Muttersprache 4/2006

Michel, Sascha
Vom Terminator zum TORminator. Die Wortbildungseinheit -minator: Strukturelle und sozio-pragmatische Analysen

Bedingt durch die Kinoerfolge der in den letzten zwanzig Jahren vorgeführten Science-Fiction-Spielfilme Terminator I bis III hat sich mit –minator eine Wortbildungseinheit etabliert, die in bestimmten Kontexten zur Bildung von Personenbezeichnungen herangezogen wird. In diesem Beitrag soll gezeigt werden, dass –minator in mindestens zweierlei Hinsicht ein Übergangsphänomen darstellt und der Bildung somit ein peripherer Status zukommt. Dies gilt einerseits im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen okkasioneller und usueller Bildung und andererseits bezüglich des morphologischen Status als Wort oder Konfix. Abschließend gilt es, das morphosoziopragmatische Potenzial dieser Einheit zu bestimmen und zu zeigen, inwiefern die morphologische Struktur mit soziopragmatischen Gegebenheiten (Sprechsituation und Sprechereignis) in Korrelation zu bringen ist.

Due to the great success of the science-fiction-blockbusters Terminator I to III in the last twenty years, the word formation unit –minator has evolved which is used for the creation of person designations in certain contexts. In this article, it is to be shown that –minator holds the function of a transitional phenomenon in at least two respects and is thus assigned a peripheral status: On the one hand with respect to the distinction between occasional and usual formations and on the other hand with regard to the morphological status as a word or a combining form. Finally, the morphosociopragmatic potential of this unit will be determined by showing to what extent the morphological structure can be correlated with sociopragmatic circumstances (speech situation and speech event).

Mellado Blanco, Carmen
Niederdeutsch und Galicisch im soziolinguistischen Vergleich. Das Verhältnis zu den Kontaktsprachen aus diachroner und synchroner Sicht

Die europäische Politik zur Integration und zum Schutz von Minderheitensprachen, wie sie im letzten Jahrzehnt verfolgt und in diversen Abkommen und Dokumenten niedergelegt worden ist – z. B. in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen –, hat neue Perspektiven der Komparatistik für das Studium der Ausbausprachen im europäischen Raum eröffnet. Die vorliegende Arbeit untersucht in einer vergleichenden Analyse die soziolinguistische Situation des Niederdeutschen und des Galicischen und legt die Gemeinsamkeiten dar, die beide Sprachen in ihrer geschichtlichen Vergangenheit sowie in der Gegenwart aufweisen. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, Übereinstimmungen hinsichtlich Entwicklung und Niedergang der kleineren Sprachen bzw. deren Wiederbelebung durch sprachpolitische Maßnahmen aufzuzeigen. Diese Übereinstimmungen sind sowohl aus soziolinguistischer als auch rein linguistischer Perspektive zu beobachten, was sich z. B. in der ähnlichen Typologie von Interferenzfällen mit ihren jeweiligen Dachsprachen als Kontaktsprachen widerspiegelt.

European policy for the integration and protection of minor languages carried out for the last ten years and settled in different treaties and documents, such as the »European Charter for Regional or Minority Languages«, has given rise to new comparative perspectives on the study of the European ausbau languages. From an innovative point of view, we deal in this paper with the sociolinguistic situation of Low German and Galician and set out the characteristics both have in common regarding their historical development and their current situation. The aim of this investigation is to show the parallelisms on the evolution and decline of minor languages as well as their possible encouragement by means of institutional measures on linguistic policy. Such parallelisms are analyzed from both a sociolinguistic and a purely linguistic perspective, which is reflected on a similar typology of interference cases with their corresponding »roof languages« as contact languages.

Szumlakowski Morodo, Irene
Ich will weg, wohin musst du? Modalverben mit Richtungsbestimmung und ohne Infinitiv. Eine Überlegung für den DaF-Unterricht

Sätze wie Ich will nach Hause oder Wohin musst du? werden meistens als defektive Strukturen eines Modalverbs erklärt. Ziel dieser Studie ist, eine Interpretation dieser Sätze als valenzbedingte Varianten der Modalverben mit einer Direktivergänzung und ohne Infinitiv zu begründen. Für die kurze durchgeführte Korpusanalyse sind besonders DaF-Materialien berücksichtigt worden, denn diese Interpretation ist für das Fremdsprachenlernen und -lehren besonders geeignet.

In examples like Ich will nach Hause or Wohin musst du? a modal verb without infinitive but with a directional complement is to be found. They are mostly explained as defective uses of modal verbs. This study attempts to give a new explanation to this structure as an alternative structure of the modal verbs. In this small corpus analysis especially materials from German as a foreign language were taken into account, because this explanation is adequate to the language teaching and learning.

Ulrich, Winfried
Die Polysemie von ziehen und schieben – zwei konverse Wortsterne

Was hält die verschiedenen Bedeutungen eines Wortes zusammen (Läufer = Sportler, Schachfigur, Teppich)? Was unterscheidet sie von den Bedeutungen mehrerer gestaltgleicher (homonymer) Wörter (Tau = Seil; Tau = Niederschlag)? Und wie werden mehrdeutige Wörter mit ihren verschiedenen »Lesarten« im Gedächtnis gespeichert? Neuere Ansätze der kognitiven Semantik erlauben es, die Polysemie im Rahmen einer Beschreibung der semantischen Strukturen des mentalen Lexikons genauer zu erforschen. Das wird an ausgewählten Beispielen, vor allem an den beiden Verben ziehen und schieben vorgeführt. Dabei wird ein neues Beschreibungsmodell entwickelt und eingeführt: der Wortstern.

Which phenomenon is holding together the different meanings of one word (Läufer = Sportler, Schachfigur, Teppich)? What is distinguishing them from the meanings of two or more homonyms (Tau = Seil; Tau = Niederschlag1)? And how are polysemous words with their different »readings« stored in memory? New approaches in cognitive semantics make it possible to study more precisely polysemy within the scope of a description of the semantic structures of the mental lexicon. This is demonstrated with selected examples, especially with the two verbs ziehen and schieben. On that occasion a new model of description is developed and introduced: the Wortstern

Braun, Peter
Matthäi am Letzten: Feste Wendungen aus dem Matthäusevangelium

Die Arbeit behandelt die Frage, wie Bibelzitate als Sprichwörter, Redensarten, feste Wortgruppen, in Anspielungen vorkommen und benutzt werden. Die Bibel sagt (Mt 10,38): »Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig.« In der Redensart heißt es sein Kreuz auf sich nehmen, sein Kreuz tragen, to bear his cross (engl.), porter sa croix (franz.), zijn eigen kruis dragen (niederl.). Das Evangelium nach Matthäus enthält etwa 90 Zitate, aus denen feste Wendungen entstanden sind. Es lohnt sich, verschiedene Bibelausgaben und Bibelübersetzungen miteinander zu vergleichen, hier lateinische, deutsche, englische, niederländische, französische und italienische. Die Autorität der Kirchen hat dazu geführt, dass die Zitate und festen Wendungen in den meisten Sprachen gleich oder ähnlich formuliert sind. Im Hinblick auf die Rezeption und Anwendung solcher Beispiele interessiert die Frage, wie heutige Benutzer die aus der Bibel hergeleiteten Wendungen verstehen. Werden die Wendungen noch im Zusammenhang mit der Bibel gesehen und gebraucht? Eine offene Frage.

The essay deals with the question how quotations from the Bible are used in proverbs, sayings, collocations and allusions. According to the Bible (St. Matthew 10,38): »And he that taketh not his cross, and followeth after me, is not worthy of me.« The saying runs along the lines: sein Kreuz auf sich nehmen, sein Kreuz tragen, to bear his cross (Engl.), porter sa croix (French), zijn eigen kruis dragen (Dutch). The St. Matthew’s Gospel offers about 90 similar examples. The authority of the churches caused a high degree of linguistic equality of expressions from the Bible. Therefore it is worth to compare different editions of the Bible and different translations into Latin, German, English, Dutch, French and Italian. With regards to reception and use it is a difficult question how contemporary bible/ language users understand proverbs, sayings, collocations, allusions derived from the Bible. Do they in any way refer to the Bible or not? For now it remains an open question!

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