Genus von »Front National« und Genuszuweisung bei Fremdwörtern
[F] Im Zuge der Berichterstattung zur Wahl in Frankreich wird immer wieder von der Partei »Front National« im Femininum gesprochen: die »Front National«, aber es sollte, dem französischen männlichen Genus le entsprechend, der heißen. Was ist nun richtig? Und wie geht man im Deutschen generell mit der Genuszuordnung um, wenn das Ausland eine andere Sprachlogik verfolgt? Aus la France machen wir ja nicht die Frankreich, genauso wenig wie la voiture bei uns die Auto heißt?
[A] Bei dem genannten Beispiel die »Front National« überlagern sich zwei Dinge. Im Französischen heißt es le »Front National«, also deutsch der »Front National«. Verwendet man den Namen im Deutschen, sollte das maskuline Genus aus zwei Gründen beibehalten werden: Erstens handelt es sich um einen Eigennamen, zweitens wird dieser nicht übersetzt und weiterhin französisch ausgesprochen. Nun ist es allerdings so, dass das Wort Front auch im Deutschen existiert und hier das feminine Genus trägt: die Front. So drängt sich der Artikel die ab und an vor und es ist dann von die »Front National« die Rede.
Bei der Entlehnung von Fremdwörtern ins Deutsche – gerade bei Entlehnungen aus dem Englischen, wo das Genus nicht erkennbar ist – ist es üblicherweise (wenn auch nicht immer) so, dass im Deutschen derjenige Artikel gewählt wird, den auch eine Übersetzung/Entsprechung im Deutschen trägt: das Event = das Ereignis, die E-Mail = die Nachricht, der Laptop = der Rechner. Hier allerdings ist das Genus oft noch nicht verfestigt, so existieren auch der Event, das E-Mail, das Laptop etc. In der Regel setzt sich jedoch im Laufe der Zeit ein Genus durch.
Wohlgemerkt geschieht eine Neuzuweisung des Genus nur bei Wörtern, die ohne Übersetzung ins Deutsche übernommen werden. Wörter, die es im Deutschen bereits gibt, beeinflussen deren Genera nicht: Für la France existiert im Deutschen das Wort Frankreich mit neutralem Genus, für la voiture das Wort Auto ebenfalls mit neutralem Genus. Ein fremdes Genus wird nicht losgelöst von seiner fremden Bezeichnung auf die deutsche Entsprechung übertragen.
Es lässt sich also schlussfolgern: Das Deutsche orientiert sich in aller Regel nicht an fremden Grammatiken, sondern lässt die eigene Grammatik die fremde überlagern – was wiederum das Beispiel die »Front National« zeigt. Jede Sprache hat ihre eigenen grammatischen Regeln, und diese sind deutlich festgefügter und schwerer veränderlich als der Wortschatz.