Ausgabe: 3/2018

Muttersprache 3/2018

Claudio Di Meola und Franca Ortu
Zwar als eigenständiger Konnektor: eine Analyse pressesprachlicher Beispiele

Verbreitet ist im Deutschen ein zweiteiliger Konnektor, bei dem die Partikel zwar zusammen mit einem adversativen oder konzessiven Korrelat auftritt (er ist zwar untreu, aber/dennoch/… ist er ein guter Vater). In der einschlägigen Literatur wird zwar hier eine doppelte Funktion zugeordnet: Als Downgrader schwächt es eine Argumentationsposition ab; als Antizipator verweist es kataphorisch auf eine folgende konträre Argumentationsposition. Zwar kann allerdings auch als alleiniger Konnektor auftreten (er ist zwar untreu, er ist ein guter Vater). Diese Verwendung wird meist als ungrammatisch angesehen oder als Performanzdefizit abgetan und hat wenig Beachtung gefunden.

Wir werden an einem Pressetextkorpus zeigen, dass das alleinige zwar nicht nur konstant belegt ist, sondern unterschiedliche argumentative Funktionen erfüllt. In einigen Fällen verweist der Downgrader zwar tatsächlich kataphorisch auf eine konträre Argumentationsposition und kann somit als Ellipse von zwar … aber interpretiert werden. In der Mehrheit der Belege allerdings hat zwar eine anaphorische Funktion oder eine anaphorisch-kataphorische Funktion.

Dieser Aufsatz verfolgt zudem das Ziel, das alleinige zwar im Bezug auf verschiedene Konnektorgruppen einzuordnen. Zum einen wird das alleinige zwar in seiner Verbindung zu den komplexen, zwar enthaltenden Konnektoren gesehen. Es wird gezeigt, dass es wesentliche Eigenschaften mit ihnen teilt. Zum anderen wird das alleinige zwar adversativ-konzessiven Konnektoren gegenübergestellt, wobei es sich als Grenzgänger zwischen Koordination und Subordination erweist.

In German, a two-part connective is widely used consisting of the particle zwar and an adversative or concessive correlate (er ist zwar untreu, aber/dennoch/… ist er ein guter Vater). In literature zwar is seen as performing two functions: as downgrader it weakens an argument; as anticipator it refers cataphorically to a counterargument. However, zwar can also appear without correlate (er ist zwar untreu, er ist ein guter Vater). This construction is mostly seen as ungrammatical or interpreted as a deficit in performance, and has correspondingly received little attention.

We will show that in the language of the press the solitary zwar occurs regularly and fulfills different argumentative functions. In some cases the downgrader zwar refers cataphorically to a counterargument, and the construction can be interpreted as a simple ellipsis of zwar … aber. Mostly however zwar has a pure anaphoric function or an anaphoric-cataphoric function.

We will also try to classify the solitary zwar in relation to different groups of connectives. On the one hand, the solitary zwar is seen in relation to the complex connectives containing zwar; it is shown that all constructions share significant characteristics. On the other hand, the solitary zwar is opposed to adversative-concessive connectives, showing to be on the borderline between coordination and subordination.

Alexander Horn
Sprachliche und visuelle Stereotype im Comic. ReProduktion, Reflexion und (sprach-)didaktische Konsequenzen

Bisher zählt der Comic nicht zu den kanonischen Inhalten des Deutschunterrichts. Dabei bietet der Comic etwa die Möglichkeit, sich im Deutschunterricht mit Stereotypen und ihrer Vermittlung auseinanderzusetzen, da sie eines der wesentlichen Merkmale dieser Gattung sind. Im Folgenden soll das Potential der Verknüpfung von Comic und Stereotypen für den Deutschunterricht dargestellt werden. Zunächst wird der Frage nachgegangen, wie Stereotype sprachlich und/oder visuell im Comic realisiert werden, um zu klären, welche Funktion sie neben dem Aspekt der Komplexitätsreduzierung erfüllen. Im Anschluss wird aus didaktischer Sicht erörtert, wie Schülerinnen und Schüler für den Umgang mit Stereotypen sensibilisiert, tradierte Vorstellungen bewusstgemacht und kritisch reflektiert werden können.

So far, comics do not qualify as part of the canonical contents of teaching German. Comics offer the possibility of dealing with stereotypes and their mediation in German lessons for they are one of the essential characteristics of this genre. This article presents the potential of combining comics and stereotypes for teaching German. First, the manner of verbal and/or visual realizations of stereotypes will be discussed in order to clarify which function they fulfill beyond the aspect of a reduction in complexity. Then, from a didactic point of view, it will be examined, how students can be sensitized to exposure to stereotypes, how awareness to traditional ideas can be raised and how these can be reflected critically.

Věra Höppnerová
Interferenzfehler beim Erwerb von Wirtschaftsdeutsch

Den Gegenstand der Untersuchung bilden Interferenzfehler in schriftlichen Äußerungen von Wirtschaftsstudenten. Ihre Ursache ist überwiegend die unterschiedliche Strukturierung der außersprachlichen Wirklichkeit, die eine Asymmetrie sprachlicher Zeichen zur Folge hat. Sie treten vor allem bei polysemen Wörtern, Wörtern mit unterschiedlicher semantischer Kombinierbarkeit, in festen Wortverbindungen sowie präpositionalen Wendungen auf. Bei den Fremdwörtern ergeben sich die Interferenzfehler aus ihrem asymmetrischen Vorkommen in der Mutter- und Zielsprache, aber auch aus ihrer unterschiedlichen Bedeutungsstruktur in beiden Sprachen. Das Korpus soll Voraussetzungen für die Arbeit mit dem Wortschatz im Unterricht in Wirtschaftsdeutsch schaffen mit dem Ziel, die interlinguale Interferenz zu reduzieren.

This study is focused on interference-related errors in economics students’ written papers. These errors are caused mostly by the differently structured non-linguistic reality, which results in asymmetries of language signs. Mistakes occur particularly in polysemous words, words with different semantic ability to combine, fixed phrases, and prepositional phrases. Concerning foreign words, interference-related errors arise from their asymmetric occurrence in the mother and the target languages, and also from their different meanings in both languages. Although learning German may be facilitated by the knowledge of English, Czech students often make mistakes in German under the influence of English. Homographs in particular tempt students to identify German words written in the same or a similar way, but are semantically different, with English words and their meanings. The reason for these errors may be confusing similar-sounding words in the two languages, or possibly their semantic similarities.

Qiang Zhu
»Er hat einen Lehrstuhl« vs. »Er ist Doktorandenbetreuer«. Eine kontrastive Untersuchung des Vorstellens von Referenten auf Wissenschaftskonferenzen in China und Deutschland

Im vorliegenden Beitrag werden die sprachlichen und kulturellen Merkmale des Vorstellens der Referenten in den Anmoderationen der wissenschaftlichen Konferenzvorträge im Chinesischen und Deutschen untersucht. Anhand der auf Wissenschaftskonferenzen in China und Deutschland erhobenen authentischen Gesprächsdaten wird das Vorstellen der Referenten in beiden Sprachen in Bezug auf die Selbstreferenz der Moderatoren, Anrede der Zuhörer, Namenmitteilung und soziale Positionierung der Referenten aus einer sprach- und kulturvergleichenden Perspektive analysiert. Die Untersuchung ist empirisch ausgerichtet und liegt methodologisch an der Schnittstelle von Gattungsanalyse und Kulturlinguistik.

This paper explores linguistic and cultural features of the introductions of speakers on academic conferences in China und Germany. Based on authentic data collected on academic conferences in China and Germany this study examines and contrasts linguistic acts in the introductions of speakers such as self-reference of the moderators, address of the listeners, informing of the speakers’ names and social positioning of the speakers in both languages. The study is empirically oriented and methodologically rooted in the Genre Studies and Anthropological Linguistics.

Dennis Nikolas Pauly
Quo vadis, Rechtschreibrat? Entscheidungen im Bereich der Fremdwortschreibung als Indikator für revisionistische Tendenzen?!

Im nachfolgenden Essay habe ich das Ziel gesetzt, die Entscheidung des Rats für deutsche Rechtschreibung, gewisse Fremdwortvariantenschreibungen aus dem Wörterverzeichnis zu streichen, vorwiegend anhand des Beispiels fachlich zu beleuchten und sich anhand dessen kritisch mit der Arbeit des Rechtschreibrats auseinanderzusetzen. Die dahinterstehende Didaktik wird selten explizit erwähnt, spielt in den Gedankengängen jedoch stets implizit eine Rolle.

In the following essay I will, mainly based on the example (German for mayonnaise), professionally evaluate the decision of the Council for German Orthography (German: Rat für deutsche Rechtschreibung) to delete certain spelling varieties of foreign words from the dictionary. Based on that, I afterwards deal in a critical way with the work of the Council for German Orthography. The underlying didactics is rarely mentioned explicitly, but always plays an implicit role in the train of thought.

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