Achtung, Fremdwort!
An und für sich ist gegen den Gebrauch von Fremdwörtern natürlich nichts einzuwenden. Sie sollten wie alle anderen Wörter auch mit Bedacht verwendet werden und auf eine Art und Weise, dass die Verständlichkeit nicht leidet. Das setzt jedoch zumindest voraus, dass die Person, die das Wort verwendet, sich selbst über die Gestalt des Wortes und seine Bedeutung im Klaren ist. Diese Voraussetzung mag banal anmuten, sie ist es aber nicht, wenn man die zahlreichen sprachlichen Fehlleistungen betrachtet, zu denen es kommt, wenn ein Fremdwort – lax ausgedrückt – nach dem Motto »So oder so ähnlich« verwendet wird. Ein äußerst bekanntes Beispiel stammt von einem ehemaligen Fußballprofi, der befand, es werde alles »von den Medien hochsterilisiert«. Das verwendete Wort hat eine unverkennbare Ähnlichkeit mit dem Wort hochstilisieren, das hier am Platze gewesen wäre, ist aber eben doch nicht ganz das Gleiche. Hier hat sich der Fußballer wortschöpferisch betätigt. Ein etwas anderer Fall liegt vor bei einer Person, die auf der Internetseite einer großen Tageszeitung einen Kommentar zu einem Artikel abgab. In dem Kommentar war von »Politikern aller Colleur« die Rede. Das Wort colleur gibt es sogar, allerdings nur im Französischen in der Bedeutung ›(Plakat)kleber‹. Gemeint war hier, wie man unschwer erahnen kann, das Wort Couleur, das anders als colleur nicht nur im Französischen geläufig ist (mit der Grundbedeutung ›Farbe‹), sondern auch im Deutschen als Fremdwort mit der spezielleren Bedeutung ›bestimmte geistig-weltanschauliche Prägung (einer Person)‹, wie Duden. Das große Fremdwörterbuch etwas umständlich formuliert.
Man sollte nun aber nicht meinen, dass sich solche Fehlleistungen nur dort finden, wo gutes Deutsch inklusive gutem Fremdwortgebrauch nicht gerade zu Hause ist. Schließlich kann sich auf den Kommentarseiten im Internet grundsätzlich jeder und jede zu Wort melden, ungeachtet der jeweiligen schriftsprachlichen Fähigkeiten, die sich oft auch schon bei flüchtiger Betrachtung als in allen Bereichen ziemlich begrenzt erweisen. Und auch viele Profifußballer gelten nicht unbedingt als sprachliche Genies, sondern neben dem Platz eher als unermüdliche Produzenten von Stilblüten.
Doch auch unter journalistisch ausgebildeten Menschen kommt so etwas vor. So war im Internetauftritt einer bekannten deutschen Wochenzeitung im Rahmen der Berichterstattung über die olympischen Sommerspiele in Peking 2008 Folgendes zu lesen: »Usain Bolt debütierte erneut die Konkurrenz.« Was war geschehen? Der jamaikanische Sprinter Usain Bolt hatte nach dem Sieg im Sprint über einhundert Meter auch die Zweihundertmeterkonkurrenz für sich entschieden, beides sehr überlegen. Im Unterschied zu den beiden vorigen Beispielen existiert im Deutschen das Verb debütieren durchaus. Es bedeutet laut Fremdwörterbuch ›zum ersten Mal öffentlich auftreten‹. Man kann nun aber nicht »jemanden debütieren«, sondern allenfalls in einem bestimmten Bereich debütieren, und dies in ein und demselben Bereich auch wirklich nur einmal und nicht etwa »erneut«, wie es im zitierten Satz heißt. Des Rätsels Lösung liegt auf der Hand, das treffende Wort wäre in diesem Fall düpieren gewesen mit der Bedeutung ›zum Narren halten‹. Auch wenn solche Fehler also »in den besten Familien« vorkommen, ist doch das Fazit aus dieser kurzen Betrachtung: Achtung beim Fremdwort, denn kennt man es nur ungefähr, läuft man leicht Gefahr, inkonsequent – nein, aber so ähnlich: inkompetent zu wirken.
Nicola Frank