem Gesprächspartner respektvolle Aufmerksamkeit zu. Unter der Bereitschaft, dass respektvolle Kommunikation weit auszulegen ist, kann dementsprechend jedes der Merkmale unter SPRACHE+RESPEKT subsumiert werden.

Abb. 2-2: Gute Gespräche haben Gründe, warum sie als solche wahrgenommen werden (Angaben in Prozent, Quelle: Statista 2009).

Sprache als Ausdruck für Respekt an sich

Sprache als Werkzeug der Kommunikation stellt bereits einen Wert an sich dar. Wer mit anderen kommuniziert, teilt sich mit, bringt sich ein. So bietet jede/jeder dem Gegenüber Informationen, Hinweise, Alternativen, Lösungsvorschläge u. v. a. m.

Durch gegenseitige Kommunikation wird Verständnis und Vertrauen geschaffen. Der Satz »Wir müssen reden« verdeutlicht, dass damit ein fundamentales Grundbedürfnis zwischenmenschlichen Verhaltens befriedigt wird. Im alltäglichen Gespräch werden beständig Informationen ausgetauscht, verändert, korrigiert, um bspw. spezifische Interessen zu verwirklichen. Darin ist idealerweise die Bereitschaft von Kommunikationspartnern enthalten, sich auf die/den jeweils andere(n) einzulassen und auf deren/dessen Interessen einzugehen. Dies betrifft sowohl jede(n) Einzelne(n) in der eigenen Lebenswirklichkeit (»Dieses Jahr werde ich am Meer statt in den Bergen Urlaub machen«) als auch Gruppeninteressen aller Art (»Die Mehrheit der Schulklasse hat sich für Berlin als Ziel der Klassenfahrt entschieden«).

Die Bedeutung der Aussage, dass Sprache bzw. miteinander zu sprechen bereits einen Wert an sich repräsentiert, wird insbesondere in Krisensituationen deutlich. Wenn unterschiedliche Interesse nicht in Einklang gebracht werden können, werden diese Situationen in aller Regel nicht durch Schweigen oder »Aussitzen« bewältigt. Vielmehr müssen die beteiligten Parteien aufeinander zugehen, miteinander sprechen, um Lösungen herbeizuführen. Sehen sich diese nicht imstande, einen Gesprächsansatz zu finden, werden oftmals professionelle Kommunikationspartner »zwischengeschaltet«, um einen Dialog zu ermöglichen. In der Beziehungskrise kann dies ein sog. Mediator sein. In Tarifverhandlungen vermittelt bspw. ein Schlichter über die unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen der jeweiligen Parteien. Ein Gespräch(sangebot) ist damit immer auch ein Zeichen des Respekts, das dem Gegenüber signalisiert, dass die Bedürfnisse und Interessen der oder des anderen wahrgenommen werden. In Krisen und Konflikten zeigt sich, dass ohne Kommunikation keine Verständnisentwicklung und kein Interessensaustausch ermöglicht wird und sie ihrerseits einer Konfliktverschärfung entgegenwirken kann, um schließlich zu einer Konfliktlösung beizutragen. In besonders dramatischer Weise wurde diese Bedeutung der Welt im Oktober 1962 vor Augen geführt. Die Entschärfung der Kubakrise gelang, weil sich Amerika und die Sowjetunion auf ein quid pro quo (›dies für das‹) einigten, einen Tauschhandel durch Geheimgespräche, bei dem jede Seite einen Kompromiss machen musste. Gleichzeitig – und dies unterstreicht die Wichtigkeit von Kommunikation – wurde eine direkte Möglichkeit des Austausches zwischen Washington und Moskau durch das rote Telefon (auch: heißer Draht) eingerichtet.

Respektvolle Kommunikation: nicht nur durch Worte!

Ein wichtiger Bestandteil zum Verständnis von respektvoller Kommunikation besteht darin, nichtsprachliche Kommunikation darin einzuschließen. Respekt wird nicht nur durch Wörter und Sätze vermittelt, die zwischen den Kommunikationspartnern ausgetauscht werden. Auch außersprachliche Faktoren haben einen Einfluss. So vermittelt das lächelnde Nicken eines Zuhörers dem Sprecher Interesse und Aufmerksamkeit am Gesagten. Ein erhobener Daumen zeigt der Adressatin an, dass sie auf Zustimmung und Anerkennung stößt. Umgekehrt vermitteln verschränkte Arme und nach unten gezogene Mundwinkel Ablehnung und Desinteresse. Neben den körperlichen Möglichkeiten, respektvoll zu kommunizieren, gibt es viele weitere Mittel, das Bemühen darum zu unterstreichen. Ein besonders herausgehobenes ist beispielsweise die Kleidung. So wird in unserem Kulturkreis das Tragen schwarzer Kleidung während einer Bestattungsfeier als respektvolle Geste eingeordnet.

Respekt = reden (lassen), zuhören und einfühlen

Damit es im sprachlichen Umgang zu einer respektvoll-gelingenden Kommunikation kommt, bedarf es grundlegender Regeln, die auf das Erreichen eines Ziels ausgerichtet sind. Dazu gehören die Grundpfeiler der Rede, die immer auch die Rede der Gesprächspartnerin/des Gesprächspartners beinhaltet. Auf der anderen Seite bedarf es einer Zuhörerin/eines Zuhörers, die/der das Gesagte bewusst wahrnimmt. Und schließlich beinhaltet respektvolle Kommunikation das Bemühen, sich in die Sprecherin/den Sprecher hineinzuversetzen. So kann man »heraushören«, was über das Gesagte hinaus alles mitgeteilt werden soll. So schlicht diese drei Merkmale erscheinen, so schwierig sind sie in der Praxis umzusetzen. Jeder und jedem fallen hier zahllose Beispiele ein, etwa das Durcheinanderreden in der Gruppe. Auch alltägliche Diskussionsrunden im Fernsehen zeigen wiederholt, wie schwer es ist, z. B. das Rederecht der Sprechenden zu respektieren und auch die Redeabfolge einzuhalten bzw. umzusetzen. Mitunter haben Moderatorinnen und Moderatoren größte Mühen, die einzelnen Wortbeiträge in ein geordnetes Nacheinander zu kanalisieren.

Abb. 2-3: Respektvolle Kommunikation besteht aus Reden, Zuhören und idealerweise Einfühlen in den/die Gesprächspartner(in). CC-Lizenz

Je formeller eine Gesprächsrunde wird, desto umfangreicher und normierter können Diskussionsabläufe organisiert sein. Das Gespräch zwischen den Mitarbeitenden in der Kaffeeküche einer Firma unterliegt offeneren Regeln, wohingegen die Mitarbeiterversammlung mit der Geschäftsführung mitunter rigiden Sprech- und Diskussionsregeln unterworfen ist. Bei Letzterer ist z. B. oftmals genau festgelegt, wer überhaupt einen Gesprächsbeitrag leisten darf, ob bzw. wie viele Fragen gestellt werden dürfen usw.

Das Bemühen, herauszuhören, was die Gesprächsteilnehmerin/der Gesprächsteilnehmer dem Gegenüber tatsächlich sagen möchte, ist also mindestens genauso zentral wie das Reden und Zuhören. Wenn die Ehefrau in der Küche auf den Mülleimer zeigt und sagt: »Es stinkt!«, ist es keine die Wünsche der Frau respektierende Antwort des Mannes zu sagen: »Ja, das stimmt!« Vielmehr sollte dieser in der Lage sein zu erkennen (vorwegzunehmen, zu antizipieren), dass es im beiderseitigen Interesse um die Müllbeseitigung geht, die idealerweise mit »Ich bringe den sofort Müll runter« beantwortet wird.

Diese Bedeutung der Wahrnehmung von Wünschen, Interessen oder (impliziten) Forderungen des kommunikativen Gegenübers drückt sich in respektvollen Umgebungen darin aus, dass B in einem Gespräch mit A auf dessen Argumente und Positionen Bezug nimmt. Häufig jedoch werden diese nach ihrer Äußerung durch A von B außer Acht gelassen; B stellt dann lediglich seine Gegenpositionen auf. Ein solches Gespräch endet häufig mit Äußerungen wie »Du hörst mir nicht zu« oder »Du nimmst mich nicht ernst«.

Respekt = Fragen und Antworten

Ein schwieriges Feld im Kontext von respektvoller Kommunikation sind Fragen und Antworten. Trivialerweise erwartet eine jede/ein jeder eine Auskunft auf eine gestellte Frage. So wenn A von B wissen will: »Magst du lieber rote oder grüne Strümpfe?« Viele Frage-Antwort-Konstellationen werden jedoch von der Frage berührt: Was kann/darf man fragen bzw. antworten?

Hier zeigt sich unmittelbar die Schwierigkeit respektvoller Kommunikation, weil unterschiedliche Interessen, Erwartungen oder Wünsche miteinander kollidieren können. Folgendes Setting: A ist seit Jahrzehnten die wichtigste Freundin für B und C. Gleichzeitig ist B C lediglich kameradschaftlich zugetan. A hat B schon früh das Versprechen abgegeben, C nie von Bs schwerwiegender Erkrankung zu berichten. Als C nun diese Erkrankung vermutet und A konkret danach fragt, verneint A gemäß ihrem Versprechen. Es ergibt sich ein Interessensdilemma, welches A für sich nach dem vorgegebenen Muster auflöst. Vielfältige Varianten eines solchen Konflikts sind hierbei geläufig.

Und auch bei Fragen selbst spielt Empathie eine wichtige Rolle. Wenn etwa A die Abneigung von B kennt, nicht über das Thema Krankenhaus zu sprechen, respektiert sie dies, indem sie es nicht anlasslos zur Sprache bringt. Andererseits kann es wiederum die Pflicht von A sein, ein diesbezügliches Gespräch zu suchen, wenn sie bemerkt, dass B dringend eine dortige Behandlung benötigt. Auch hier kommt demnach eine Interessensabwägung durch die Einbeziehung von Kontextwissen zum Tragen. Was respektvoll ist (oder auch nicht), lässt sich also nicht formelhaft beantworten. Vielmehr entscheidet sich die »richtige« Entscheidung nur vor dem Hintergrund des jeweiligen Einzelfalls. Das ständige Bemühen darum ist damit der respektvolle Weg.

Respekt = Wahrheit und/oder Lüge?

Ein Minenfeld von respektvoller Sprache steckt im Spannungsverhältnis von Wahrheit und Lüge. Auch wenn man idealerweise davon ausgeht, dass Kommunikation grundsätzlich wahrheitsgemäß verlaufen sollte, kann die Wahrheit an verschiedenen Stellen tatsächlich eher unerwünscht sein. Wenn bspw. die 12-jährige Tochter erstmals den Eltern die selbstgebratenen (wenngleich verbrannten) Bratkartoffeln serviert, werden die Eltern aus Gründen der Anerkennung, der Fürsorge, der elterlichen Liebe ihren Respekt vor der Leistung des Kindes zum Ausdruck bringen. Das Ergebnis wird lobend anerkannt. Umgekehrt ist es wiederum kein Ausdruck von Respekt, wenn eben dieses Kind später als Auszubildende in einem Restaurant seinen Eltern verbrannte Bratkartoffeln serviert und sie es nicht – in ihrer Rolle als Kunden und angemessen im Rahmen des Kontextes Kochberuf – respektvoll monieren: Hier haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Nunmehr können sie das Kochergebnis als konkrete Arbeitsleistung bewerten.

Eine Umfrage zeigt, dass 22 % der Männer und 14 % der Frauen sich vollständig gegen die Verwendung von Lügen aussprechen (vgl. Abb. 2-4). Deutlich größer sind die Anteile derer, die eine Lüge in bestimmten Situationen für vertretbar halten. Diese dürften den meisten hinlänglich bekannt sein. Die ersten drei Plätze werden angeführt von einer Person helfen, ein Kompliment machen und einer Beziehung zum Fortbestand zu verhelfen. Das Kompliment wird oft als Klassiker der »vertretbaren« Lüge (Notlüge) im Sinne der Gewichtswahrung eingeordnet. Soll Herr X Frau Y wirklich frank und frei mitteilen, dass Y nicht mehr formvollendet in das bislang so geliebte elegante Abendkleid hineinpasst? Und stattdessen nicht doch lieber auf eine rücksichtsvolle Lüge ausweichen, wenn X sagt: »Die Reinigung teilt mit Bedauern mit, dass dein Kleid zu heiß gewaschen wurde; es ist leider eingelaufen.« Dieses Beispiel (und andere ähnliche mehr) verdeutlicht erneut die Relativität des Respektskonzepts.

Abb. 2-4: [1]= Um einem Freund zu helfen, [2]= Um ein Kompliment zu machen, [3]= Um meine Beziehung/Ehe zu retten, [4]= Um die Karriere zu befördern, [5]= Um mich vor Strafe zu schützen, [6]= Lügen ist immer verboten (Angaben in Prozent, Quelle: Statista 2008)

Der Begriff des Registers | Der richtige »Ton«

Ein weiterer wichtiger Begriff im Zusammenhang mit sprachlichem Respekt ist der aus der Soziolinguistik stammende Terminus des Registers. Dieser wird manchmal auch als Sprachebene oder Sprachniveau beschrieben. Hiermit ist ein bestimmter Sprachgebrauch innerhalb einer von spezifischen Parametern gekennzeichneten Gesprächssituation gemeint. Als Beispiel dient hier der Arzt, der einer medizinischen Kollegin gegenüber den Befund eines Patienten fachsprachlich als »essentielle arterielle Hypertonie« beschreibt. Dem Patienten gegenüber jedoch verwendet er nicht die medizinischen Fachbegriffe, da der Arzt vermutet, dass der Patient diese (und damit die Diagnose als solche) nicht verstehen wird. So verwendet er nicht das Register »Fachsprache« wie bei der Kollegin, sondern bedient sich des Registers »Alltagssprache«, indem er sagt: »Herr X, sie leiden unter Bluthochdruck, wobei dessen Herkunft unklar ist.«

Abb. 2-5: Die Wahl des richtigen Sprachregisters (hier: Umgangssprache vs. Fachsprache) ist auch ein Merkmal des Respekts dem Gesprächspartner gegenüber.

Die Frage des »richtigen« Registers stellt in verschiedenen Konstellationen immer wieder eine Herausforderung für einen respektvollen Umgang beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher sprachlicher Erwartungen dar. So wird Politikerinnen und Politikern regelmäßig vorgeworfen/unterstellt, sie würden absichtlich unverständlich sprechen, damit sie später nicht auf spezifische Positionen festgelegt werden können. Ähnliches gilt für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Vorträgen zu Laien sprechen. Auch hier wird die unverständliche (und damit als respektlos empfundene) Häufung von Fachbegriffen beklagt, die es den Nicht-Wissenschaftlern unmöglich macht, den jeweiligen Inhalten zu folgen. Die vorsätzliche Missachtung der richtigen Registerwahl ist damit auch eine Demonstration von Macht.

Abb. 2-6: Die Sprache der Jugend ist vielfach Gegenstand sprachwissenschaftlicher Forschung. CC-Lizenz

Ein besonders gut erforschter Bereich der auf das sprachliche Register bezogenen respektvollen/respektlosen Sprache ist die Jugendsprache. Ihr werden wesentlich zwei grundlegende Funktionen zugeschrieben: Erstens wollen sich Jugendliche von der Welt der Erwachsenen (auch sprachlich) abgrenzen, um in ihrer pubertären Phase der Orientierung ihre eigene Perspektive nach Außen (der Welt der Erwachsenen gegenüber) kenntlich zu machen. Andererseits ist eine »eigene« Sprachebene Ausdruck des Wunsches einer Zugehörigkeit der Jugendlichen untereinander (Peer Group). Das Infragestellen von Werten, Positionen, Haltungen der Erwachsenenwelt gehört natürlicherweise zum Prozess der Reifung. Wenn sich dieser dann in einem Sprachgebrauch niederschlägt, der dem »guten Ton« der Erwachsenenkommunikation widerspricht, birgt dies oftmals Potenzial für Konflikte.

Zusammenfassung

Eine respektvolle Sprache, d. h. eine respektvolle Kommunikation mit anderen Menschen beinhaltet verschiedene Faktoren, die zu einem Gelingen im gegenseitigen Austausch führen können. Respektvolles Sprechen im menschlichen Miteinander bedeutet z. B.:

  • Grundsätzlich die Bereitschaft zum Gespräch haben bzw. kenntlich machen. Informationen können ausgetauscht, unterschiedliche Interessen mit- und gegeneinander abgewogen werden, um Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, Grenzen zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten.
  • Reden und Zuhören sind zwei Seiten derselben »kommunikativen Münze«. Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Sie ist im wörtlichen Sinne ein Geben und Nehmen. Idealerweise kommt hier die Anwendung der Goldenen Regel zum Tragen: »Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.«
  • In direkter Folge der Goldenen Regel beinhaltet respektvolles Sprechen/Zuhören die Fähigkeit bzw. Bereitschaft (Empathie), herauszuhören bzw. vorwegzunehmen (zu antizipieren), was die/der jeweils andere tatsächlich mit dem Gesagten erreichen möchte.
  • Für die Gesprächssituationen Fragen/Antworten und Wahrheit/Lüge ist immer im Einzelfall und unter Rückgriff auf das vorhandene Kontextwissen zu entscheiden, ob bzw. welche Form von Frage/Antwort oder Wahrheit/Lüge zu wählen ist.
  • In Gesprächen und Diskussionen sind grundlegende Regeln zu akzeptieren und anzuwenden (bzw. von der Diskussionsleitung durchzusetzen). Wer spricht, wird nach Möglichkeit nicht unterbrochen. Konstruktive Redebeiträge und Redereihenfolgen werden wahrgenommen und respektiert (ausreden lassen).
  • Schließlich ist die Wahl des sprachlichen Registers für respektvolle Kommunikation unerlässlich. Dies erfordert eine vergleichsweise ausgebaute Sprachkompetenz, da die/der Einzelne über die Fähigkeit verschiedener Register überhaupt verfügen können muss, um diese bedienen zu können.
  • Insbesondere in Situationen der Krise ist die Bereitschaft zum Dialog aufrechtzuerhalten. Nur so können Konflikte vermieden oder verringert werden. Im Fall einer Verhärtung der »Fronten« ist die Hinzunahme von Mediatoren/Schlichtern zu erwägen.

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