Muttersprache 1/2015
Editorial der Herausgeber
Schlobinski, Peter
Das Berlinische in der Einschätzung der Bürger der Hauptstadt
In einer Untersuchung von Forsa im Auftrag der GfdS wurde eine repräsentative Befragung zum Berliner Dialekt durchgeführt. Es ging zum einen um Fragen im Hinblick auf die Einschätzung/ Bewertung des Berlinischen seitens der Bürger der Hauptstadt, zum anderen um lexikalische Einheiten. Die Auswahl der Fragen und Wörter erfolgte vor dem Hintergrund bestehender Untersuchungen, sodass ansatzweise Vergleiche gezogen und Entwicklungen überprüft werden können. Im Folgenden werden einzelne Ergebnisse der GfdS/Forsa-Studie dargestellt und in den Forschungskontext eingebettet. Dabei wird auf den Aspekt des Ost-West-Vergleiches fokussiert.
In a study by Forsa on behalf of GfdS a representative survey of the Berlin dialect was conducted. It was the one to issues relating to the evaluation of Berlin dialect from the citizens of the capital, on the other dialect words. In the following section the results from the study are presented and embedded in the research context. It is focused on the aspect of the comparison between East and West-Berlin.
Rowley, Anthony
»Der ganz der Hammer« – zu einer recht einer ungewöhnlichen Konstruktion der Alltagssprache
Doppelung des Artikels ist in unredigierten Texten vor allem mit Wörtern wie so und ganz belegt: »eine so eine geile Band«, »David Bowie wieder der ganz der alte und spielte brillante Gigs«. Die Konstruktion beruht einerseits auf dialektaler Grundlage, lässt sich aber auch mit Tendenzen der gesprochenen Alltagssprache in Verbindung setzen. Nach Erörterung einer Reihe von Beispielen wird die Durchschlagskraft der Konstruktion aus deren Ikonizität erklärt, da die angezielte inhaltliche Steigerung in den Gradadverbien, insbesondere Elativa, sehr effektiv mit einer formalen Doppelung untermauert wird.
A peculiarity of online, unedited texts in German is the doubling of the article especially with words like so and ganz ›quite, very‹: »eine so eine geile Band« (›such a cool band‹), »David Bowie war wieder der ganz der alte und spielte brillante Gigs« (›David Bowie was quite his old self and played brilliant gigs‹). This construction has dialectal antecedents, but may also result from tendencies inherent in modern colloquial standard German. After a discussion of examples, it is argued the construction is well suited to its function, which is emphasis of adverbs of degree, especially elatives, because the doubling on the formal side corresponds iconically to the increase of degree on the content side.
Sato, Megumi
»Wegen dem Clavier«. Die Beethovens und der Rektionswandel der Präpositionen wegen, statt und während im Zeitraum 1520–1870
Dieser Aufsatz behandelt die Variation bei der Kasusrektion bestimmter Präpositionen, insbesondere bei der Präposition wegen. Im Sinne eines soziopragmatischen Ansatzes soll dazu das historische Sprachbewusstsein in den Mittelpunkt gerückt werden. In Kapitel 2 wird die Variation bei der Kasusrektion zunächst anhand des Sprachgebrauchs Ludwig van Beethovens und seines Umfelds untersucht; die Quelle hierfür sind die quasi-gesprochenen Konversationshefte (1818–1827), mit deren Hilfe der unter zunehmendem Hörverlust leidende Komponist schließlich mit Familie, Freunden und Bekannten kommunizierte. Die Ergebnisse dieser Fallstudie deuten darauf hin, dass im frühen 19. Jahrhundert der Gebrauch des Dativs der informellen Nähesprache und der Gebrauch des Genitivs der formellen Distanzsprache zuzuordnen war. In Kapitel 3 werden dann die Sprachsystem- und Sprachgebrauchsgeschichte berücksichtigt. Dafür wurde ein Gebrauchstexte-Korpus (insgesamt 140 Drucktexte aus dem Zeitraum 1520–1870) zusammengestellt und mit statistischen Methoden ausgewertet. In Kapitel 4 werden abschließend die Ergebnisse aus den Kapiteln 2 und 3 mit metasprachlichen Äußerungen in historischen Grammatiken und Wörterbüchern abgeglichen. Die plötzliche Abnahme des Dativs zugunsten des Genitivs nach 1800 dürfte demnach insbesondere auf den normativen Einfluss Adelungs zurückzuführen sein. In Anlehnung an Labov (1994) kann dieser Fall als »Sprachwandel von oben« bezeichnet werden. Die Zunahme des Dativs im 18. Jahrhundert (vor dem Erscheinen der Adelung’schen Grammatik) scheint demgegenüber einen »Sprachwandel von unten« widerzuspiegeln. Der Gebrauch der Präposition wegen mit dem Dativ trat zunächst in der gesprochenen Sprache auf und im 18. Jahrhundert schließlich auch bei den im Gebrauchstexte-Korpus repräsentierten Autoren.
This paper discusses the variation of the case government of some German prepositions, in particular wegen. In terms of a sociopragmatic approach, the historic language awareness is placed at the center of the discussion. In Chapter 2, we investigate first the language usage of Ludwig van Beethoven and his environment; the source is the quasi-spoken conversation books (1818–1827) with which Beethoven – suffering increasing hearing loss – was able to communicate with family, friends and acquaintances. The results of this case study suggest that the use of the dative case was assigned in the early 19th century to the informal »language of immediacy« and the use of the genitive to the formal »language of distance«. In Chapter 3, we describe the history of the language system and language usage statistically through the analysis of the prose text corpus (140 printed texts) from the period 1520 to 1870. Finally, in Chapter 4, the results of Chapters 2 and 3 are compared with meta-linguistic valuations in historical grammars and dictionaries. The sudden decrease of the dative in favor of the genitive after 1800 is then probably due in particular to the normative influence of the grammarian Adelung. Following Labov (1994), this case can be referred to as »change from above«. The increase in the dative case in the course of the 18th century (before the appearance of the grammar of Adelung) seems in contrast to reflect »change from below«. The use of the dative had first appeared in the spoken language and finally entered in the 18th century the prose texts of representative authors.
Szurawitzki, Michael
Zwischen Sprach- und Kulturräumen – Herausforderungen in der interkulturellen Germanistik heute. Eine Einschätzung im Spannungsfeld (Nord-)Europa – USA – China
Im vorliegenden Beitrag werden die Situationen der Germanistiken in Finnland, den USA, Deutschland und China betrachtet. Es wird exemplarisch gezeigt, wie sich die Situation der germanistischen, speziell linguistischen Forschung und Lehre während der letzten gut zehn Jahre dort dargestellt hat und was sich daraus und aus aktuellen Entwicklungen für zukünftige Aufgaben an Herausforderungen ableiten lässt, sowohl zunächst für die jeweiligen einzelnen Länder wie schließlich zusammenfassend auch länder-, sprach- und kulturübergreifend. Die Länderauswahl ist an den Wirkungsorten des Verfassers orientiert. Der Beitrag ist eine überarbeitete Version seiner Antrittsvorlesung an der Tongji-Universität Shanghai.
The present paper focuses on the state of German Studies in Finland, the USA, Germany, and China. It combines exemplary remarks on the developments in the relevant countries in the last ten years or so, with a special focus on research and teaching in Germanic linguistics. The conclusions drawn for each country, as well as generally, consist of future tasks and challenges. The author worked in the countries in focus. This paper is a revised version of his inaugural lecture at Tongji University, Shanghai.
Li, Yuan/Zhang, Yuanfang
Forum: Wechselwirkungen zwischen dem Spracherwerb und der familiären Erziehung in der Migration – eine qualitative Untersuchung mit chinesischen Migranten der zweiten Generation in Deutschland
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