Ausgabe: Der Sprachdienst 3–4/2011

Was ist die Weiße Woche?

© CC_Lizenz

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[F] Was bedeutet Weiße Woche in folgendem Zitat aus einem Roman von Hans Fallada, der in den 1940er Jahren spielt?


»Damals schenkte er mir das Armband. Es hat sehr viel gekostet; alles Geld, das er in einer Weißen Woche verdient hatte, gab er dafür.«

[A] Ohne größeren Kontext ist es schwierig herauszufinden, auf was sich die Weiße Woche in Falladas Roman bezieht. Zudem findet sich nur wenig Material zur Weißen Woche, dennoch konnten wir zwei verschiedene Verwendungskontexte des Ausdrucks erschließen.

Seit dem 16. Jahrhundert wird mit dem Ausdruck Weiße Woche im allgemeinen Sprachgebrauch die Woche nach Ostern bezeichnet. Laut dem Wörterbuch der Brüder Grimm lässt sich dies auf die »allgemeine tauffe der bekehrten heyden« (Jacob Grimm/Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1955: 1197) am Ostersonntag zurückzuführen. Diese mussten ihr weißes Taufgewand ganze acht Tage tragen. Damit ergibt sich zugleich eine Erklärung für den Ausdruck Weißer Sonntag, denn am Abend des achten Tages, dem Weißen Sonntag, auch »dominica in albis« oder »quasimodogeniti« genannt, durften die neu getauften Christen ihr Gewand ablegen (Grimm 1955: 1197).

Neben dieser Bedeutung gibt es jedoch noch eine weitere, kaum noch geläufige Bedeutung für den Ausdruck Weiße Woche, sie stammt aus der Kaufmannssprache. Während der Weißen Woche wurden Weißwaren in den Kaufhäusern besonders günstig angeboten, es handelte sich dabei also um einen Weißwarenspezialverkauf (Alfred Schirmer, Wörterbuch der deutschen Kaufmannssprache, Strassburg 1911, S. 210), eine Art Vorläufer heutiger Schluss- bzw. Saisonverkäufe. Laut dem Grimm’schen Wörterbuch sind Weißwaren ›weiszliche warensorten verschiedener gewerbe‹. Hierzu zählen »weisze wäsche, tisch- und leibwäsche«, auch »weiszzeug« genannt, Porzellan und Backwaren aus hellem Mehl (Grimm 1955: 1227–1229). Vermutlich bezieht sich Fallada in seinem Roman auf diese Verwendung, wenn er von einer Weißen Woche schreibt. Es könnte sich bei dem Protagonisten um einen Kaufmann handeln, der während der Weißen Woche besonders viel verdient hat. Allerdings ist unklar, wann der Ausdruck der Weißen Woche in diesem Zusammenhang zum ersten Mal aufkam bzw. wie lange er verwendet wurde.