Muttersprache 2/2012
Willems, Klaas
»Google Books Ngram Viewer« und historische Computerlexikologie: Der Sprachgebrauch der NS-Zeit
»Ngram Viewer« (http://books.google.com/ngrams) ist ein neues sprachtechnologisches Tool, das im Internet frei zur Verfügung steht und auf einem digitalen Korpus von mehr als 5 Millionen optisch eingescannten Büchern in verschiedenen Sprachen basiert. Das Tool verspricht, ein wichtiges Instrument eines neuen Forschungsfeldes, »culturomics«, zu werden, das einen Zweig der Computerlexikologie darstellt und aufgrund von gedruckten Quellen die Geschichte menschlicher Kultur im weitesten Sinne zum Gegenstand hat. Der vorliegende Beitrag untersucht die Möglichkeiten und den Nutzen von »Ngram Viewer« für die historische Wortschatzanalyse des Deutschen. Das Korpus, aufgrund dessen statistische Daten über die deutsche Sprache erhoben werden können, beträgt zurzeit 37 Milliarden Wörter (zum Vergleich: das englische Korpus enthält 361 Milliarden Wörter). Anhand von mehr als 100 Ausdrücken, die vornehmlich Victor Klemperers Buch LTI. Notizbuch eines Philologen (1947; ³1957), daneben aber auch anderen Publikationen über den Sprachgebrauch der NS-Zeit (u. a. Cornelia Schmitz-Berning, Vokabular des Nationalsozialismus 2000) entnommen sind, werden spezifische Thesen über die Gebrauchsgeschichte einzelner Ausdrücke vor, während und nach der NS-Zeit (1918–1945) überprüft, wobei auch die Zuverlässigkeit von »Ngram Viewer« ein besonderes Augenmerk des Beitrags bildet.
»Ngram Viewer« (http://books.google.com/ngrams) is a new search tool which is freely available through the internet and created to browse over 5 million books in different languages digitized by Google (this is roughly a third of all the books that have been digitized so far and approximately 4% of all books ever published). »Ngram Viewer« promises to be a powerful tool in an emerging new discipline called »culturomics«. »Culturomics« is a form of computational lexicology focusing on the history of human culture as it manifests itself in published material. This article investigates the possibilities and problems of »Ngram Viewer« with regard to the analysis of the history of the German lexicon. The available German corpus currently contains 37 billion words (compared to 361 billion words in the English corpus). The study draws on a sample of more than 100 expressions (»n-grams«) which are commonly regarded as typical of the language of the Third Reich. The sample is taken from publications such as Victor Klemperer’s book LTI. Notizbuch eines Philologen (1947; ³1957) and Cornelia Schmitz-Berning’s Vokabular des Nationalsozialismus (2000). The usage frequency of the expressions is examined by means of »Ngram Viewer«, with a focus on the historical data before, during and after the Third Reich period (1918–1945), and with special attention to some of the scanning errors arising from difficulties when the optical character recognition program (OCR) is applied to older German texts.
Krischke, Wolfgang
Besser als wie man denkt. »Schlechtes Deutsch« als Werbebotschaft
Der Slogan Besser als wie man denkt der Textilhandelskette KiK stellt eine werbesprachliche Besonderheit dar: Üblicherweise handelt es sich bei werbestrategisch inszenierten Verstößen gegen grammatische Normen um artifiziell kreierte Fehler, deren bekanntestes Beispiel der Telegate-Slogan Da werden Sie geholfen ist. Demgegenüber ist die vergleichende als-wie-Konstruktion des KiK-Slogans die Imitation eines realen und seit Jahrhunderten als »schlechtes Deutsch« stigmatisierten Sprachgebrauchs. Der Beitrag untersucht mit einem Fokus auf diese beiden Slogans die unterschiedlichen Arten und Funktionen inszenierter Sprachnorm-Verstöße in der Werbesprache, ihre Beziehung zum Sprachspiel, ihren grammatischen, pragmatischen und normativen Kontext sowie die von ihnen hervorgerufenen metasprachlichen Reaktionen. Gegenstand der Analyse ist zudem das Sprach-Image Verona Pooths, die als Werbeträgerin beide Slogans präsentiert und als Repräsentantin einer medial inszenierten »Grammatikschwäche« einen prominenten Bezugspunkt des öffentlichen metasprachlichen Diskurses bildet.
Within advertising language the slogan Besser als wie man denkt employed by the clothing store chain KiK stands out as fairly unique. Usually intentionally ungrammatical sentence structures used for commercials are based on artificially created mistakes, the best known example being Telegate’s Da werden Sie geholfen. The KiK slogan’s comparative als-wie-pattern however is an imitation of real non-standard usage which has been stigmatized as »bad German« for centuries. By focussing on these two slogans as exemplary cases this paper examines the different forms and functions of intentional violations of standard grammar rules within advertising language and their relationship to puns, including their diachronic, pragmatic and normative contexts as well as metalinguistic reactions provoked by them. Part of the investigation is the public linguistic image of the slogans’ testimonial, media celebrity Verona Pooth, who acts within public and media discourse as a most prominently staged representative of »bad German«.
Tanış Polat, Nilgin
»Bearbeitung« oder »Übersetzung im engeren Sinne«? Das Märchen »Rotkäppchen« aus übersetzungswissenschaftlicher Sicht
Die Studie konzentriert sich auf die Frage, ob zielkulturelle Normen und Werte und die damit verbundenen pädagogischen Auffassungen einen Einfluss auf die Übersetzung eines Märchen haben. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Märchens, der Ausgestaltung der Charaktere sowie der Strategien, deren sich der Übersetzer im Falle einer pädagogischen bzw. normenbezogenen Divergenz bedient. Den Gegenstand der Untersuchung bildet das Märchen »Rotkäppchen« von den Brüdern Grimm, das repräsentativ für die Gattung Kinderliteratur steht. Anhand von 20 veröffentlichten Übersetzungen ins Türkische wird das Märchen »Rotkäppchen« nach Form, Inhalt und Stil analysiert.
The study concentrates on the question whether target cultural norms and values and the related pedagogical views have an influence on the translation of a fairy tale. In this sense, the focus is on the illustration of the fairy tale, the representation of the characters and the strategies the translator uses in case of a pedagogical or norm referred divergence. The subject of the study is the fairy tale »Little Red Riding Hood« by the Brothers Grimm, which is one of the representatives of the genre children’s literature. The study takes into consideration 20 published Turkish translations of the fairy tale »Little Red Riding Hood« and analyzes it in terms of form, content and style.
Balnat, Vincent
Ich hau’ dir gleich eine runter vs. je vais t’en mettre une: Verbphraseme mit den Indefinitpronomina eins/e/en bzw. un/e im Deutschen und Französische
Wendungen wie einen kippen, jemandem eine runterhauen und frz. s’en jeter un und en mettre une à quelqu’un sind dadurch gekennzeichnet, dass das Indefinitpronomen sich weder anaphorisch noch kataphorisch erschließen lässt, der Bezug auf den sprachlichen Kontext also nicht unmittelbar hilfreich zur Erhellung des Ausdrucks ist. Für den Nichtmuttersprachler kommt erschwerend hinzu, dass diese mehrheitlich umgangssprachlichen bzw. salopp-derben Phraseme in den Grammatiken und Standardwerken des Deutschen und Französischen kaum Beachtung finden. Diese Wendungen sollen hier kontrastiv anhand des Sprachenpaars Deutsch Französisch untersucht werden. Nach einem kurzen sprachgeschichtlichen Rückblick wird eine semantische und syntaktische Klassifikation der derzeit häufigsten Phraseme und Phrasemklassen auf der Grundlage ihrer Hauptmerkmale vorgelegt. Schließlich wird nach möglichen Ursachen für die unterschiedliche Aktivität dieses Phrasemtyps in den beiden Sprachen gefragt.
Idioms such as German einen kippen, jemandem eine runterhauen and French s’en jeter un, en mettre une à quelqu’un are characterized by the fact that the meaning of the indefinite pronoun may not be inferred either anaphorically or cataphorically. What is complicating the matter for non-native speakers is that grammars and standard works generally give only little consideration to these colloquial or vulgar expressions. In this article, the use of this type of idioms in German and French will be analysed in a contrastive approach. After briefly looking at earlier uses of these idioms in both languages, the presently most frequent idioms and classes of idioms will be classified on the basis of their main semantic and syntactic features. This type of idioms appears to be more frequent in German than in French. In conclusion, possible reasons for this will be discussed.
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