Ausgabe: Der Sprachdienst 1/2010

Umbenennung der Hartz IV-Gesetze

[F] Ein Rundfunksender leitete die Frage an uns weiter, ob die Hartz-IV-Gesetze aufgrund der Verurteilung des Namengebers zu einer Bewährungsstrafe nicht umbenannt werden sollten?

[A] Der Ausdruck Hartz IV, den die GfdS 2004 zum »Wort des Jahres« (vgl. Der Sprachdienst, H. 1/2005, S. 2 ff.) gewählt hat, ist folgendermaßen in die deutsche Sprache gelangt.

Eingeführt wurde Hartz IV als vierter Teil der Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 1. Januar 2005. Da der lange offizielle Name sich nicht in die Alltagssprache fügte, erhielten die Sozialreformen den Namen des Mannes, auf den sie inhaltlich zurückgehen: Dr. Peter Hartz.

Ab und an passiert es in der sprachlichen Entwicklung, dass ein Eigenname (nomen proprium) die sprachlichen Voraussetzungen (Kürze, Wortklang) dafür hat, in bestimmten Situationen in eine andere Zeichenklasse als Benennung einer Gattung (nomen appelativum) überzugehen. Man denke nur an Johannes Weck mit seinem Verfahren für das keimfreie Konservieren, das Einwecken mittels Weckglas, an physikalische Einheiten nach Familiennamen (Ampere, Hertz oder Volt) oder an Persönlichkeiten, deren Namen als Bezeichnungen auf der Speisekarte stehen: »Bitte ein Fürst Pückler«.

Ein entsprechender Übergangsprozess, der zu einer neuen Lexikalisierung führt, hat sich im Fall von Hartz IV zweifelsohne mit gewisser Festigkeit vollzogen. Folgende authentische Situation spricht dafür: Treffen sich zwei Freunde nach längerer Zeit wieder: Auf die Frage »Wie geht’s?« erwidert der andere: »Ab Januar Hartz IV.« Damit ist kurz und prägnant alles gesagt.

Ebenso kamen viele Zusammensetzungen auf: Hartz-(IV)-Arbeit, -Befürworter, -Debatte, -Empörung, -Entscheidung, -Fiasko, -Fieber, -Fragebogen, -Start u. v. a. oder Sprüche bzw. Redensarten wie Arbeit statt Hartz IV! oder Hartz IV ist Armut per Gesetz, die Verwendung erstreckt sich auch auf Verben (verhartzen) oder Adjektive (hartzig).

Das sind alles Belege dafür, wie tief Hartz IV in der Sprache verankert ist. Wenngleich sicher einige Gründe für eine Umbenennung sprechen, bleibt die Frage derzeit offen – die realen Chancen dafür sind aus den geschilderten Gründen gering, auch aufgrund der Anschlussfrage, welche Bezeichnungsalternativen zur Verfügung stehen.