Ausgabe: Der Sprachdienst 6/2023

Strichlängen

Strichbreiten. CC-Lizenz

Der regelwidrige Gebrauch von horizontalen Strichen – oder genauer gesagt: die Verwendung des Kurzstrichs (-) statt des Langstrichs (–) – gehört ohne Zweifel zu den Spitzenreitern des mikrotypografischen »Sündenregisters«.

Es ist an dieser Stelle nicht möglich, alle Gesetzmäßigkeiten auf diesem Gebiet darzustellen, und es liegt die Vermutung nahe, dass auch professionell Schreibenden nicht alle Feinheiten bekannt sind; aber einige Faustregeln sollen hier dennoch an die Hand gegeben werden.

Grundsätzlich unterscheidet man drei Arten von horizontalen Strichen, wobei der dritte von ihnen außer Acht gelassen werden soll. Die ersten beiden horizontalen Striche werden in den aktuellen »Schreib- und Gestaltungsregeln für die Text- und Informationsverarbeitung « (DIN 5008) als Kurzstrich und Langstrich bezeichnet.

Der Kurzstrich (Mittestrich) kommt zum einen als Trennstrich bei der Wort-tren-nung am Zei-len-ende und zum anderen als Bindestrich zum Einsatz. Hier zeigt er sich zum Beispiel als Ergänzungs[binde]strich in Fällen wie Kurz- und Langstrich, aber auch als Durchkopplungsbindestrich beim Frage-und-Antwort-Spiel – und schließlich noch in Zusammensetzungen mit Abkürzungen, Einzelbuchstaben und Ziffern: km-Stand, E-Mail, 100-jährig.

Der Langstrich (Halbgeviertstrich) kommt – wie beispielsweise in diesem Satz – seiner Aufgabe als Gedankenstrich bei Einschüben nach. In seiner Rolle als Satzzeichen steht er auch beim Gedanken- und Sprecherwechsel. – Wir kommen nun zur Verwendung des Langstrichs als Bis- und Gegen-Strich.

Im Sinne von »bis« steht der Langstrich, wenn es darum geht, die Zeiten der Sprachberatung der GfdS für Nichtmitglieder wiederzugeben. Diese sind (neben Freitag) Montag – Donnerstag, und zwar von 8:30 Uhr – 15:30 Uhr.

Vorsicht! Hier hat der Fehlerteufel sein Unwesen getrieben, denn in der Verbindung von … bis wird das Wort bis ausgeschrieben und eben nicht durch einen Langstrich ersetzt: von 8:30 Uhr bis 15:30 Uhr.

Doch damit nicht genug! Der Bis-Strich darf auch kompress gesetzt werden, also ohne Leerzeichen vor und nach dem Langstrich: 8:30 Uhr–15:30 Uhr.

Wenn Sie den Langstrich so setzen, folgen Sie nicht nur den »klassischen« Regeln für den Schriftsatz, sondern auch dem (nicht normativen) Anhang F in der besagten DIN 5008, die zu typografisch anspruchsvollen Textwerken Bezug nimmt.

Im Sinne von »gegen« ist der Langstrich, um noch ein Beispiel zu nennen, bei der Wiedergabe von Fußballergebnissen zu finden: Jahn Regensburg – Hannover 96.

Natürlich könnte man auch zum Streckenstrich, Unterführungsstrich oder Spiegelstrich noch verschiedene Ausführungen machen, aber dies wäre sicherlich hier und jetzt zu viel des Guten. – Und wenn Sie diesen Beitrag nun noch 1- – 2-mal lesen müssen, damit Ihnen die dargestellten Gesetzmäßigkeiten im Gedächtnis haften bleiben, dann sei abschließend darauf hingewiesen, dass man auf das Zusammentreff en zweier Striche verzichten und statt dessen 1- bis 2-mal schreiben sollte. Aber nun sind wir doch bei den Feinheiten angelangt …

Christian Stang

Der Gedankenstrich-Krieg

war nur metaphorisch ein Krieg, eine ernsthafte Auseinandersetzung in der tschechoslowakischen Politik und Presse, geführt über die Namengebung des Landes nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1989. Hierbei sollte nicht einfach das Sozialistische (socialistická) aus dem vormaligen Namen Tschechoslowakische Sozialistische Republik gestrichen werden, sondern die Zweistaatlichkeit – und damit Gleichberechtigung – durch einen Bindestrich verdeutlicht werden (Tschecho-Slowakei). Dafür setzte sich die Slowakei ein, die nicht kleingeschrieben und nur als Appendix Tschechiens verstanden werden wollte. Diesen Vorschlag lehnte die tschechische Seite allerdings ab, da sie darin einen Gedankenstrich sah (oder sehen wollte). Man einigte sich schließlich auf Tschechische und Slowakische Föderative Republik – entgegen der geltenden Rechtschreibung. (Si; Quelle: Wikipedia)

Wer sich erinnert fühlt, hat Recht und wieder nicht. Verwandt ist der Streit mit der Bezeichnung der serbokroatischen Sprache, die wir im Heft 3/2023 behandelt haben:
Verbindung unerwünscht