23. Januar 2022

23. Januar: Tag der Handschrift

CC-Lizenz

Heute, am 23.01.2021, ist Tag der Handschrift. Als Gesellschaft für deutsche Sprache beschäftigen wir uns zwar vorrangig mit Sprache – doch Sprache und Schrift, das hängt unmittelbar zusammen und kann nicht getrennt voneinander gedacht werden. Ohne Sprache gäbe es keine Schrift, und dem Zeitalter, in dem Sprache ohne Schrift existierte, sind wir seit Jahrtausenden entwachsen.

Wir leben im digitalen Zeitalter. Schon seit einigen Jahrzehnten schreiben wir Text vorwiegend am PC, davor – gerade im geschäftlichen Kontext – auf der Schreibmaschine, unsere Kinder wachsen mit digitalen Geräten auf, haben Handys zum Tippen, Tablets zum Spielen und Computer, um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Brauchen wir die Handschrift denn überhaupt noch?

Ja, wir brauchen sie. Handschriftliches Schreiben ist enorm wichtig für unsere kognitiven und motorischen Fähigkeiten. Wer mit der Hand schreibt, kann sich Informationen besser merken, da sie durch den Schreibprozess direkt verarbeitet werden: Die Buchstaben und Wörter werden physisch ausgeführt, jeder Buchstabe hat seine eigene Form, es wird nicht einfach nur eine von vielen gleichgearteten Tasten gedrückt. Vielleicht ist Ihnen der Satz »Von der Hand in den Verstand« oder »Wer schreibt, der bleibt« noch bekannt: Das Geschriebene wird durch den physischen Akt im Gedächtnis verankert. Ganz nebenbei wird auch die Rechtschreibung geschult, denn anders als mit dem Computer, wo die Autokorrektur uns einen Großteil dieser Denkarbeit abnimmt, müssen – zumindest sollten! – wir uns beim Schreiben mit der Hand Gedanken über die korrekte Schreibweise machen.

Auch das Geschriebene selbst bekommt mehr Gewicht: Etwas mit der Hand Geschriebenes muss vorher durchdacht werden, denn hier gibt es keine »Löschtaste«; bevor die Wörter auf das Papier gebracht werden, wollen sie gut überlegt sein. Dies stellt eine stärkere Verbindung zum Geschriebenen her, als dies beim Schreiben am Rechner möglich ist.

Nicht zuletzt hat ein Text in Handschrift eine sehr persönliche Note: Jede Handschrift ist einzigartig und entwickelt sich im Lauf des Lebens immer weiter. Handschriftexperten können anhand der Schrift einer Person sogar etwas über ihren Charakter oder gar über ihre Stimmung zum Zeitpunkt des Schreibens aussagen.

Beobachten Sie Ihre eigene Handschrift doch einmal etwas gründlicher: Wie sieht sie morgens nach dem Aufstehen aus, wie nach dem ersten Kaffee und wie entwickelt sie sich über den Tag hinweg? Sie werden feststellen: Sogar ihre eigene Handschrift ist äußerst vielfältig. Notizen, die Sie für sich selbst machen, müssen nicht für andere leserlich sein und sind es oft auch nicht. Bei Anweisungen für die Kollegen oder der Einkaufsliste für den Partner geben Sie sich sicher etwas mehr Mühe, denn diese sollten am besten einfach entschlüsselt werden können. Adressen auf Paketen oder Briefen sind im besten Fall für jeden ohne Probleme lesbar.  

Handschrift heißt nicht automatisch auch Schreibschrift, mit Handschrift ist auch Druckschrift sein. Dennoch hat erst kürzlich die Kultusministerkonferenz beschlossen, dass die Schulen bundesweit zum Lehren der sogenannten verbundenen Schrift zurückkehren, statt den Kindern lediglich Druckschrift zu vermitteln, denn durch Erstere werden weitaus mehr kognitive und motorische Fähigkeiten vermittelt.

Daher keine Sorge: Auch wenn das digitale, das gedruckte Wort überall präsent ist, die Handschrift stirbt nicht aus. Gedichte in Handschrift, Briefe oder auch kleine Notizen auf der Küchenablage haben einen Wert, der nicht durch einen Computerausdruck ersetzt werden kann. Tatsächlich hat das Schreiben mit der Hand wieder hohe Konjuktur und inzwischen haben sich ganze kreative Bereiche dazu entwickelt, etwa Handlettering, Brushlettering und auch die Kalligrafie erleben eine Hoch-Zeit. Wir schlussfolgern: Es lebe die Handschrift!

Quellen

https://www.schreibmotorik-institut.com/images/PDF/PM_10grnde.pdf

https://www.uni-hildesheim.de/kulturpraxis/handschrift/

https://www.sueddeutsche.de/leben/familie-warum-eine-gute-handschrift-auch-heute-noch-wichtig-ist-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190620-99-729329

https://deutsches-schulportal.de/unterricht/sollten-kinder-eine-schreibschrift-lernen/

Mehr zum Thema Schrift

Woher kommt unsere Schrift und wie haben sich einzelne Buchstaben entwickelt? Dies können Sie in den folgenden Artikeln auf unserer Seite nachlesen.

Weitere Fragen & Antworten