15. Juni 2022

Was bedeutet eigentlich Fronleichnam?

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Am morgigen 16. Juni ist Fronleichnam, ein Tag, der in einigen Bundesländern als Feiertag gilt – allerdings nur in den Ländern bzw. Regionen mit überwiegend katholischer Bevölkerung. Doch selbst dort, wo Fronleichnam gefeiert wird, kennt nicht jeder seine Bedeutung – inhaltlich wie sprachlich. Wir schauen uns also einmal genauer an, was dieser Name bedeutet und worum es an diesem Tag geht.

Fronleichnam bedeutet so viel wie ›des Herrn Leib‹ (vgl. hier und ff.: »Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache«, 4. Aufl. Mannheim 2012). Das mag auf den ersten Blick verwirren, denn sowohl mit Fron als auch mit Leichnam verbinden wir heute Dinge, die eine solche Deutung schwierig machen. Dennoch sind die ursprünglichen Bedeutungen beider Bestandteile in den uns heute bekannten Definitionen noch immer erkennbar.

Die Bezeichnung Fronleichnam ist schon sehr alt: Im Mittelhochdeutschen hieß der Feiertag vrōnlīcham, der vrōne līcham ›der Leib des Herrn‹. Während Fron heute vorwiegend für eine »als unerträgliche[r] Zwang empfundene Arbeit« steht und wir den Frondienst aus dem Geschichtsunterricht als die »in körperlicher Arbeit bestehende Dienstleistung der Bauern für ihre Lehnsherren« kennen, hatte das Wort selbst einmal eine etwas anders geartete Bedeutung: Im Mittelhochdeutschen bezeichnete vrōn(e) nicht nur den Herrschaftsdienst, sondern auch die Herrschaft selbst: Das Wort vrōn stand einerseits für ›herrschaftlich (im Sinne von »einem weltlichen Herrscher gehörend«)‹, andererseits für ›heilig, göttlich (im Sinne von »Gott gehörend«)‹. Das althochdeutsche frōno bedeutete so viel wie ›(Besitz) der Götter‹ und bildete den Genitiv Plural von frō ›Herr, Gott‹. Hierin besteht eine Überschneidung zur Etymologie von Frau, mittelhochdeutsch vrouwe, althochdeutsch frouwe ›Herrin, Dame‹, denn dies ist die weibliche Form von frō ›Herr‹.

Und der Leichnam in diesem Namen? Mit dem Wort Leichnam im Sinne von ›lebloser Körper, sterbliche Hülle eines verstorbenen Menschen‹, wie es schon seit dem mittelhochdeutschen līchname und dem althochdeutschen līh(i)namo existiert, hat der Leichnam in Fronleichnam zwar zu tun, stellt aber eine Nebenform dar: Zugrunde liegt ihm mittelhochdeutsch līchame, althochdeutsch līhhamo, was im eigentlichen Sinn die ›Leibeshülle‹ und somit den ›Leib‹ beschrieb: Hierüber wird die Bedeutung ›des Herrn Leib‹ in Fronleichnam sichtbar.

Der lateinische Name dieses Festes ist Sollemnitas Sanctissimi Corporis et Sanguinis Christi ›Fest des heiligsten Leibes und Blutes Christi‹, im Englischen und in anderen Sprachen heißt dieser Hochtag schlicht Corpus Christi. Und genau das wird an Fronleichnam gefeiert: die leibliche Gegenwart Christi in der Eucharistie. Die Eucharistie, wieder ein Begriff aus der katholischen Kirche (aus dem griechischen euchcharistía ›Dankbarkeit, Danksagung‹, zu: ›gut, wohl‹ und cháris ›Dankbarkeit‹), bezeichnet einerseits einen Opfergottesdienst, andererseits die Opfergabe selbst: Brot und Wein als (Symbol für) Leib und Blut Christi, dem auch bei der heiligen Kommunion (in der katholischen Kirche) bzw. beim Abendmahl (in der evangelischen Kirche) gehuldigt wird: Beim letzten Abendmahl hatte Christus das Brot mit den Worten »Das ist mein Leib« geteilt. Fronleichnam erinnert somit an das letzte Abendmahl, es ist ein Fest der Dankbarkeit für die leibliche Gegenwart Christi in der Welt und die Gemeinschaft mit ihm im Abendmahl.

Erstmals wurde der Tag 1246 in Lüttich gefeiert, im Jahr 1264 führte Papst Urban IV. den Feiertag für die gesamte römisch-katholische Kirche ein. Bei den feierlichen Prozessionen an diesem Tag – die erste Prozession in Deutschland fand 1279 in Köln statt – wird die Hostie, also der Leib Christi, in einer Monstranz (einem heiligen Gefäß) vorneweg getragen.

In der protestantischen Kirche wird dieser Feiertag nicht begangen: Dies liegt einerseits am unterschiedlichen Verständnis des Abendmahls in den beiden Konfessionen; andererseits war das Fronleichnamsfest für Martin Luther eine »gegenreformatorische Machtdemonstration«, eine »Gotteslästerung«, so dass dieser Tag von jeher der katholischen Kirche vorbehalten ist.