Zu Ostern hat es ein Ende: Was bedeutet das Wort fasten?
[F] Das Osterfest steht bevor und damit auch das Fastenbrechen. Wir fragen: Woher kommt das Wort fasten eigentlich und was bedeutet es im ursprünglichen Sinn?
[A] Im christlichen Glauben wird die Zeit zwischen Fastnacht (also dem Vorabend des Fastenbeginns) und Ostern als Fastenzeit (in der evangelischen Kirche auch als Passionszeit) bezeichnet. Die religiöse Bedeutung des Fastens liegt darin, in dieser Zeit des Verzichts der Leiden Jesu zu gedenken, sich dem Glauben intensiver zu widmen und an die 40 Tage zu erinnern, in denen Jesus sich zum Fasten in die Wüste zurückgezogen hatte. Die Zahl 40 (= 40 Tage oder sogar Jahre) taucht in der Bibel oft im Zusammenhang mit entbehrungsreichen Erfahrungen auf. Dass die Fastenzeit gemeinhin »40 Tage« dauert, hat in dieser Hinsicht somit eher symbolischen Charakter als mathematischen Anspruch auf Korrektheit.
Das Fasten selbst hat also eine sehr lange Tradition, und auch das Wort fasten gibt es schon seit althochdeutscher Zeit und länger. Das althochdeutsche Verb fastēn stand in Zusammenhang mit dem Adjektiv fest und hatte damit ursprünglich vermutlich die Bedeutung ›an den (Fasten-)Geboten festhalten‹. Heute verstehen wir darunter: ›sich für eine bestimmte Zeit ganz oder teilweise der Nahrung enthalten oder auf den Genuss bestimmter Speisen verzichten‹ (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim 2012).
Nach Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (Berlin 2011) bezeichneten vorchristliche Wörter für den Sachverhalt des Fastens entweder das Nicht-Essen – z. B. griechisch nēstis ›nicht essend, fastend, nüchtern‹ und lateinisch iēiūnus ›nüchtern, leer, hungrig‹ – oder auch das kultische Fasten im Sinne einer Enthaltsamkeit. Dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm zufolge (1854 ff.) ist die gotische Form fastan, fastaida »ganz eins«, also gleichbedeutend mit griechisch τηρεῖν, κατέχειν, φυλάττειν ›halten, festhalten‹, auch ›enthalten‹: »der das gebot haltende [enthält] sich aller übertretung«. Zunächst ging es beim Fasten also um die Einhaltung bzw. Befolgung der göttlichen Gebote. Sehr verkürzt dargestellt ging diese kultische Bedeutung des Wortes mit der Zeit verloren und wurde durch die Bedeutung des ›Nicht-Essens‹ (lat. iēiūnus) überlagert.
Interessant ist hier übrigens das französische Wort déjeuner ›Frühstück, frühstück‹, das auf das lateinische ieiunare ›fasten‹ zurückgeht: Ursprünglich bedeutet es mit dem Präfix dé- nämlich ›zu fasten aufhören‹, in diesem Sinne ist das Frühstück also ein Fastenbrechen. Dieses Fastenbrechen hat sich auch im englischen Wortschatz mit der Bedeutung ›Frühstück‹ etabliert, hier kennen wir es als breakfast – so ist es am Wort selbst noch immer nachvollziehbar.
Fasten bedeutete im Mittelalter, auf Nahrungsmittel wie Fleisch, Alkohol, Milchprodukte und Eier zu verzichten. Gerade um Letztere noch vor der Fastenzeit aufzubrauchen, wurde daher in der Faschingszeit, also in der Fastnacht, Backwerk wie Krapfen und Ähnliches hergestellt und verzehrt. Heute entscheidet in der westlichen Welt jeder für sich selbst, worauf beim Fasten genau verzichtet wird. Zumeist geht es jedoch darum, den Verzicht tatsächlich spürbar zu machen, indem man von liebgewonnenen, aber vielleicht ungesunden Nahrungsmitteln oder auch Verhaltensweisen Abstand nimmt und sich bewusst macht, wie selbstverständlich manches zu unserem Alltag gehört. So verzichten einige in der Fastenzeit auf Fleisch, Alkohol oder Zucker, andere aufs Fluchen, auf die kurzen Fahrten mit dem Auto oder weitere Bequemlichkeiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Wandel der Verwendungsweise des Verbs fasten: Ursprünglich weitgehend intransitiv verwendet (ich faste, wir fasten, es wird gefastet), tritt es heute häufig transitiv in Erscheinung: ich faste Zucker, wir fasten Alkohol.
Auch in anderen Religionen hat das Fasten eine lange Tradition. Im Islam wird im Fastenmonat Ramadan gefastet; gebrochen wird das Fasten dann mit dem Zuckerfest, an dem süße Speisen und Süßigkeiten verzehrt und verschenkt werden. Im Christentum wird das Fasten also nun zu Ostern gebrochen, zumeist am Ostersamstag, nachdem die Fastenzeit traditionell am Karfreitag um 15 Uhr, zur Todesstunde Jesu, endet. Ab nun darf wieder »gesündigt« werden, Fleisch, Zucker, Alkohol sind nicht länger tabu. Und worauf freuen Sie sich nach der Fastenzeit am meisten?