12. Juli 2024

Von der Fanmeile über den ein’ Rudi Völler bis hin zu schwarz – rot – geil: Die Wörter des Jahres finden sich immer wieder auch auf dem Platz

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König Fußball prägt nicht nur unsere Freizeit, wenn wir beim Public Viewing mitfiebern, sondern in vielerlei Hinsicht auch unsere Sprache. Immer wieder dominiert der Fußball die öffentliche Diskussion, und deshalb werden von der Gesellschaft für deutsche Sprache auch immer wieder Ausdrücke aus dem Sprachraum Fußball zu Wörtern des Jahres gewählt. Wer erinnert sich noch an die Glühwein-WM, an Geisterspiele und Klinsmänner? Und schaffen es dieses Jahr wohl Wörter rund um die Fußball-EM 2024 auf die diesjährige Auswahlliste der GfdS-Jury? Wir freuen uns dabei immer über Vorschläge von Sprachinteressierten, die sich an der Sammlung der Vorschläge für die Wörter des Jahres beteiligen möchten. Weitere Informationen dazu finden Sie unter https://gfds.de/aktionen/wort-des-jahres/#vorschlag. Dort ist auch ein Online-Formular hinterlegt, das Sie für Ihre Einreichungen verwenden können.

Eine Jury wählt aus mehreren Tausend Belegen aus

Gegen Ende eines jeden Jahres wählt eine Jury, die sich aus dem Hauptvorstand der GfdS sowie den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammensetzt, zehn Wörter des Jahres aus einer Sammlung von mehreren Tausend Belegen aus verschiedenen Medien und Einsendungen von Außenstehenden aus. Entscheidend ist dabei nicht die Häufigkeit, mit der Wörter verwendet wurden, sondern ihre Signifikanz und Popularität. Treffen die Ausdrücke den sprachlichen Geist des Jahres? Können sie als ein Beitrag zur Zeitgeschichte gelten? Wenn ja, stehen die Chancen gut, dass sie auf der Liste der zehn Wörter des Jahres auftauchen – freilich ohne, dass sie eine Wertung oder Empfehlung beinhalten. Blicken wir zurück auf die vergangenen 25 Jahre und schauen, welche Fußballbegriffe es unter die Top Ten der Wörter des Jahres geschafft haben:

Glühwein-WM (2022, Platz 9): Public Viewing auf dem Weihnachtsmarkt? Die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar war von Anfang an umstritten. Dem arabischen Land wurde vorgeworfen, die Auslosung des Austragungsortes durch Bestechung für sich entschieden zu haben. Außerdem wurden Menschenrechtsverletzungen im Land kritisiert, aber auch die klimatischen Bedingungen. Um die Spiele nicht während der Sommerhitze stattfinden zu lassen, lief das Turnier im November und Dezember. Doch aus Sicht vieler deutscher Fußballfans kommt das richtige WM-Gefühl eben nicht beim Glühwein an grauen, kalten Tagen auf, sondern eher bei Sonne und Sommerwetter im Biergarten.

Geisterspiele (2020, Platz 8): Das Jahr 2020 war durch die Corona-Pandemie geprägt. In dieser Zeit drehte sich das politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Leben um Masken, Abstände, R-Werte und Schulschließungen. So blieb es nicht aus, dass acht von zehn Begriffen auf der Liste der Wörter des Jahres einen Bezug zu dieser Krisenzeit hatten, darunter auch der Lockdown, in dem Maßnahmen zur Beschränkung sozialer Kontakte erlassen wurden, die weite Teile des öffentlichen Lebens lahmlegten. So mussten beispielsweise Gaststätten, Hotels und Geschäfte schließen. Sportveranstaltungen, insbesondere Fußballspiele, fanden vor fast oder ganz leeren Rängen statt, weil Masseninfektionen vermieden werden sollten.

Schummel-WM (2015, Platz 8): Das Sommermärchen – fand es wegen Bestechung in Deutschland statt? Das ist der Vorwurf, der mit Blick auf die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 erhoben wurde. Dabei ist das Wort Schummel-WM keine Neuprägung, sondern kam bei anderen Sportarten bereits in früheren Jahren hier und da vor. 2015 stand es im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal beim Weltfußballverband Fifa.

Götzseidank (2014, Platz 3), Freistoßspray (Platz 9): Unvergessen ist das Siegtor von Mario Götze gegen Argentinien in der 113. Minute des WM-Finales in Brasilien: Deutschland ist Weltmeister, Götzseidank! Genau genommen handelt es sich bei dem Begriff um eine Wortprägung, die grammatisch als Satz zu interpretieren ist. Die Neuschöpfung war ursprünglich eine Titelzeile in der Süddeutschen Zeitung, wurde dann aber allenthalben aufgegriffen. Sogar ins Englische wurde sie übersetzt: Praise be to Götze! Vielleicht hat das Freistoßspray einen Anteil am Sieg gehabt: Im internationalen Fußball ist es bereits seit 2000 ab und an zum Einsatz gekommen und hilft dem Schiedsrichter beim Freistoß, den vorgeschriebenen Abstand der Verteidiger zum Ball zu markieren. Bei einer Fußball-WM wurde das Spray erstmals 2014 eingesetzt; kurz danach wurde es auch in Deutschland verwendet.

Falsche Neun (2013, Platz 9): Die Fußball-WM 2014 stand schon vor der Tür, als im Verlauf den Jahres 2023 immer öfter eine bestimmte Taktik im Fußball von sich reden macht: die falsche Neun. Diese strategische Spielweise ohne klassischen Mittelstürmer hat die spanische Nationalmannschaft zuvor zum Welt- und Europameisterschaftssieg geführt und wird mittlerweile von vielen Vereinsmannschaften praktiziert. Taktisch ist die so genannte falsche Neun also offenbar nicht so falsch, wie die Bezeichnung vermuten lässt.

Vuvuzela (2010, Platz 8): Mit der südafrikanischen Plastiktröte drückten einheimische Fußballfans während der Fußballweltmeisterschaft 2010 ihre Begeisterung aus, was vom internationalen Publikum jedoch eher als störend empfunden wurde. Gleichwohl war es ein Thema, das die gesamte Fußball-WM begleitete. Auch in Deutschland wurden die Vuvuzelas hergestellt und millionenfach ins EU-Ausland ausgeliefert. Im selben Jahr verhängte die europäische Fußballunion UEFA ein Vuvuzela-Verbot für alle Spiele unter ihrer Führung und begründetet das mit der europäischen Fußballkultur. Durch die Tröten würde sich die Atmosphäre bei den Spielen verändern.

Deutschland ist Europameisterin (2009, Platz 6): Bei der Europameisterschaft gewannen die Frauen der Nationalelf das Finale gegen England mit 6:2 und holten damit zum fünften Mal in Folge und zum siebten Mal insgesamt den EM-Sieg. Torschützenkönigin wurde seinerzeit die Stürmerin Inka Grings. Inzwischen können die DFB-Frauen auf acht EM- und zwei WM-Titel blicken und sind damit eine der erfolgreichsten Mannschaften der Welt. Mit dem Satz Deutschland ist Europameisterin würdigte ein Sponsor der Nationalelf den Erfolg.

Fanmeile (2006, Platz 1), Klinsmänner (Platz 9), schwarz-rot-geil (Platz 10): Das Sommermärchen 2006 versetzt die Fußballfans in einen Taumel der Begeisterung – und der drückt sich auch sprachlich aus. Auf den Fanmeilen tummelten sich die Fußballbegeisterten aus aller Welt zu Hunderttausenden, feierten ihr Lebensgefühl und die Weltmeisterschaft in Deutschland. Dass es so weit kommen konnte, war sicher auch ein Verdienst der Klinsmänner, wie die Nationalelf unter dem damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann genannt wurde. Abschließend lässt sich auf jeden Fall sagen: Das Sommermärchen war schwarz-rot-geil, denn das gab damals die Grundstimmung der Bevölkerung in Deutschland wieder.

hoyzern (2005, Platz 7): Der Fall um den Schiedsrichter Robert Hoyzer erschütterte die deutsche Fußballgeschichte und führte 2005 zur Neuschöpfung eines Verbs, nämlich hoyzern, das es auf Platz 7 der Wörter des Jahres schaffte. Hintergrund ist, dass der Unparteiische alles andere als das war: Er manipulierte das DFB-Pokalspiel zwischen dem SC Paderborn und dem HSV. Ende 2004 gab es erste Indizien, die auf eine Bestechlichkeit Hoyzers hinwiesen, der offenbar von einer Berliner Wettbetrugsmafia angestiftet wurde. Anfang 2005 gab Hoyzer zu, gegen Geld und Sachleistungen versucht zu haben, Mannschaften zum Sieg zu pfeifen.

Rehakles (2004, Platz 9): Der deutsche Trainer Otto Rehhagel sorgte bei der EM 2004 für eine Sensation: Unter seiner Ägide kamen die Griechen bis ins Finale – und gewannen auch noch gegen den klaren Favoriten Portugal, der sich im Endspiel im eigenen Land auf der Siegerstraße wähnte. Rehhagel wurde zum Volkshelden und bekam den Spitznamen Rehakles, eine Anspielung auf die griechische Götterwelt. Rehakles, der Fußballgott: So feierten ihn die Griechen.

Es gibt nur ein’ Rudi Völler! (2002, Platz 10): Statt eines Worts schaffte es diesmal ein ganzer Satz in die Liste der Wörter des Jahres. Auf die Melodie von »Guantanamera« schmettern Fans »Es gibt nur ein’ Rudi Völler«, weil der Trainer die deutschen Fußballer ins WM-Finale 2002 brachte. Der ganz große Coup gegen den Favoriten Brasilien gelang zwar nicht, doch seitdem wird der Ohrwurm immer mal wieder angestimmt, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt.

Quelle

https://gfds.de/aktionen/wort-des-jahres/