Muttersprache 3/2008

Zieliński, Lech
Ideologie und Lexikographie. Empirische Untersuchung der ideologischen Wende im Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache von Ruth Klappenbach und Wolfgang Steinitz, dargestellt am Beispiel des Gebrauchs der Adjektive reaktionär und imperialistisch in den Definitionen

Ende der 60er Jahre des 20. Jh. wurde in der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin eine Reform durchgeführt, in deren Folge die SED die Akademie unter ihre Kontrolle brachte. Die Redaktion des Wörterbuchs der deutschen Gegenwartssprache wurde zur Änderung der Wörterbuchkonzeption angehalten, obwohl drei Bände des insgesamt sechsbändigen Werkes bereits vorlagen. Die sog. neue Konzeption, die in der Vorbemerkung zum IV. Band präsentiert wurde, kam im Grunde der Ideologisierung des Wörterbuchs gleich. Der Aufsatz will die Ideologisierung des Wörterbuchs anhand der Verwendung von zwei Kampfwörtern (imperialistisch, reaktionär) in den Definitionen empirisch untersuchen. Die gewählten Adjektive stellen typische Beispiele für Kampfwörter dar, die von den Machthabern der DDR verwendet wurden, um auf den ideologischen Gegner zu verweisen bzw. ihn zu diffamieren. Das Hauptaugenmerk der Untersuchung wird auf ihre Verwendungshäufigkeit und -art in den vor und nach 1970 redigierten Bänden gelegt. Somit können die Differenzen sowohl qualitativ als auch quantitativ erfasst und das Ausmaß der Ideologisierung zumindest in dieser Teiluntersuchung vollständig ermittelt werden. Im Aufsatz wird darauf verwiesen, dass für die vollständige Ermittlung der Ideologisierung des erforschten Wörterbuchs weitere analoge Untersuchungen notwendig sind.

In the late 1960s the German Academy of Sciences in Berlin was ideologically reformed. After this reform, the SED took overall control over every research project being conducted or planned at the Academy. Despite the fact that three out of six volumes had been published before, the editors of Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (A Dictionary of Contemporary German) were obliged to apply the so-called new conception to the last three volumes that relied on Marxism-Leninism. The new conception can be considered therefore as ideologisation of the Dictionary. The paper focuses on this process and analyzes the usage of two adjectives imperialistisch, reaktionär (imperialistic, reactionary) in the definitions which belonged to the propaganda vocabulary used to describe or defame ideological enemies. It compares qualitatively and quantitatively their usage (frequency of occurrence and the way they were used in definitions) in the volumes published before (I−III) and after (IV−VI) ideological changes mentioned above and provides new knowledge on the ideologisation process as well as on its scale.

Sdroulia, Amalia
Der Big-Brother-Container als Identitätskonstruktionsraum. Unterschiedliche Funktionen und Aspekte des Fernsehcontainers

Ganz ähnlich wie bei Robinson Crusoe, der auf einer Insel auf sich selbst zurückgeworfen ist, wird die Identität der Kandidaten in der Sendung Big Brother durch den Einzug ins Haus erschüttert und als neue Eigentlichkeit rekonstruiert. Das authentische Ich muss nicht als dauerhafte Selbstthematisierung und Selbstdarstellung gezeigt werden, sondern kann sich in den unwillkürlichen Darstellungen offenbaren. Die Bewohner müssen unvorbereitet auf neue Situationen und Aufgabenstellungen reagieren und sich spontan zurechtfinden und bewähren. In einer reflektierten Diskussion moralischer Fragen wird in dem vorliegenden Beitrag behauptet, dass die Sendung Big Brother und das ihr zu Grunde liegende Spiel ein Ausdruck der gesellschaftlichen Entwicklung und des sozialen Wandels bei der so genannten Mediengeneration ist. Dieser Wandel hat Auswirkungen auf das Selbstverständnis und die Identität von Individuen bzw. Männern und Frauen. Die Individuen handeln nicht mehr im Rahmen festgelegter Identitäten, sondern haben die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Identitätsaspekten zu wählen. Bei dieser Diskussion wird die bedeutende Rolle des Fernsehformats als Kristallisationspunkt kultureller Differenzierungen thematisiert, weil Einstellungen einer Kultur oder Gesellschaft (re)produziert, modifiziert und gesellschaftliche Auseinandersetzungen mit der Individualisierung und Globalisierung und den daraus folgenden Veränderungen lokalen soziokulturellen Wissens analysiert werden können.

Just as in Robinson Crusoe‘s case (who lives on an island all by himself), candidates‘ identities are often shaken to the ground and reconstructed as new ones in the Big Brother-container. The authentical »I« does not have to be shown as a permanent self-portrayal but can disclose itself in involuntary actings. The occupants have to react to and cope with unknown situations and tasksspon taneously, they have to get along somehow and prove their abilities. By giving a reflected discussion of moral questions, this article wants to show that Big Brother as well as the game it is based on are an expression of society‘s development and of the so-called media generation‘s social change. This change becomes apparent in self-understanding and identity of individuals. Men as well as women do not longer act within the framework of fixed identities but are able to choose between various identity aspects. In this article the important role of a TV-format as a match point of cultural differentiations will be discussed because the attitudes of a culture or society can be (re)produced and modified. Furthermore, society‘s issues as individualization and globalization and their implications and consequences on sociocultural knowledge shall be analysed.

Kostrzewa, Frank/Cheon-Kostrzewa, Bok Ja
Funktionsverbgefüge im Deutschen und im Koreanischen

Im vorliegenden Artikel werden die morphologischen und syntaktischen Eigenschaften von Funktionsverbgefügen in einer kontrastiven Beschreibung und Analyse (Deutsch − Koreanisch) untersucht. Dabei erfahren die Eigenschaften von Funktionsverbgefügen im Koreanischen als einer agglutinierenden Sprache besondere Berücksichtigung. Schließlich wird der Frage nach der semantischen Leistung von Funktionsverbgefügen nachgegangen.

In the following article on light-verb constructions, i. e. constructions which contain a verb as well as a nominalisation, the main emphasis is put on a contrastive description and analysis of the main morphological and syntactic characteristics of these constructions. Especially considered are the characteristics of light-verb constructions in Korean as an agglutinating language. The article ends with a description of the semantic relevance of light-verb constructions.

Ochirku, Alta
Höflichkeit im Deutschen und Mongolischen. Vergleich unterschiedlicher Kulturen

In der Kommunikation von Individuen, die aus verschiedenen Kulturen stammen, kommt es häufig zu Missverständnissen. Ziel dieser Arbeit ist es, höfliches bzw. unhöfliches Verhalten in Deutschland und der Mongolei herauszuarbeiten. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die sprachrelevanten Haltungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Sprecher der beiden Kulturen. Da es noch keine Vergleiche der deutschen und mongolischen sprachbezogenen Höflichkeit gibt, kann die Untersuchung als eine »Pionierarbeit« verstanden werden.

In cross-cultural communication between individuals there are often misunderstandings. The aim of this article is to shed a light on polite respectively impolite behaviour in Germany and Mongolia. The main focus is on the positions, attitudes and behavioural patterns of speakers from both cultures as far as they are related to speech. Since there are no previous comparative studies of German and Mongolian politeness in language, the article can be seen as a pioneering work.

Scheller-Boltz, Dennis
»Bio, Burger oder Genfood – Streit ums Essen«. bio(-) jetzt als selbstständiges Wort?

Durch das steigende Umweltbewusstsein, das wachsende Interesse an Produkten aus natürlichen und nachhaltigen Rohstoffen sowie den anhaltenden Trend zu einer gesunden Lebensweise avancierte bio- in kürzester Zeit zu einem der produktivsten Konfixe der deutschenGegenwartssprache. Neuerdings tritt uns bio- jedoch immer häufiger als freie Einheit entgegen, weshalb es nahe liegt, hier bereits von einem Wort zu sprechen. Im vorliegenden Beitrag wird daher untersucht, ob bio- den Bereich der Gebundenheit verlassen und eine Entwicklung zum Wort durchlaufen hat. Um den morphologischen Status von bio- zu klären, werden anhand verschiedenartiger Beispiele primär seine morphologischen und semantischen Spezifika aufgezeigt und den Wort-Eigenschaften gegenübergestellt. Zudem beleuchte ich lexikografische Aspekte, die bei der zukünftigen Erfassung von bio- in einsprachigen Nachschlagewerken Berücksichtigung finden sollten. Abschließend wird ein modellhafter Wörterbucheintrag angeführt.

Growing environmental consciousness, an increasing demand for products made from natural and renewable ressources and a continuing trend in favor of a healthy lifestyle have led to the rapid ascent of bio- as one of the most productive confixes in contemporary German. Newly, we see an increasing incidence of bio- appearing as an independent unit, which suggests that it may be more appropriate to speak of a word now instead of a confix. In this article, I will examine whether the evolution of bio- has reached a level where it is justified to characterize bio- as a word. In order to clarify the morphological status of bio-, I will extrapolate its distinctive features in terms of morphology and semantics and see whether they meet the criteria commonly accepted for defining a word. Moreover, I will examine the lexicographic aspects which should be considered when bio- is included in monolingual dictionaries. I will also propose a prototypical dictionary entry for bio-.

Klocke, Gabriele
Sprachliche Integration von inhaftierten russlanddeutschen Aussiedlern

Der vorliegende Aufsatz stellt einen Nachtrag zu den umfassenden Studienergebnissen des am Institut für Deutsche Sprache angesiedelten Projekts »Sprachliche Integration von Aussiedlern« dar. Aus Anlass einer qualitativen Spracheinstellungsstudie mit binnendeutschen Inhaftierten und Beamten zum Thema »Sprachenvielfalt im deutschen Strafvollzug« ergaben sich wider Erwarten auch interessante Berichte zu den Sprachwahlen russlanddeutscher Gefangener. Diese Daten werden unter Bezugnahme auf linguistische, strafvollzugswissenschaftliche und kriminologische Aspekte diskutiert.

This article is supposed to add some empirical data to the topic »Linguistic Integration of Russian-Germans« which has already been researched into by the Institut für Deutsche Sprache. On the occasion of a qualitative study on language attitudes and linguistic diversity in the German penal system some unexpected aspects on Russian-Germans’ language choices came to light. These data will be discussed from a linguistic, penological, and criminological point of view.

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