21. Juni 2024

Wenn die La-Ola-Welle rollt: Außer Begeisterung drückt sich auch ein rhetorisches Mittel aus

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Wenn die deutsche National-Elf am Sonntag, 23. Juni 2024, gegen die Schweiz antritt, wird sich in den Fußballstadien vermutlich wieder ein Phänomen ausbreiten, das Energie und Lebensfreude verkörpert: Dann nämlich rollen La-Ola-Wellen von Block zu Block. Fans springen von ihren Sitzen auf, reißen die Arme hoch, um die Mannschaft um Kapitän İlkay Gündoğan anzufeuern, und setzen sich schnell wieder hin. Dabei ist die La-Ola-Welle aber nicht nur pure Begeisterung, sondern sie steht auch für ein sprachwissenschaftliches Phänomen – und wurde außerdem bereits mit naturwissenschaftlichen Methoden beschrieben.

Sogwirkung: 25 bis 35 Menschen reichen aus, damit es losgeht

Es braucht zwischen 25 und 35 Menschen, damit eine La-Ola-Welle rollt: Das fand der Dresdner Verkehrsforscher Dirk Helbing heraus. Mit 12 Metern pro Sekunde, was etwa 20 Sitzen entspricht, bewegt sich die Welle meist im Uhrzeigersinn vorwärts und ist etwa 9 Meter breit. Helbig belegte anhand von Computersimulationen, dass sich Menschenmengen ähnlich wie chemische Teilchen stimulieren lassen und bei der Welle mitmachen, auch wenn Zufallsfaktoren eine Rolle spielen und sich manch einer auch aus Lustlosigkeit der Sogwirkung entzieht. Sehen kann er dann aber nichts mehr: Schließlich springen ja alle anderen Fans um ihn herum auf, und zumindest kurzfristig dürfte die Sicht auf das Spielfeld verstellt sein. Unumstritten ist die La-Ola-Welle nicht: Während sie einerseits gefeiert wird, weil sie große Teile der Zuschauer verbindet und die Stimmung im Stadion steigert, wird ihr andererseits nachgesagt, sie lenke vom Spiel ab und wirke auf die Fußballprofis nicht sehr anfeuernd.

Sprachlich betrachtet stammt La Ola aus dem Spanischen und bedeutet ›die Welle‹. »Wer sie erfunden hat, ist ungesichert. Tatsache ist, dass die Mexican wave, so der Begriff im Englischen, seit der Fußballweltmeisterschaft in Mexiko 1986 ihren Siegeszug durch die Stadien der Welt angetreten hat.« (Schlobinski 2010: 121)

Was ein weißer Schimmel mit Gesichtsmimik und der La-Ola-Welle gemeinsam hat

Die La-Ola-Welle ist sprachwissenschaftlich gesehen ein rhetorisches Mittel: Es handelt sich um einen Pleonasmus. Darunter versteht man das mehrfache Auftreten eines Bedeutungsmerkmals in einem Ausdruck, zum Beispiel weißer Schimmel, alter Greis oder Gesichtsmimik. Da La Ola bereits wörtlich übersetzt ›die Welle‹ heißt, verdoppeln wir mit unserem deutschen Artikel die/eine und dem Substantiv Welle die Bedeutung. Aufgrund des fremdsprachlichen Ausdrucks fällt dies aber vielen Menschen nicht auf. 

Quellen

Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden: »Forschungen zu La Ola Wellen in Nature veröffentlicht«. https://nachrichten.idw-online.de/2002/09/12/forschungen-zu-la-ola-wellen-in-nature-veroeffentlicht, 12.09.2002 (Stand 03.06.2024).

Schlobinski, Peter: Keeper, Elf und Gurkenpass. (K)ein Wörterbuch der Fußballsprache. Mannheim 2010.

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